Noch hat die Kassenärztliche Vereinigung ihre Pläne zur Schließung einer ganzen Reihe von Notfallpraxen im Land nicht öffentlich vorgestellt, doch der Standort Kirchheim unter Teck soll sich auf einer internen Liste finden. Vor Ort regt sich bereits Widerstand.
Die drohende Schließung der Kirchheimer Notfallpraxis schlägt hohe Wellen. Noch ist das Aus nicht bestätigt, doch in einer Liste von Schließungskandidaten, die der SWR veröffentlicht hat, findet sich auch Kirchheim. Insgesamt sind 17 Notfallpraxen im Land im Visier. Die Kassenärztliche Vereinigung will sich am 21. Oktober zu ihren Plänen äußern, doch schon jetzt formiert sich Widerstand.
Anlaufstelle außerhalb der Praxiszeiten
Die Malteser betreiben im Kreis Esslingen Notfallpraxen in den Medius Kliniken in Kirchheim und Nürtingen. Dort bieten niedergelassene Ärzte außerhalb der Praxis-Öffnungszeiten einen Notfalldienst an. Patienten mit Erkrankungen, die nicht primär der stationären Krankenhausbehandlung bedürfen, haben mit der Notfallpraxis eine zentrale Anlaufstelle in den Räumen des jeweiligen Klinikums. Bislang ist die Kirchheimer Notfallpraxis samstags, sonn- und feiertags von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
Marcel Musolf, Landrat und Aufsichtsratsvorsitzender der Medius Kliniken, befürchtet mit Blick auf Kirchheim, „dass Patientinnen und Patienten nach der Schließung dieser Notfallpraxis eher die Zentrale Notaufnahme unserer Kliniken dort in Anspruch nehmen werden“. Dadurch würden die Notfallstrukturen in Kirchheim zusätzlich belastet werden. Max Pradler, Pressesprecher der Medius Kliniken, erklärt mit Blick auf eine Schließung der Kirchheimer Notfallpraxis: „Wir sehen für diesen Fall eine deutliche Ausweitung der Öffnungszeiten in Nürtingen als unerlässlich an, um die medizinische Versorgung der Region sicherzustellen.“ Sonst sei mit erhöhtem Patientenaufkommen und längeren Wartezeiten in der Notfallpraxis Nürtingen und den Zentralen Notaufnahmen in Kirchheim und Nürtingen zu rechnen.
„Kein gutes Signal“
Stephan Thomas, leitender Arzt der Zentralen Notaufnahme am Esslinger Klinikum, erwartet durch eine Schließung der Kirchheimer Notfallpraxis keine großen Auswirkungen auf sein Haus: „Der Weg nach Esslingen wäre den Patienten wahrscheinlich zu weit.“ Insgesamt sei es aber kein gutes Signal, Notfallpraxen dort zu schließen, wo sie an Krankenhäuser angebunden sind. „In Esslingen haben wir am Tag die Möglichkeit, die Patienten in die Hausarztpraxis weiterzuleiten, wenn sie keine Krankenhausbehandlung brauchen. Nach Dienstende der Hausarztpraxis können wir diese Patienten an die Notfallpraxis weiterleiten. Würde diese Notfallpraxis geschlossen, würde ein wichtiger Versorgungssektor wegbrechen. Sicher würden diese Patienten dann erwarten, in der Notaufnahme behandelt zu werden. Das wäre für uns eine erhebliche Mehrbelastung.“
Für den Kirchheimer Landtagsabgeordneten Andreas Kenner (SPD) wäre ein Aus der Kirchheimer Notfallpraxis „in einer immer älter werdenden Gesellschaft ein Unding“. Wenn künftig alle Patientinnen und Patienten aus Kirchheim und dem Umland die Notfallpraxen in Nürtingen, Esslingen oder Göppingen aufsuchen müssten, komme es dort zu kaum zumutbaren Wartezeiten. Zudem müssten Betroffene erst mal dorthin kommen, was ohne Auto abends und am Wochenende je nach Wohnort ein Problem sei. Sein Kirchheimer Landtagskollege Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen, fordert: „Die Bürgerinnen und Bürger müssen für dringende und nicht aufschiebbare medizinische Fälle eine kompetente Anlaufstelle für ärztliche Hilfe – auch am Wochenende außerhalb der regulären Sprechzeiten der Hausärzte – haben.“ In einer Schließung der Notfallpraxis Kirchheim sieht er auch einen Schlag ins Gesicht für Ärztinnen und Ärzte.