Beim Trollinger hat Sonnenbrand für Ertragseinbußen gesorgt. Foto: Horst Rudel

Die Wengerter im Remstal haben bei ihrer Lese rund 20 Prozent weniger Ausbeute in den Keller gebracht, dafür bescheinigen sie dem Jahrgang 2019 eine hervorragende Qualität. Diese Lese selbst war dieses Jahr extrem kompakt.

Stetten/Fellbach/Schwaikheim - Das Weinjahr und zum guten Schluss auch die überraschend frühe sowie zeitlich extrem kompakte Lese haben die Wengerter im Remstal und in der gesamten Region vor einige Herausforderungen gestellt. Der Klimawandel, sagen viele, lässt mit Hitzeperioden und zunehmenden Extremwetterlagen kräftig grüßen. Immerhin: Bei etwas geringerer Menge als in Durchschnittsjahrgängen der jüngeren Vergangenheit berichten die Weinmacher allenthalben von guten Qualitäten beim Lesegut. Und es bestehe gute Aussicht auf einen aromatischen und qualitativ hochwertigen 2019er.

Frostschäden und Sonnenbrand: das Wetter hat es dem Wein nicht einfach gemacht

Gute Qualität hat schon eine gute Woche vor Lese-Ende der Präsident des Weinbauverbandes Württemberg in Aussicht gestellt. Wegen der zuletzt teils feucht-warmen Witterung sei die Reifeentwicklung schneller vorangegangen als ursprünglich angenommen. Schon im Frühjahr habe das Weinjahr andererseits alles zu bieten gehabt, was sich auf die Vegetation auswirken kann. Frostschäden, regionsweise Hagelschlag und im Sommer dann Hitze bis über 40 Grad, die vor allem beim Trollinger zu Sonnenbrand an den Beeren geführt habe. Und auch die Kirschessigfliege sei teilweise wieder aktiv gewesen, so Hohl. Auch wenn die in den Kellern gelandete Weinmenge hinter derjenigen des Vorjahres zurückbleibe, winke beim Württemberger aber hochwertige Entschädigung: „Die Verbraucher dürfen sich beim Jahrgang 2019 auf beste Weinqualitäten freuen.“

Das Weingut Haidle hat ungewöhnlich wenig Riesling ernten können

„Wir haben viel zu wenig Riesling“, sagt derweil in Stetten Moritz Haidle zur Ausbeute seiner 2019er Weinlese. Ein Umstand, der das Weingut Haidle ganz besonders trifft. Denn der edle Weiße spielt in Sortiment und Philosophie des Stettener Hauses neben dem Lemberger die absolute Hauptrolle. „Dieses Jahr war einfach komisch“, sagt Haidle – mit Trockenheit während der Blüte und daraus folgend sehr unterschiedlichen Reifezeit-Verzögerungen bei den einzelnen Sorten. Frühe Sorten spät dran, späte früh: „Alles kam sehr kompakt in einem kleinen Zeitfenster.“ Binnen dreieinhalb Wochen sei diesmal die Lese komplett vorbei gewesen.

Das Fazit fällt verhalten positiv aus: hervorragende Qualität, aber eine Ausbeute, die um mehr als 20 Prozent unter dem Vorjahr liegt. „Gute Säure, keine zu hohen Oechsle-Zahlen“, sagt Haidle. Er freut sich beim im Keller reifenden 2019er auf „knackige Weine – mineralischer, leichter, eleganter und keine Alkoholbomben.“

Nach Hitze kam meist rechtzeitig genug Niederschlag

Den Trockenheits- ud Hitzeperioden im Sommer seien glücklicherweise immer rechtzeitig Niederschläge gefolgt, sagt Kellermeister Werner Seibold, der sich nach 50 Jahren bei den Fellbacher Weingärtnern Ende November in den Ruhestand verabschiedet. Außer bei einigen Junganlagen habe es so trotz der Extreme keine nennenswerten Trockenstressprobleme gegeben. Während der Blüte sei das Wetter nicht optimal gewesen, mit der Folge kleiner, leichterer Trauben. Aber, sagt Seibold: „Das liegt nicht am Klimawandel, das hat es auch früher schon gegeben.“ Allerdings habe sich hintenraus die übliche Reifezeit von 100 Tagen doch merklich verkürzt. Seibold verzeichnet insgesamt sehr gesunde Trauben, aber ein Minus in der Ausbeute von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr und 15 Prozent gegenüber einer durchschnittlichen Lese. Trotzdem bleibt Seibolds Fazit zur Lese 2019 positiv: „Wir sind zufrieden, die Qualität ist sehr gut, die Mostgewichte ordentlich, aber nicht zu hoch.“

Mit etwas Glück gibt’s noch eine Beerenauslese

Auch aus Schwaikheim ist fast ausschließlich Positives zum angehenden 2019er zu vernehmen. Natürlich sei das Weinjahr anspruchsvoll gewesen, mit Hagel, Hitze und Sonnenbrand beim Trollinger, sagt im Weingut Escher Seniorchef Ottmar. „Aber das ist normal“, findet er, da müsse nicht immer gleich der Klimawandel als Erklärung für alles herhalten. Etwas weniger sei es auch im heimischen Weingut in Sachen Menge geworden. Dafür seien die Qualitäten bei Merlot, Cabernet Sauvignon und fast allem anderen einfach hervorragend. Und ein Schmankerl soll es – wie bei einigen anderen Weingütern im Remstal – in einigen Wochen noch draufgeben. Auf sechs Ar haben die Eschers noch Riesling stehen lassen, sorgfältig in Folie verpackt. Daraus soll noch eine gepflegte Beerenauslese werden, vielleicht sogar Eiswein.