Szene aus „Speak low if you speak love . . .“ Foto: Willems

Wim Vandekeybus gastiert mit „Speak low if you speak love . . .“ im Schauspielhaus Stuttgart.

Stuttgart - Ein grandios-packender Abend über die Liebe an einem Tag des Hasses und des lähmenden Terrors: Angereist aus Brüssel, beleuchtete die Truppe Ultima Vez des belgischen Choreografen Wim Vandekeybus am Dienstag bei ihrem zweitägigen Stuttgart-Gastspiel mit „Speak low if you speak love . . .“ die Spielarten der Liebe.

Eingeladen vom Schauspiel, deklinierten die Akteure gleich das Vokabular des Tanzes durch – ob Steppdance, ballettöse Drehungen, Akrobatik oder Folklore. Der Impuls dazu folgte keinem Kalkül. Vielmehr treiben Spielfreude und pure Lust den anarchischen Reigen an. Das beginnt beim Zusammenspiel der Akteure, zu denen nicht nur acht wunderbar eigenwillige Tänzerinnen und Tänzer gehören, die mit ungebremstem Anlauf in luftige Höhen stürzen – und damit ins Ungewisse. Dazu zählen auch die südafrikanische Sängerin Tutu Puoane, deren kraftvoller Sopran mal glasklar den Raum füllt, mal verhalten aus der Ferne lockt, und die Musiker unter Leitung von Mauro Pawlowski mit Schlagzeug, Elektrogitarren und Keyboard.

Sie alle bevölkern die Bühne, agieren miteinander bis in den Zuschauerraum hinein oder bilden ein kollektives Korrektiv für Paare, die sich flink, geschmeidig und agil auf dem Grat zwischen Begehren und Besitznahme, Zärtlichkeit und Gewalt bewegen. Für Sekunden entstehen deutbare Bilder: ein Sack Münzen entfacht die Gier, Körper türmen sich zu rubenshaften Leib-Ornamenten, Odysseus schippert dem Gesang der Sirene hinterher, ein Drache mit Eisenkette kann nicht steigen – gekonnt spielt Vandekeybus mit verständlichen Chiffren, um sie im nächsten Moment aufzulösen oder umzudeuten. Die Liebe, so wird deutlich, ist ein Abenteuer, das einem ständig entgleitet.