So träumen blinde Menschen. Foto: Gorodenkoff / shutterstock.com

Wie träumen Blinde? Können sie in ihren Träumen sehen? Worüber träumen sie? All diese Fragen beantworten wir im Artikel.

Können Blinde träumen?

Der Wach- und der Traumzustand sind Teil desselben Bewusstseins. Wie Sehende, können auch blinde Menschen träumen. Der Unterschied dabei liegt in der Art der Träume. Während bei sehenden Menschen meist die optischen Reize im Vordergrund stehen, rücken diese bei blinden Menschen zugunsten anderer Sinne in den Hintergrund. Zu diesem Ergebnis kamen Schlafforscher in einer 1999 in der Fachzeitschrift Dreaming veröffentlichten Studie.(1) Die Probanden, die von Geburt an blind oder vor ihrem fünften Lebensjahr erblindet waren, hatten keine visuellen Eindrücke in ihren Träumen, konnten dafür aber verstärkt riechen, schmecken oder tasten. Erfahrungsberichte auf YouTube, wie der von Tommy Edison, bestätigen diese Erkenntnisse.

Folgt man der Theorie, dass Träume ein Abbild unserer Realität sind, ist es nicht verwunderlich, dass blinde Menschen sie mit den Sinnen wahrnehmen, die ihren Alltag bestimmen.

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Können Blinde in ihren Träumen überhaupt nichts sehen?

Ob blinde Menschen im Traum sehen können, hängt mitunter davon ab, ob sie blind geboren oder erst später erblindet sind. Einige Studien legen nahe, dass Menschen, die blind geboren wurden oder vor ihrem fünften oder sechsten Lebensjahr erblindet sind, keine visuellen Eindrücke in ihren Träumen erleben.(2Bilder werden in diesem Fall durch Gerüche, Klänge, Berührungen und Geschmäcker ersetzt. Die Träume sind, wie bei Sehenden auch, ein Abbild der erlebten Realität.

Wer dagegen nach seinem fünften oder sechsten Lebensjahr erblindet ist, soll auch Bilder in seinen Träumen sehen können. Je mehr visuelle Erinnerungen vorhanden sind, desto öfter, länger und klarer können die Bildträume sein, wie ein Versuch von dänischen Forschern zeigte.(3) Dies bestätigt unter anderem auch der folgende Erfahrungsbericht auf YouTube:

Ob in Bildern geträumt wird oder nicht, hängt vermutlich auch davon ab, welche Situation ein Traum verarbeitet. Handelt es sich um zurückliegende Ereignisse, in denen die Träumenden noch sehen konnten, sind die Träume eher visueller Natur. Handelt es sich dagegen um aktuelle Ereignisse, werden diese so geträumt, wie sie wahrgenommen wurden. Das heißt, je nach verbliebener Sehleistung mit verschwommenen Bildern und dem Fokus auf den anderen Sinnen.

Andere Versuche dagegen haben gezeigt, dass selbst von Geburt an Erblindete visuelle Eindrücke in ihren Träumen erleben und diese am Morgen danach in abstrakter Form aufzeichnen können.(4)(5) Darüber hinaus gibt es dokumentierte Fälle von später Erblindeten, die angaben, in ihren Träumen auch bildliche Darstellungen von nach ihrer Erblindung besuchten Orten oder kennengelernten Personen (vielmehr ihre Vorstellung von diesen) sehen zu können.(6)

Da es sich bei all diesen Versuchen und Studien jedoch immer um sehr kleine Versuchsgruppen gehandelt hat und sich die Erforschung von Träumen ohnehin schwierig gestaltet, sollten deren Ergebnisse nicht pauschalisiert werden. Zumal Träumen immer auch etwas sehr Individuelles ist. Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie Blinde tatsächlich träumen, sind Erfahrungsberichte wie dieser hier sehr hilfreich:

Worüber Träumen blinde Menschen?

Die Träume von blinden Menschen unterscheiden sich zwar in ihrer Gestaltung, der Inhalt ist jedoch derselbe. Er kann genauso realgetreu, aber auch genauso abstrakt sein wie bei Sehenden.

Tommy Edison berichtet in seinem Video zum Beispiel, dass er in der einen Sekunde in einem Baseball-Stadion steht und in der anderen seinen 7. Geburtstag feiert. Da er von Geburt an blind war, erlebt er die Situationen jedoch mit seinen funktionierenden Sinnen. Er hört zum Beispiel den Applaus der Fans, den Abschlag des Balls oder die Kinderstimmen. Der YouTuber James Rath berichtet in einem Video sogar von erotischen Träumen, die er durch Berührungen, Gerüche oder Geräusche erlebt.

Natürlich bleiben blinde Menschen auch von Albträumen nicht verschont. In einer dänischen Studie haben die 11 Teilnehmer mit angeborener Blindheit in der vierwöchigen Testphase sogar mehr Albträume gehabt, als nachträglich Erblindete und die sehende Kontrollgruppe.(7) Die Forscher vermuten, dies könne daran liegen, dass blinde Menschen im Alltag häufiger mit bedrohlichen Situationen konfrontiert werden.

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