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Country-Legende Willie Nelson hat am Samstag auf dem Killesberg 2200 Fans begeistert.

Stuttgart -Es regnet, aber sie wollen Willie Nelson hören: Rund 2200 Fans sind am Samstagabend auf die Killesberger Freilichtbühne gekommen. Nelsons Gitarre sieht man an, dass sie schon lange in Gebrauch ist. Das Deckblatt ist zerschabt, es hat ein Loch, wo keine Gitarre ein Loch haben sollte, es ist über und über bekritzelt mit Wörtern und Initialen. Nelsons Spiel auf dieser Gitarre ist reichlich robust, aber natürlich überzeugend: knappe, launisch hingeworfene Soli mit viel Vibrato, brummenden Basssaiten und klirrend angerissenen Melodien.

Der Mann selbst ist kein bisschen jünger als sein Instrument, ein Original, eine lebende Legende der Countrymusic, ein echter Outlaw. Willie Nelson spielte mit Johnny Cash und veröffentlichte einige der bestverkauften Country-Alben aller Zeiten. Nun ist er 77 Jahre alt, durch sein Gesicht ziehen sich tiefe Falten. Die weißen Bartstoppeln sprießen, aber Nelson wirkt kein bisschen müde. Er singt noch immer von den Mädchen, die kamen und gingen, und vom Leben als Musiker: "On the Road again". Wenn man das einem abnimmt, dann ihm.

Die Soli auf der Mundharmonika begeistern das Publikum

Eine Vorband hat abgesagt, deshalb beginnt das Konzert schon früh und endet noch bei Tageslicht. Im Publikum sieht man viele Cowboyhüte, mindestens zweimal am Abend reißt Nelson sein rotes Kopftuch, amerikanisch Bandana, herunter und wirft es hinaus in die Menge, wo es eifrig aufgelesen wird. Er spielt viele alte Hits, Country-Evergreens, der Jubel ist groß, als er, früh am Abend schon, Kris Kristoffersons "Help Me Make it Through the Night" anstimmt. Später dann, mit einer Stimme voller Furchen, "You Are Always on My Mind" und, ganz genauso zerkratzt und authentisch, "Georgia On My Mind". Bei "Mama, Don't Let Your Babies Grow Up to Be Cowboys", dem Song, den Nelson 1979 im Robert-Redford-Film "The Electric Horseman" sang, in dem er auch eine Nebenrolle spielte, überlässt er seinen Fans den Refrain.

Begleitet wird er auf seiner "Family Tour" von fünf hervorragenden Musikern, vor allem die Soli auf der Mundharmonika begeistern das Publikum. Dazu ein perlendes Piano, das oft im Kontrast zu Nelsons ruppiger Gitarre steht, ein mit stoischer Ruhe voranschreitender Bass, Percussion und ein Schlagzeuger, der, finster, mit eingefallenen Wangen, unter seinem tief in die Stirn gezogenen schwarzen Cowboyhut hervorschaut und unverdrossen mit den Besen die Trommel rührt. Leider herrscht auf dem Killesberg an diesem Tag kein Klima für ein solches Konzert. Der Mann mit der Mundharmonika verschwindet und kehrt mit einer Jacke zurück. Nelson selbst lässt sich nicht beeindrucken. Er steht da, im T-Shirt, reckt einen faltigen Arm, grinst breit und singt, trocken, sarkastisch: "If You've Got the Money I've Got the Time".