Der provisorische Mast in Ludwigsburg-Oßweil. Der Mast, der jetzt gebaut werden soll, wäre allerdings doppelt so hoch. Foto: factum/Simon Granville

Sie wollen guten Handyempfang, aber keinen 25-Meter-Mast direkt vor ihren Haustüren: Eine Interessengemeinschaft in Ludwigsburg versucht den Bau eines Sendemasts mitten im Wohngebiet zu verhindern. Nun hat sie beim Petitionsausschuss Gehör gefunden.

Ludwigsburg - Seit zwei Jahren kämpfen Elmar Metzger und seine Mitstreiter gegen den drohenden „Schandfleck“. Die Interessengemeinschaft und der lokale Bürgerverein wollen den Bau eines 25 Meter hohen Mobilfunk-Sendemasts mitten im Ludwigsburger Stadtteil Oßweil verhindern und haben zu diesem Zweck eine Petition beim Landtag eingereicht. Am Montag sind Vertreter des Petitionsausschusses nach Ludwigsburg gekommen, um sich selbst ein Bild zu machen. Sie tauschten sich mit den Gegnern der Riesen-Antenne sowie Vertretern des Wirtschaftsministeriums und der Stadtverwaltung im Rathaus aus, anschließend sahen sie sich in dem Oßweiler Wohngebiet um – und signalisierten Verständnis für die Anliegen der Menschen vor Ort.

Der Stippvisite des Ausschusses war ein zähes Ringen vorangegangen. Vorab hatten sich sowohl das Regierungspräsidium als auch das Wirtschaftsministerium auf die Seite der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG), einer Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom, gestellt, die den Mast im Häusinger Weg 23 bauen will. Die geplante Funkübertragungsstation füge sich „in die Eigenart der näheren Umgebung ein“, befand das Regierungspräsidium in einem Schreiben an die Stadt Ludwigsburg. Das Wirtschaftsministerium in Stuttgart schloss sich dieser Argumentation an. Im Hinblick auf Bau-, Emmissionsschutz- und Denkmalschutzrecht bestünden keine Hinderungsgründe für das Vorhaben.

Bürger fürchten Verunstaltung des Wohngebiets

Darüber zeigten sich die Mitglieder der Interessengemeinschaft „Oßweil gegen Sendemast“ irritiert. Schließlich war Oßweil im Jahr 2018 per Erhaltungssatzung zum Fördergebiet erklärt worden; die hunderte Jahre alte Ortsmitte steht somit unter Schutz. Wie ist es also möglich, dass mitten im Stadtteil ein derart großer Mast aufgestellt werden soll – an einem Standort nur 100 Meter von der historischen Holderburg entfernt, die erstmalig 1198 urkundlich erwähnt wurde? Die Initiative sieht in dem Mast eine optische Verunstaltung und fürchtet, dass die nur acht bis zehn Meter entfernten Grundstücke im Umfeld an Wert verlieren.

Die vier Mitglieder des Petitionsausschusses können diese Bedenken nachvollziehen. „Ob sich der Sendemast in die historische Umgebung gut einfügt, darüber kann man sich streiten“, sagte der SPD-Mann Andreas Kenner. Konrad Epple (CDU) hingegen ist überzeugt, dass das Regierungspräsidium es sich nicht leicht gemacht habe. „Das ist eben die rechtliche Sicht auf die Dinge“, sagte er und fügte hinzu. „Was wir hingegen versuchen, ist eine Herzenssache.“

Auch die Stadt will den Mast nicht mehr haben

„Wir sind nicht gegen Sendemasten an sich“, betonte Elmar Metzger von der Interessengemeinschaft bei dem Treffen, „aber wir wollen sie nicht in unserem Wohngebiet“. Vor allem dann nicht, wenn es Alternativen gebe. Fünf Grundstücke hat die Initiative nach eigenen Angaben „innerhalb kürzester Zeit“ ausfindig gemacht, die außerhalb des Wohngebiets liegen und deren Eigentümer mit dem Bau eines Sendemasts einverstanden wären. Eines davon könne der Telekom sogar pachtfrei überlassen werden. Doch die DFMG hat kein Interesse an alternativen Standorten. Das Grundstück am Häusinger Weg gehört dem Unternehmen ohnehin – weshalb die Umsetzung des Projekts hier wohl schlicht am günstigsten wäre.

Angefangen hatte die Diskussion bereits im Januar 2018. Damals informierte die Stadtverwaltung die Anlieger erstmals über die Planungen für den 25 Meter hohen Mast. Dieser soll als Ersatz für eine Sendeanlage auf dem Dach eines Gebäudes an der Mainzer Allee fungieren, die bis 2019 das Wohngebiet Schlösslesfeld versorgt hatte. Als dort der Pachtvertrag auslief, errichtete die DFMG – als provisorische Lösung – einen zehn Meter hohen Mast in Oßweil, der allerdings dauerhaft nicht leistungsstark genug ist. Die geplante 25-Meter-Antenne soll dazu dienen, die Sendeleistung weiterhin aufrechtzuerhalten.

Das letzte Wort hat der Landtag

Die Stadt räumte den Anliegern ein Widerspruchsrecht von vier Wochen gegen das Vorhaben ein, und davon machten alle neun Anlieger Gebrauch. Sie gründeten die Interessengemeinschaft und sammelten Unterschriften von 250 Bürgern, die sich ebenfalls gegen das Projekt aussprachen. Früher, in den Anfangstagen von mobilem Internet und Mobilfunk, war so etwas keine Seltenheit. In der jüngeren Vergangenheit ist es deutlich ruhiger geworden – die Menschen haben sich offenbar weitgehend an die strahlenden Antennen gewöhnt.

Den Gegnern in Oßweil geht es allerdings eben nicht um die Strahlung, sondern um die Optik, und mit dem Argument haben sie sogar die Stadt auf ihre Seite gezogen. Das Rathaus jedenfalls versagte der DFMG nach den Protesten vor Ort die Baugenehmigung. Das Unternehmen legte dagegen Widerspruch beim Regierungspräsidium ein, das dann der Mobilfunkgesellschaft beisprang und die Stadt bat, die Genehmigung zu erteilen. So kam es, im bisher letzten Akt, zur Petition der Interessengemeinschaft.

Bei dem Gebäude an der Mainzer Allee handelt es sich um ein Schwesternwohnheim, das der Regionalen Kliniken-Holding (RKH) gehört. Epple plädierte am Montag dafür, die Sendeanlage dort wieder in Betrieb zu nehmen. Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Matthias Knecht kündigte an, sowohl Gespräche mit der DFMG als auch mit dem RKH-Geschäftsführer Jörg Martin zu führen.

Dieser Vorstoß dürfte ins Leere laufen, denn: an der Mainzer Straße will den Mast auch keiner haben. Man habe den Anwohnern schriftlich zugesagt, den Vertrag nicht zu verlängern, erklärt ein Klinikensprecher gegenüber dieser Zeitung. An diese Zusage fühle man sich gebunden.

Am 5. März wird der gesamte Petitionsausschuss über das Thema beraten. Eine Entscheidung, verbunden mit einer Empfehlung an das Landtagsplenum, werden die Mitglieder aber erst später fällen.