Der Bitcoin ist umstritten – vertrauen die Anleger ihm nicht mehr, wird er wertlos. Das immerhin hat er mit dem Euro gemeinsam. Foto: dpa-Zentralbild

Der Bitcoin macht eine rasante Achterbahnfahrt – schon das weckt Zweifel daran, ob er wirklich eine gute Währung ist. Dabei täte der Schuldenwährung Euro etwas Konkurrenz gar nicht schlecht, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Ein 500-Euro-Schein hat einen Materialwert von wenigen Cent, ein entsprechendes Kontoguthaben besteht sogar nur aus gespeicherten Daten. Warum arbeiten die Menschen dafür dann viele Stunden? Fragen wir doch die Deutsche Bundesbank: Die Menschen glauben, dass sie das Geld in Zukunft gegen werthaltige Güter eintauschen können, auch wenn es selbst nichts wert ist. „Insbesondere“, so die deutsche Abteilung der europäischen Währungshüter, müssen die Menschen „darauf vertrauen, dass es bis dahin nicht an Wert verliert, dass es also preisstabil bleibt.“

Gemessen daran müsste die digitale Währung Bitcoin das perfekte Geld sein. Ihr Wert hat sich binnen weniger Monate verzehnfacht – da macht es kaum noch einen Unterschied, dass es auch schon einmal doppelt so viel war und sich der Wert kurz vor Weihnachten wieder halbiert hat. Offensichtlich vertrauen immer mehr Menschen diesem Geld, das lediglich als verschlüsselter, auf einer Vielzahl von Rechnern gespeicherter Code existiert – und sich damit gar nicht so fundamental vom Guthaben auf einem Konto unterscheidet.

Staatswährungen können leicht zum Spielball werden

Natürlich besitzt Bitcoin nicht ansatzweise die Bedeutung des Geldes, das von Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgegeben wird. Dennoch sagt der Boom des Bitcoin einiges über das schwache Vertrauen in Währungen wie den Euro. Seit die Notenbanken die Druckerpresse angeworfen haben, um wahlweise die amerikanische Konjunktur, hoch verschuldete Großbanken oder überschuldete Staaten in Südeuropa zu retten, steigen die Preise für Vermögensguter wie Grundstücke, Immobilien oder Aktien. Diesen Anstieg kann man auch als Wertverfall der Währungen deuten.

Der einstige Wirtschafts-Nobelpreisträger und Freiburger Hochschullehrer Friedrich August von Hayek sah im staatlichen Geld bereits vor mehr als 40 Jahren einen „Spielball der Politik“. Bei privaten Unternehmen, die konkurrierendes Geld herausgeben und nur existieren können, wenn die Menschen es annehmen, gebe es dagegen „keinen Zweifel“, dass sie den Wert des Geldes stabil halten könnten. Hayeks Überlegungen aus dem Jahr 1976 haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren – im Gegenteil: Bei der Euro-Rettung ist nicht nur die Währung, sondern sogar die gesamte Notenbank zum Spielball der Politik geworden, die lieber Geld drucken ließ als auf ein Ende der Schuldenpolitik hinzuwirken.

Bitcoins sind nur gespeicherte Daten

Die Debatte um konkurrierende Währungen, die den Staat disziplinieren, hat also durchaus etwas Bestechendes. Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob der Bitcoin wirklich eine Konkurrenz ist, die man sich wünschen kann. Denn die Funktion eines Wertaufbewahrungsmittels kann eine Währung, deren Wert eben mal um 30 Prozent steigt oder fällt, kaum erfüllen. Und die Flexibilität, die bei der EZB im Überfluss vorhanden ist, fehlt beim Bitcoin nahezu vollständig. Dabei muss die Geldmenge einer Währung sehr wohl mit dem Wachstum eines Wirtschaftsraums mithalten, um nicht zum Engpassfaktor zu werden.

Mittlerweile dürften in Bitcoin derart hohe Summen investiert sein, dass dieses Geld selbst zum Risikofaktor geworden ist. Gerät die Währung ins Rutschen, besteht die Gefahr, dass Anleger ihr das Vertrauen entziehen und ein Teufelskreis aus abstürzendem Bitcoin und fliehenden Anlegern entsteht. Deren Bitcoins bleiben – doch wenn ihnen niemand mehr vertraut, sind sie nur noch gespeicherte Daten. Das haben sie mit dem Euro gemeinsam, dessen Wächtern eine disziplinierende Konkurrenz sehr gut täte.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de