Michael Mauer prägt wie kein anderer die Außendarstellung der Marke Porsche. Und das seit nunmehr 20 Jahren. Wer ist diese Koryphäe des Autodesigns?
Es beginnt mit dem linken Vorderrad. Schon immer. Es war das Runde, das Michael Mauer schon als Kind vor dem Eckigen zeichnete. Seine Autoentwürfe entstehen bis heute nach diesem Muster. Auch wenn er sie nicht mehr selbst zu Papier bringt, so nimmt sein Design nach wie vor von diesem Punkt aus Gestalt an. Heute visualisieren meist Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen seine Ideen per Computer.
Seit 20 Jahren ist Michael Mauer nun Chefdesigner bei Porsche und steht damit persönlich für die Kontinuität der Marke, die sich wie keine andere der eigenen Tradition verpflichtet fühlt. Der 62-Jährige, der deutlich jünger wirkt, ist erst der vierte Designleiter des Sportwagenherstellers – nach Ferdinand Alexander (F. A.) Porsche, Anatol Lapine und Harm Lagaaij. Wobei Mauer die wohl komplexeste Aufgabe unter diesen Stardesignern zufiel. Mit einer Modelloffensive neue Segmente erschließen.
Gleichzeitig richten sich alle Augen weiterhin auf den größten Schatz des Hauses: den 911. Diese von F. A. Porsche entworfene Stilikone gilt es seit 61 Jahren neu zu interpretieren und gleichzeitig den Charakter des Fahrzeugs zu wahren. Was die wohl größte Herausforderung im Automobildesign darstellt. „Das ist ein bisschen wie im Fußball, wo es ja auch Millionen von Bundestrainern gibt“, sagt Michael Mauer. „Es wissen auch ganz viele, wie ein 911er auszusehen hat.“
911 – Der berühmteste Zahlencode der Autowelt
Auf die Millionenfrage hat Michael Mauer über Jahrzehnte hinweg immer wieder die richtige Antwort gefunden. Drei von nunmehr acht Generationen des 911ers tragen seine Handschrift. Auf diesem reichen Erfahrungsschatz basiert auch ein Buch über den Wagen mit dem bekanntesten Zahlencode der Autowelt, das anlässlich seines Dienstjubiläums erschienen ist. „Unvergänglich ewig neu“ heißt es darin über den Porsche 911.
Den Rahmen für Michael Mauers Jubiläum liefert aber ein anderes Modell: der Macan. Es ist das erste Modell, bei dem er von Anfang an die gestalterische Gesamtverantwortung hatte. Zuvor galt es von 2004 an bereits entwickelte Designs – wie im Fall des Panamera – noch etwas zu glätten.
Der Macan war für den Autobauer dann der Einstieg in die SUV-Kompaktklasse. Mit ihm bewies Michael Mauer, dass er es versteht, einen Porsche optisch in ein neues Segment zu transportieren und dabei gleichzeitig die Sportwagenabstammung erkennbar zu machen. Und punktgenau zu Michael Mauers Jubiläum hat die Auslieferung des neuen vollelektrischen Macan begonnen.
Was zu einer weiteren Herausforderung in der Karriere Mauers führt. Es ist die große Frage, ob ein Elektroauto eine ganz neue Designsprache braucht. Für Porsche beantwortet Michael Mauer sie mit Nein. Es seien die klaren Formen, das Reduzierte, Klare und Puristische, was einen Porsche ausmacht und deshalb nicht aufgegeben werden dürfe, sagt Michael Mauer.
Ein E-Porsche bekommt andere Scheinwerfer
Bei anderen Marken sei das nicht zwingend, gerade im VW-Konzern, bei dem er zusätzlich noch die Gesamtverantwortung im Designbereich trägt. Bei Porsche dagegen geben nur eckige anstatt runder Scheinwerfer einen dezenten E-Hinweis.
Michael Mauer steht nun auf dem Gipfel der Branche. Der Weg dorthin beginnt auf 1015 Metern, in Höchenschwand im südlichen Hochschwarzwald ist Michael Mauer aufgewachsen. Der Feldberg und der Wunsch, von Beruf Skilehrer zu werden, liegen nicht fern. Weil er sich auch für Autos interessiert und im Kunstunterricht seine besten Noten bekommt, vermittelt ihm sein Vater nach dem Abitur ein Praktikum bei Mercedes. Mauer senior selbst ist Arzt und fährt damals als Leiter eines Krankenhauses einen eher untypischen Wagen. „Einen Ford Capri mit V6-Motor“, erzählt der Sohn mit einem Schmunzeln.
Mauer begann ein Design-Studium in Pforzheim. „Das hat mich geprägt, die Hochschule orientierte sich sehr stark am Bauhaus-Stil“, sagt Michael Mauer und benennt damit die Richtlinie, zu der er schon früh F. A. Porsches Design hinzufügt.
Die berufliche Laufbahn beginnt allerdings bei Mercedes und mit einem Trick. Als Berufsanfänger weiß er dort zunächst einmal nicht so richtig, was tun. Weil sich bei seinem Arbeitgeber damals gerade alles um die Entwicklung des SLK dreht, baut er ein solches Modell nach seinen Vorstellungen. „Damit kreuzte ich rein zufällig bei einer Präsentation auf und stellte es unbemerkt neben die offizielle Version“, erinnert sich Michael Mauer. Das Mauer-Modell habe sich dann der damalige Pkw-Chef Jürgen Hubbert kurzerhand gegriffen, angeschaut und gesagt: „Das ist es.“
Über den Umweg Schweden landete Mauer 2004 dann bei Porsche. An seinen ersten Tag im Entwicklungszentrum Weissach erinnert er sich noch genau. Es kam zur Übergabe vom Vorgänger an den Nachfolger. „Heute kann so was ja Monate dauern, Harm Laagay aber hat dafür nur einen Espresso gebraucht“, erinnert sich Michael Mauer noch einmal mit einem Lächeln. Der Niederländer riet ihm dabei nur, dem Bauchgefühl zu folgen. Ein Tipp, den Michael Mauer bis heute beherzigt.