Die Mülltonne – manchmal ein Zeichen für mehr Demokratie Foto:  

Das Thema Müll eignet sich für heiße Debatten – und für einen Bürgerentscheid. Der ist auf Kreisbene aber gar nicht zulässig – bisher jedenfalls. Eine Demo in Göppingen soll darüber aufklären.

Göppingen - Würden am Samstag eine Menge Mülltonnen über den Göppinger Schlossplatz rumpeln, wäre das für Sarah Händel eine Genugtuung. Die Landesgeschäftsführerin des Vereins Mehr Demokratie möchte sich im Landkreis tobende Mülldebatte einklinken und gleichzeitig für direkte Demokratie auch auf der Kreisebene werben. Bisher kann in Baden-Württemberg kein Bürgerentscheid in Kreisangelegenheiten abgehalten werden. Ein Volksentscheid soll das ändern. Und um dies auf den Weg zu bringen, wirbt der Verein am Samstag von 12 Uhr an mit einer Demonstration in Göppingen für mehr Bürgermitsprache. Und wer seine Mülltonne mitbringen könne, solle das gerne tun, erklärt die Veranstalterin. Göppingen sei das richtige Pflaster, um Unterschriften für den Volksentscheid zu sammeln, da das Thema Müll die Menschen berühre.

Das Thema Müll eignet sich für heiße Debatten

„Wie geht es weiter mit der Müllverbrennungsanlage in Göppingen?“, prangt auf dem Flugblatt, das der Verein in Vorbereitung der Demo verteilt hat. Tatsächlich treibt diese Frage die Kreisbewohner bereits seit dem vergangenen Jahr um. Damals wollte die Kreisverwaltung die von der Müllofen-Betreiberfirma EEW geforderte Kapazitätserhöhung ohne große Debatte vom Kreistag genehmigen lassen. Darüber entspann sich eine öffentliche Diskussion, in der die Sorge um die Gesundheit der Bürger und der Schadstoffausstoß der Müllverbrennung im Fokus standen. Angestoßen wurde sie von der Bürgerinitiative Müllkonzept und der Resolution des Göppinger Gemeinderats gegen die Erhöhung der Müllmenge.

Inzwischen ist es stiller um das Thema geworden, die Diskussion hat sich in die Arbeitsgruppen verlagert, die der Kreis im Rahmen einer freiwilligen Bürgerbeteiligung angeboten hatte. Jetzt liegt offenbar eine eindeutige Abschlusserklärung vor: Die Bürgerinnen und Bürger fordern den Verzicht auf die Mengenerhöhung, die Prüfung der Rekommunalisierung des Müllmeilers und ein Festhalten am Vertragskündigungsrecht bis 2025. Empfehlungen an den Kreistag, der im Oktober beschließen soll, gab es offenbar keine.

Der Eschenbacher Bürgermeister ist für Entscheide auf Kreisebene

Mehr Akzeptanz für die angestrebte Entscheidung erwartet Sarah Händel von einer breit angelegten öffentlichen Debatte. Sie fordert die Kreisbewohner auf, für ihr Recht auf Bürgerentscheide auf Kreisebene zu kämpfen: „Das stärkt auch die Dialogbereitschaft der Verwaltung“, meint Händel mit Blick auf die zahlreichen Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene. Immerhin ziele die dabei vorgeschaltete inhaltliche Auseinandersetzung immer auf einen möglichst breit angelegten Kompromiss.

Das bestätigt auch Thomas Schubert. Der Eschenbacher Bürgermeister und sein Team opferten 2015 ihre Sommerpause und bereiteten einen Bürgerentscheid zu Plänen für eine Mehrzweckhalle vor. Dank einer eindeutigen Pro-Mehrheit stehe die Entscheidung auf der breitest möglichen Basis, lobt Schubert. Er könne die Beteiligung der Bürger per Entscheid dem Kreis nur empfehlen und biete dem Kreis die Halle für die nächste Bürgerinformation zum Thema Müll gerne an. Sein Gemeinderat votierte übrigens gegen die Kapazitätserhöhung der Müllverbrennungsanlage.

40 000 Unterschriften sind das ehrgeizige Ziel

Nur in Baden-Württemberg und Hessen sind Bürgerentscheide auf Kreisebene unzulässig. Dies könnte ein an den Landtag adressierter Volksantrag ändern. Der Verein Mehr Demokratie sammelt dazu Unterschriften. 40 000 müssen bis Jahresende zusammenkommen.

Zu der Demonstration mit Kundgebung auf dem Göppinger Schlossplatz am Samstag, 14. Juli, um 12 Uhr haben der Verein Mehr Demokratie, der Bund und Verdi aufgerufen. Sprechen wollen Carsten Unger für den SPD-Ortsverein Uhingen und der Landtagsabgeordnete Alexander Maier (Grüne).