Foto: Piechowski

Beim Bau der Menschenaffenanlage muss das Land erneut Zeit- und Kostenplan korrigieren.

Stuttgart - Tano, Okanda und Vanda geht es gut. Die drei Gorillababys wurden in anderen Zoos von ihren Müttern vernachlässigt und deshalb kürzlich ins Jungtieraufzuchthaus der Stuttgarter Wilhelma gebracht. Sie genießen die Fürsorge der Pflegerinnen, die sie tagein tagaus umhegen, als seien sie ihre eigenen Kinder. Dass das Jungtieraufzuchthaus, die Umgebung, in der sie gerade wieder zu Kräften kommen sollen, in die Jahre gekommen ist, wird sie wenig kümmern. Dass sie bald in ein neues modernes Aufzuchthaus umziehen dürfen, ahnt das Affentrio ohnehin nicht.

Wobei das Wörtchen bald ein recht dehnbarer Begriff ist.

Im Frühjahr 2010 hatte Willi Stächele (CDU), damals Finanzminister des Landes Baden-Württemberg und oberster Dienstherr des Zoos, zum Bau der Menschenaffenanlage samt Aufzuchtstation für Gorilla-Waisen den Spatenstich vorgenommen. Nach zwei Jahren, also im Frühjahr 2012, könne man das Gebäude eröffnen, hatte es damals geheißen. Nach zwei Jahren könnten die Affen einziehen, eine Eröffnung kurz vor den Sommerferien sei dann wünschenswert, relativierte Wilhelma-Direktor Dieter Jauch mit Blick auf den besucherstarken Monat August vor wenigen Wochen.

Wer die Summe begleicht, ist offen

Jauchs Wunsch wird Wunsch bleiben. An einen Umzug der Menschenaffen in diesem Frühjahr ist nicht zu denken. „Die Fertigstellung der Baumaßnahme ist im September 2012 vorgesehen“, so eine Sprecherin des Finanzministeriums. Man rechne aber nicht damit, „dass die Tiere schon im September eingezogen sind“. Soll heißen: Das neue Menschenaffenhaus würde – nach einer angemessenen Eingewöhnungszeit der Primaten – frühestens im Spätherbst für die Besucher zugänglich. In der Wilhelma selbst verkneifen sich alle Verantwortlichen inzwischen jedwede Prognose. „Wann die Menschenaffen umziehen sollen, ist derzeit nicht abgestimmt“, teilt Zoo-Chef Jauch am Donnerstag mit. Im Rahmen einer Baubesprechung in der nächsten Woche würden wohl Termine festgelegt. Die Menschenaffen könnten ihre neue Behausung natürlich erst beziehen, wenn das Gorilla-Außengehege und wenigstens ein Bonobo-Außengehege fertiggestellt seien. In dem Zusammenhang bezeichnet die Chefin des Landesbauamts, Ilse Lange-Tiedje, die Bepflanzung der Anlage als „sehr komplexes Thema“.

Mit der neuerlichen Verzögerung setzt sich fort, was sich seit den ersten Planungen wie ein roter Faden durch das komplizierte Bauvorhaben zieht: Das Projekt Menschenaffenhaus stellte und stellt für alle Beteiligte, Land Baden-Württemberg, Bauamt, Zoo und Architekten, von Beginn an eine Herausforderung dar, die manchen bisweilen zu überfordern schien. Sowohl die Frage, in welcher Umgebung Menschenaffen heutzutage artgerecht gehalten werden müssen, als auch, was man sich das alles kosten lässt, hat mehr als einmal zu heftigen Verstimmungen hinter den Kulissen geführt. Nach einem nicht reibungslos verlaufenen Wettbewerb vom Büro Hascher Jehle Architekten geplant, vom Land billig gerechnet und schließlich um rund die Hälfte teurer geworden – es ist an den Gorillas und Bonobos, die quälenden Debatten vor allem um die Kosten vergessen zu machen, nachdem sie eingezogen sind.

Ursprünglich auf 13 Millionen Euro veranschlagt stiegen die Baukosten auf 15 Millionen, auf 17 Millionen und zuletzt auf 19 Millionen Euro. Auch diesen Betrag musste das Finanzministerium am Donnerstag wenn auch moderat nach oben korrigieren. „Es werden maximal Kosten in Höhe von 20 Millionen Euro entstehen“, verlautet aus dem von Minister Nils Schmid geleiteten Finanzressort. Um „ein artgerechtes Haus sensibel in die Landschaft der Wilhelma“ einbetten zu können, „waren baulich und technisch aufwendige Sonderlösungen notwendig“. Zudem seien durch den schwierigen Baugrund und konjunkturbedingt Mehrkosten angefallen. Wer die Summe begleicht, ist derzeit offen.

Das Elefantengehege wird modernisiert

Landesverwaltung und Wilhelma halten sich bedeckt. Vom Verein der Freunde und Förderer der Wilhelma ist kein Nachschlag mehr zu erwarten. Noch ehe die Architekten den ersten Strich im Plan gezeichnet hatten, waren sich Land und Förderverein einig geworden, jeweils die Hälfte der Bausumme, damals besagte 13 Millionen Euro, zu bezahlen. Bei allen Kostensteigerungen hatte der Verein nachgelegt. Zuletzt hatte der Fördervereinsvorsitzende Georg Fundel für die fast 27.000 Mitglieder klargemacht: „Mehr können, wollen und werden wir nicht bezahlen.“

Ein wenig Entspannung im Bereich der Großbaustelle Menschenaffenhaus wird es im Frühjahr dennoch geben. In unmittelbarer Nachbarschaft wird derzeit für 1,2 Millionen Euro das Elefantengehege modernisiert. „Die Bauleute haben versprochen, dass die Elefanten an Ostern raus können, selbst wenn nicht alles ganz fertig wird“, so Dieter Jauch.

Tano, Okanda und Vanda müssen sich derweil noch etwas gedulden. Laut Dieter Jauch „dürfte ihnen ein solcher Umzug ohnehin recht egal sein“. Wichtiger sei die Nähe zu den vertrauten Pflegerinnen, ihrem Mutterersatz. Und Kibo? Den Chef der Gorilla-Sippe bringt ohnehin wenig aus der Ruhe, schon gar nicht ein verspäteter Umzug.