Vor Jahrzehnten hat Rainer Prosi zufällig ein Hummelnest in seinem Komposthaufen entdeckt. Seitdem verbringt er viel Zeit mit der Erforschung von Wildbienen. Foto: Ufuk Arslan/Archiv

Rainer Prosi erforscht seit Jahrzehnten Wildbienen. Am Dienstag referiert er in Waiblingen darüber, wieso man sich vom englischen Rasen verabschieden sollte und wieso Sandkästen und Kräuter für die Artenvielfalt wichtig sind.

Die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen ist nichts gegen die Arbeit von Rainer Prosi. Denn die besteht nicht selten darin, eine drei Millimeter kleine Wildbiene in der freien Landschaft zu entdecken. Wenn er seinen Lieblingswesen, den Wildbienen, auf die Spur kommen möchte, geht Rainer Prosi auch ungewöhnliche Wege. Er trägt zum Beispiel gekappte Brombeerranken zum Tierarzt, um sie röntgen zu lassen. Danach hat der Crailsheimer Beweisbilder dafür, dass beispielsweise die Dreizahn-Stängelbiene die abgeschnittenen Zweige als Nistplatz nutzt. Es lohnt sich also, im Garten nicht alles kleinzuhäckseln.

Die Röntgenbilder hat Rainer Prosi im Gepäck, wenn er am kommenden Dienstag in Waiblingen den Vortrag „Faszination Wildbienen“ hält. Er selbst war Mitte 30, als er beim Umsetzen eines Komposthaufens im Garten auf ein Hummelnest stieß, das sein Interesse weckte. Fortan machte sich Rainer Prosi, der Maschinenbautechniker ist und als Programmierer gearbeitet hat, in seiner Freizeit auf die Suche nach Wildbienen und hielt genau fest, wo er welche Art entdeckte.

Eine Datenbank mit mehr als 300 000 Datensätzen

„Das war mir aber irgendwann nicht mehr genug“, sagt Rainer Prosi. Er nahm Kontakt zum Tübinger Biologen und Wildbienenforscher Paul Westrich auf und engagiert sich seit vielen Jahren im Arbeitskreis Wildbienen-Kataster. Dieser erforscht die knapp 500 heimischen Wildbienenarten und erfasst alles Wissenswerte zu diesen in einer Datenbank, die mittlerweile rund 310 000 Datensätze enthält. Das Managementsystem hat Rainer Prosi entwickelt und speziell an die Artengruppe Wildbienen angepasst. Mit wenigen Mausklicks finden Nutzer nun heraus, wo Andrena agilissima, die Blauschillernde Sandbiene, oder Xylocopa iris, die Kleine Holzbiene, im Land fliegen. Im Rems-Murr-Kreis sind laut dem Wildbienen-Kataster 171 Wildbienenarten nachgewiesen: „Wenn im Landkreis ein Bearbeiter wohnen würde, dann wären es wohl doppelt so viele“, vermutet Rainer Prosi.

So manche Art fliegt aber nahezu nirgends mehr, etwa die Obsthummel, die inzwischen vom Aussterben bedroht ist. Die Erforschung einer einzigen Art dauere oft Jahre, sagt Rainer Prosi und nennt als ein Beispiel seine Arbeit an der Runzelwangigen Schmalbiene. Letztere nistet im Boden – so wie etwa 70 Prozent aller Wildbienen. „Mit den Wildbienenhotels fördert man also gar nicht so viele Arten“, berichtet der 71-Jährige. Die Wildbienenhotels hält er aber für eine wunderbare Idee: „Damit hat man den Wildbienen einen sehr guten Dienst erwiesen.“ Optimal wäre, wenn in einem zweiten Schritt jedes Hotel noch einen Sandstrand dazu bekäme, in dem sich die erdverbundenen Arten der Wildbienen einrichten könnten. Ein nicht mehr genutzter Sandkasten im Garten, der ab und an vom Unkraut befreit wird, erfüllt nach Rainer Prosis Erfahrung die Ansprüche der Wildbienen voll und ganz.

Manche Wildbienen nisten auch im Balkonkasten

Wer einen Rasen hat, der sollte sich vom englischen Modell verabschieden, den Dünger sparen und Wildkräutern wie Gänseblümchen oder dem „verhassten Gundermann“ ein bisschen Raum geben. „Am Kriechenden Günsel sammeln zum Beispiel rund 30 Wildbienenarten“, sagt Rainer Prosi. Und selbst dort, wo nur Platz für einige Balkonkästen ist, lässt sich Gutes für die Wildbienen tun – wenn Wildkräuter, Natternkopf, Zwergalant und Sonnenröschen darin wachsen. „Blattschneiderbienen nisten beispielsweise in Balkonkästen“, berichtet Rainer Prosi.

Der Klimawandel macht sich auch bei den Wildbienen bemerkbar, wobei etliche Arten davon profitieren. Dazu gehört die Gelbbindige Furchenbiene, die früher nur im Rheingraben zu Hause war, inzwischen aber im ganzen Land vorkommt. Das wieder sehr beliebte Hobby Imkern sei „ein Spezialthema“, sagt Rainer Prosi; „Ich bin Pragmatiker, wir müssen da einen gemeinsamen Weg finden. 100 Honigbienenvölker in einem Naturschutzgebiet, das geht aber nicht.“

Insgesamt brauche es mehr Lebensräume für Wildbienen. Dass entlang der Äcker kaum Kräuter wachsen, sieht der Wildbienen-Freund mit Sorge. „Wir müssen die Landschaft umgestalten und Inseln schaffen.“ Durch die intensive Landwirtschaft werde viel Lebensraum zerstört, sagt Prosi – allerdings seien viele Landwirte bereit, etwas für die Artenvielfalt zu tun. Umso mehr, als etwa Hecken nicht nur für Wildbienen gut seien, sondern auch die Erosion verringerten.

Faszination Wildbienen

Vortrag
Am Dienstag, 13. Juni, ist Rainer Prosi in Waiblingen zu Gast. Auf Einladung von Waiblingen klimaneutral, dem Klimabündnis Weinstadt sowie der Nabu-Gruppen Waiblingen und Weinstadt hält er von 19 Uhr an einen Vortrag mit dem Titel „Faszination Wildbienen“ im Ökumenischen Haus der Begegnung im Schwalbenweg 7.

Informationen
Mehr über Wildbienen und ihre wichtige Rolle für die und in der Natur erfährt man hier auf der Internetseite des Arbeitskreises Wildbienen-Kataster.