Regierungspräsidium: Mineralbäder kulturhistorisch von Bedeutung, Wilhelma nicht.
Stuttgart - Stuttgart und sein Stadtteil Bad Cannstatt sind in ganz Europa für ihr Sauerwasser bekannt. Denn nur in Budapest sprudeln die Mineralquellen ergiebiger. Ihre Blütezeit erlebte die Cannstatter Bäderkultur Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Heilquellen Herrscher aus allen Ecken des Kontinents anlockten. Die kulturhistorische Bedeutung der Mineralbäder ist unbestritten, folglich erhalten Autofahrer auf der A 8 bei Plieningen demnächst per braunes touristisches Hinweisschild einen Fingerzeig darauf.
Die Stuttgarter Wilhelma ist ein historischer Park, den der württembergische König Wilhelm I. Mitte des 19. Jahrhunderts im maurischen Stil anlegen ließ. Heute präsentiert die Wilhelma vor denkmalgeschützter Kulisse heimische und exotische Pflanzen und Tiere – weltweit einzigartig und daher kulturhistorisch bedeutsam.
„Für eine Großstadt gehört ein Zoo zum Standard“
Oder doch nicht? Einen touristischen Fingerzeig an den Autobahnen um Stuttgart auf den zoologisch-botanischen Garten wird es vorerst nicht geben. Motiv und Text eines solchen Schilds müssten auf herausragende oder einzigartige kulturhistorische Besonderheiten verweisen, hatte das zuständige Regierungspräsidium (RP) kürzlich dazu erklärt. Aber: „Für eine Großstadt gehört ein Zoo zum Standard.“
Die Wilhelma ein Zoo wie jeder andere? Diese Sichtweise kann Wilhelma-Direktor Dieter Jauch nicht verstehen: „Was mich enttäuscht, ist, dass offenbar nicht einmal die Mitarbeiter einer Mittelbehörde in Stuttgart, die für uns in mancher Hinsicht zuständig ist, wissen, was für ein Kleinod sie da vor sich haben.“ Die Begriffe Stuttgart und Wilhelma bildeten über die Landesgrenze hinaus „eine feste Einheit“.
Keine Geringschätzung
Drei Versuche einen entsprechenden Autobahnhinweis zu erhalten, sind bisher fehlgeschlagen. Regierungspräsident Johannes Schmalzl hatte zuletzt offenbar persönlich den Daumen gesenkt. Man wolle „den außerordentlich schönen Zoo“ nicht geringschätzen, sagt RP-Sprecher Peter Zaar. Doch nach der Logik der Behörde erfüllt die Wilhelma, anders als die Mineralbäder, die fürs Schild notwendigen Kriterien nicht.
Das Prozedere folgt nach einem Antrag immer einem formalen Weg. Unter anderen prüfen RP-Juristen das Anliegen hinsichtlich der von Bund und Ländern abgestimmten Richtlinien. Auch Aspekte der Verkehrssicherheit müssten berücksichtigt werden, so Zaar, gerade auf den teils mit täglich 140.000 Autos befahrenen Abschnitten der A 8 und A 81. Danach gibt das RP einem Antrag statt oder lehnt in ab. Bei nicht eindeutig zu beurteilenden Anfragen hat das Landesverkehrsministerium das letzte Wort – „immer im Rahmen einer Einzelfallentscheidung“.
Laut RP wäre an den Autobahnen um Stuttgart freilich noch Platz. „Wir geben nicht auf“, sagt dazu Wilhelma-Chef Jauch.