Die Weinberge bei der Yburg gelten als renommierte Lagen. Foto: Gottfried Stoppel

Mit einer deutlichen Mehrheit hat die Weingärtnergenossenschaft Stetten beschlossen, ihre Mitgliedschaft in der Remstalkellerei zu kündigen und vom Jahr 2021 an mit der Kellerei Kern zu kooperieren.

Kernen/Weinstadt - Die Zahl spricht für sich: mit einer Mehrheit von knapp 94 Prozent haben die Mitglieder der Weingärtnergenossenschaft Stetten am Donnerstagabend bei einer außerordentlichen Versammlung beschlossen, den langjährigen Vertrag ihrer Genossenschaft mit der Remstalkellerei zum Ende des Jahres 2020 zu kündigen. Die Stettener Ortsgenossenschaft hatte sich bereits im Jahr 1940 an die Remstalkellerei angeschlossen.

Stattdessen wollen die Stettener künftig mit der Privatkellerei Wilhelm Kern in Kernen-Rommelshausen zusammenarbeiten und „die Vermarktung der renommierten Weine aus den Stettener Lagen gemeinsam voranbringen“. „Wir haben als Gemeinschaft einen großen Schritt gemacht und können nun optimistischer in die Zukunft schauen“, sagte dazu der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Borck. Von den bei der Versammlung anwesenden 63 Mitgliedern – insgesamt zählt die WG Stetten rund 100 – hatten laut Borck 59 für einen Austritt aus der Remstalkellerei votiert. Die Abstimmung sei offen durchgeführt worden, hieß es vonseiten des Vorstands.

Überraschend große Zustimmung

„Wir waren überzeugt, dass die Mitglieder für den Austritt stimmen werden. Die große Zustimmung hat uns aber trotzdem überrascht“, war die Reaktion des Aufsichtsratsvorsitzenden Martin Wilhelm. Die Stettener bewirtschaften knapp 50 Hektar Rebflächen, auf einem großen Teil davon wächst Riesling in den namhaften Lagen Pulvermächer und Häder.

„Wir bedauern den Schritt außerordentlich, sehen den Austritt aber nicht als existenzbedrohend an“, sagt Peter Jung, der Geschäftsführer der Remstalkellerei. Und fügt hinzu, es sei damit zu rechnen gewesen, dass der Austritt durchgehe. Natürlich stehe die Remstalkellerei weiterhin für jedes Mitglied der WG Stetten als Partner zur Verfügung. Erste Anfragen von Stettener Weingärtnern, die weiter mit der Remstalkellerei zusammenarbeiten wollten, seien schon eingegangen. „Rein juristisch wurde am Donnerstag über den Austritt der Weingärtnergenossenschaft Stetten aus der Remstalkellerei abgestimmt“, erklärt Jung. Da die Wengerter auch Einzelmitglieder in der Remstalkellerei seien, müsse sich erst noch zeigen, wer der Remstalkellerei die Treue halte und wer mit welchen Rebflächen zur Kellerei Kern wechsle.

Natürlich seien von dem Austritt Reblagen mit einem gewissen Renommee betroffen, räumt Peter Jung ein: „Aber Pulvermächer wird beispielsweise nicht ausschließlich von der WG Stetten bewirtschaftet, es gibt also auch in Zukunft nach wie vor Flächen, die in der Remstalkellerei sind.“ Befürchtet der Geschäftsführer nach dem Austritt der Stettener Weingärtnergenossenschaft einen Dominoeffekt auf andere Ortsgenossenschaften? „Wir gehen nicht davon aus“, sagt Jung, „zumindest ist uns derzeit nichts bekannt.“

Turbulente Zeiten in der Weinszene

Rücktritt:
Die Remstalkellerei kämpft seit einigen Jahren mit wirtschaftlichen Problemen. Im Sommer 2013 hatte der damalige Geschäftsführer Heiko Schapitz gekündigt, weil ihm in der Mitgliederversammlung zwei Drittel der Genossen das Vertrauen entzogen hatten. Schapitz musste einen Bilanzverlust von gut zwei Millionen Euro für das Betriebsjahr 2012 vermelden. Kurz nach ihm ging auch der kaufmännische Leiter Günther Pohl.

Geschäftsführer:
Erst nach fünfjähriger Vakanz ist zum 1. August 2018 der Posten des hauptamtlichen Geschäftsführers mit Peter Jung neu besetzt worden.

Vorstand:
Im Oktober war Claus Mannschreck, seit 2015 im Vorstandsteam der Remstalkellerei und seit Sommer 2017 dessen Vorsitzender, von seinem Amt zurückgetreten – aus „persönlichen Gründen“.

Auszahlungsstopp:
In einem internen Mitgliederschreiben hat die Remstalkellerei Ende November mitgeteilt, dass man sich „in einer wirtschaftlich desaströsen Lage“ befinde. Zwar habe die Remstalkellerei keine Liquiditätsprobleme, die Auszahlung des Traubengelds an die Wengerter werde aber bis vorerst kommenden Februar eingestellt.

Austritt
: Mitte Dezember war bekannt geworden, dass die Weingärtnergenossenschaft Stetten erwägt, sich einen anderen Partner als die Remstalkellerei für den Ausbau und Verkauf ihrer Weine zu suchen. Im Gespräch war schon damals die Privatkellerei Kern aus Rommelshausen.