Erst Pad und Smartphone machen die Fotografie sichtbar Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Klassische Schwarz-Weiß-Fotografien neben einem provokanten Experiment. Nachwuchs-Talente neben weltbekannten Fotografen. Was scheinbar nicht zusammenpasst, bildet bei der Fotoausstellung im Haus der Wirtschaft einen spannenden Kontrast.

Stuttgart - Auf den ersten Blick ist die Ausstellung Wild Card im Haus der Wirtschaft enttäuschend. An den weißen Wänden sind nur kleine, schwarz-weiße Ausschnitte von Bildern zu sehen – sogenannte Tracker. Erst mit Hilfe eines Smartphones verwandeln sich die Ausschnitte auf den Bildschirmen in eindrucksvolle Fotografien. Dafür müssen die Besucher nur eine kostenlose App auf das Smartphone herunterladen, den Bildausschnitt einscannen – und schon können sie sich die virtuellen Motive anschauen.

Eine Ausstellung von 94 Fotografen des Berufsverbands Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF), die dem Zeitgeist entgegen kommen dürfte. Schließlich nimmt so mancher seine Umwelt nur noch mit dem Smartphone vor der Nase wahr. „Wir wollen damit bewusst provozieren und einfach mal was ganz Neues zeigen“, sagt Jürgen Meister, Geschäftsführer vom Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter (BFF). Die Ausstellung Wild Card sei ein Experiment, das auch in Hamburg und Düsseldorf gezeigt wird.

Auch der beste Fotoapparat macht noch kein gutes Bild

Dank moderner Technik fühlt sich laut Meister fast jeder zum Fotografen berufen, doch „auch der beste Fotoapparat macht noch kein gutes Bild“. Unter der Flut der selbst ernannten Fotografen werde die Qualität der professionellen Fotografen erst richtig deutlich. „Statt ein Erlebnis zu genießen und einen Augenblick innezuhalten, ist es wichtiger, sofort der ganzen Welt davon via Smartphone zu berichten“, sagt Meister. Die Ausstellung bedient sich genau dieses Phänomens, denn die Bilder sind physisch nicht in der Ausstellung und doch dort erlebbar.

Verteufeln wollen die Fotografen die moderne Technik jedoch nicht – ganz im Gegenteil: „Es ist auch spannend, zu experimentieren und neue Möglichkeiten auszutesten“, sagt Meister. Der Beruf verändere sich, immer mehr Kunden verlangten heute auch Bewegtbilder.

Doch bei der angrenzenden Ausstellungsfläche wird deutlich, dass Fotografie auch ganz ohne Smartphone oder andere Hilfsmittel beeindrucken kann. Wie einer spannenden Geschichte können die Besucher den kontrastreichen, schwarz-weißen Bildern folgen, mit denen der bekannte Werbefotograf Christian von Alvensleben der Insel Lanzarote ein Denkmal gesetzt hat.

„Die klassische Fotografie ist nicht tot“

In den späten 1960er Jahren lernte der Fotograf Lanzarote kennen und schätzen. Doch erst jetzt kehrte er zurück, um eine fotografische Spurensuche über die Insel mit den kargen Felsen, dem wilden Meer und den Fischern aus den kleinen Dörfern zu unternehmen. Dabei dokumentierte er, wie sich die Insel in den vergangenen Jahren veränderte. „Das Ursprüngliche und Archaische hat mich schon immer gereizt“, sagt von Alvensleben. Auf der Insel hat er genau das gefunden.

Von dem Smartphone-Experiment im Ausstellungsraum nebenan fühlt er sich überhaupt nicht bedroht: „Die klassische Fotografie ist nicht tot“, sagt er. Den Beweis liefert er mit seiner Werkserie „Isla Negra“. Dennoch fotografiert auch er teilweise digital und experimentiert mit den technischen Möglichkeiten.

Die Ausstellung „Ausgezeichnete Fotografie ist bis zum 7. Juli im Haus der Wirtschaft, Willi-Bleicher-Straße 19, zu sehen. Neben „Wild Card“ und „Isla Negra“ sind auch die Ausstellungen „BFF-Doppelseite“ mit kreativen Auftragsarbeiten der Werbefotografen aus Baden-Württemberg, und „BFF-Junioren“ mit Arbeiten der jungen Generation zu sehen. Der Eintritt ist frei.