Nicht mal ein Affe will auf einer Baustelle wohnen – aber man ahnt, wie schmuck das neue Gehege für Gorillas und Bonobos wird. Klicken Sie sich durch die Bildergalerie. Foto: Peter-Michael Petsch

Auch mit dem Bau des Menschenaffenhauses tut sich die Landesbauverwaltung schwer.

Stuttgart - Nun ist es amtlich: Die neue Anlage für Menschenaffen wird mit fast einjähriger Verspätung erst 2013 eröffnet – noch eine Episode der Pannenserie, die die Bauverwaltung des Landes zurzeit produziert. Siehe Sanierung des Schauspielhauses, siehe Kostensteigerung beim Projekt John-Cranko-Schule.

Was ist schon ein Monat im Leben eines Wilhelma-Elefanten. Pama und Zella, die betagten Elefantinnen des Stuttgarter Zoos, sind über 40 Jahre alt. Nach einer Bauzeit von einem halben Jahr dürfen sie mit rund einmonatiger Verspätung nach draußen in ihr umgebautes Außengehege.

Ein Monat Nachspielzeit bei einem Bauvorhaben des Landes. Was für eine Lappalie, angesichts der sonst üblichen Verzögerungen, könnte Wilhelma-Chef Dieter Jauch argwöhnen. Immerhin wird jetzt von höchster Stelle bestätigt, dass sich die Hoffnung auf eine Eröffnung der neuen Menschaffenanlage im Spätherbst zerschlagen hat. „Die Fertigstellung des Gebäudes ist im September 2012 vorgesehen. Die Wilhelma strebt einen Eröffnungstermin im ersten Quartal 2013 an“, heißt es aus dem baden-württembergische Finanzministerium, in dessen Zuständigkeitsbereich der Landesbetrieb Wilhelma fällt. Im zoologisch-botanischen Garten denkt man offenbar an Ende Februar.

Der anfangs festgelegte Kostendeckel von 13 hob sich auf 20 Millionen Euro

Freilich nur inoffiziell. Zoodirektor Jauch selbst hat sich schon vor geraumer Zeit ein Schweigegelübde verordnet, wenn es um die Menschenaffenanlage geht. Noch in der Planungsphase – der Wettbewerb fand 2006 statt – hatte er stets auch öffentlich auf die schlechte Bausubstanz der alten Gorilla-Unterkünfte hingewiesen und die Landesbauverwaltung zu einem strammeren Tempo angehalten. Gestritten wurde – auch nach Baubeginn im April 2010 – unter anderem darüber, welche Einbauten zur Menschenaffenhaltung verzichtbar sind. Das vom Büro Hascher Jehle Architekten beklagte Billigrechnen des Projekts ging schief, der anfangs festgelegte Kostendeckel von 13 Millionen Euro hob sich auf 20 Millionen Euro.

Immer wieder war durchgesickert, dass Zoologen, Planer und Bauverwaltung das Projekt höchst unterschiedlich umsetzen wollten. Vor allem die Landesbauverwaltung schien und scheint mit dem komplizierten Projekt an seine Grenzen zu stoßen. Folge: Die Wilhelma gab keine Auskunft mehr, es informierte nur noch die Landesbauverwaltung. Tenor: Zeitplan und Kostenrahmen werden eingehalten. Als Widersprüche kritisch hinterfragt wurden, übernahm das Finanzministerium die Informationshoheit.

Gegen Verzögerung und höhere Kosten war leider nichts zu machen.

Fehler bei Planung und Bau hat das Ministerium bisher allerdings keine erkennen können: „Im Zuge der Baumaßnahme sind unvorhergesehene und unabweisbare Mehrkosten entstanden. Mit dem Neubau der Menschenaffenanlage wird die anspruchsvolle Aufgabe umgesetzt, ein artgerechtes Haus sensibel in die Landschaft der Wilhelma zu integrieren. Hierfür waren baulich und technisch aufwendige Sonderlösungen notwendig. Des Weiteren waren der schwierige Baugrund und konjunkturbedingt hohe Ausschreibungsergebnisse für die Kostenmehrungen verantwortlich.“ Kurz: gegen Verzögerung und höhere Kosten war leider nichts zu machen.

An anderer Stelle ließ sich die Kritik an der Baubehörde des Landes freilich nicht mehr wegdiskutieren. Blicken sie zur Wilhelma, dürfte sich bei den Verantwortlichen der Staatstheater Stuttgart, wie der Stuttgarter Zoo ein Landesbetrieb, eine Art Déjà-vu einstellen. Die 24 Millionen Euro teure Sanierung des Schauspielhauses verzögerte sich um ein halbes Jahr. Statt wie geplant im Herbst 2011 erfolgte die Wiedereröffnung erst jetzt im Februar. Nach Warnungen der Theaterleute schon vor über einem Jahr, hatte das Land immer beschwichtigt.

„Die Drehbühne ist Schrott“

Als sich zudem bei der Eröffnung herausstellte, dass bei der Sanierung im großen Stil gepfuscht worden war, geriet die Bauaufsicht, namentlich die Landesbauverwaltung, endgültig in Erklärungsnot. „Die Drehbühne ist Schrott“, lautete die vernichtende Bestandsaufnahme von Schauspielintendant Hasko Weber. Weshalb das Schauspielhaus erneut geschlossen werden muss. Die Vorarbeiten zum Bau der John-Cranko-Schule des Stuttgarter Balletts liefen ebenfalls alles andere als rund. Stück für Stück haben sich die Baukosten auf 35 Millionen Euro summiert. Unter anderem müssen sich auch hier die Planer des Landes heftige Vorwürfe gefallen lassen.

Wer grundsätzliche Defizite bei der Baubetreuung erkennen will, erntet beim Finanzministerium dafür dennoch Kopfschütteln: „Man sollte die genannten Projekte auch im Gesamtzusammenhang sehen“, so eine Sprecherin. Das Land Baden-Württemberg sei Eigentümer von rund 8000 Gebäuden mit einer Gesamtflächenzahl von 11,5 Millionen Quadratmetern. Die Vermögens- und Hochbauverwaltung habe zuletzt jährlich rund eine Milliarde an baulichen Maßnahmen umgesetzt. „Fast alle diese Projekte liefen reibungslos.“

Beim Schauspielhaus jedenfalls wurde der Landesrechnungshof eingeschaltet, um „aus diesen Erhebungen Erkenntnisse für die Zukunft zu ziehen“.