Nach ihrem 0:7-Pokal-Aus tun sich die Fußballer des TSV Weilimdorf mit der eigentlich ausgerufenen Partystimmung schwer. Was vom „Spiel des Jahres“ gegen die Stuttgarter Kickers hängen bleibt – und warum der sportliche Leiter sich ein Redeverbot gab.
Der sportliche Leiter wollte gar nichts mehr sagen – aus Selbstschutz, wie Sahin Durdu durchklingen ließ. Für den Moment sei er „emotional zu aufgeladen“. Der Trainer Manuel Fischer hockte derweil auch noch Minuten nach dem Abpfiff auf seinem Platz am Spielfeldrand und tippte mit wenig vergnügter Miene auf seinem Smartphone herum. Und die Spieler? Ein Teil haderte und gestikulierte, ein anderer Teil eilte mit starrem Blick vom Rasen.
Das also war es gewesen, ihr Spiel des Jahres – ja für nicht wenige von ihnen vielleicht sogar die erinnerungswürdigste Begegnung ihrer gesamten Fußballerkarriere. Denn wann bekommt man als Landesliga-Kicker schon einmal die Gelegenheit, gegen einen Ex-Bundesligisten seinen Mann zu stehen? Einst waren es gar sechs Spielklassen, die den TSV Weilimdorf und die Stuttgarter Kickers trennten, heute sind es immerhin noch drei. Amateure gegen Profis. Insofern stellte das Ergebnis zwischen den beiden Mannschaften am Dienstagabend in der dritten Verbandspokalrunde nichts anderes dar als das, was nüchtern betrachtet zu erwarten gewesen war. Nüchtern betrachtet und eigentlich. Am Ende, als von der Anzeigetafel am Stehplatzhügel ein 0:7 leuchtete, machten die Gastgeber aus ihrer Enttäuschung dennoch keinen Hehl.
Weilimdorfer Zuschauerrekord
Man hatte ja nicht gleich solche Träume hegen müssen wie Durdu, der jene vorab und zu diesem Zeitpunkt noch in vorfreudiger Plauderlaune so formuliert hatte: „Wer weiß: Wenn die Kickers einen rabenschwarzen Tag erwischen und bei uns dagegen alles passt. . .“ Aber selbst ein kühlerer Analytiker wie der Spielleiter Michael Bachmann tat sich hinterher mit der ausgerufenen Partystimmung schwer. Die Stadionrekordkulisse von 1250 Zuschauern? Der organisatorisch reibungslose Ablauf? Alles top, und „für alle Beteiligten ein Supererlebnis“, wie Bachmann befand. Jedoch: „Ein engeres Resultat hätten wir uns natürlich schon gewünscht“, sagte auch er.
Doch dagegen sprachen dann zwei Faktoren. Zum einen erweckte der Gegner zu keiner Phase den Eindruck, er könnte seine Pflichtaufgabe nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit angehen. Vier Tage nach ihrem Regionalliga-Auftaktcoup mit einem 1:0-Sieg beim Titelanwärter Offenbach gelang den Blauen der mentale Switch. Womöglich auch, weil der Trainer Mustafa Ünal sechs bisherigen Reservisten eine Bewährungschance in der Startelf gab. In den Bereichen Spieltempo, Handlungsschnelligkeit und Spielwitz lag der Favorit deutlich vorn.
Verhängnisvolle Abwehrfehler
Zum anderen agierten die Weilimdorfer zwar mutig und mit hoher Laufintensität, wie ihr Coach Fischer feststellte. „Ich habe den Jungs gesagt: Wir mauern hier nicht. Insgesamt bin ich durchaus zufrieden mit dem, was ich gesehen habe“, bilanzierte er. Allerdings streuten die Seinen in der Defensive auch verhängnisvolle Fehler ein. Allemal ärgerlich: Zwei Gastgeber-Geschenke, quasi mit Schleifchen drumherum überreicht, raubten dem David-Goliath-Duell vorzeitig jede von Heimseite erhoffte Spannung. In diesem Fall keine Frage der größeren gegnerischen Klasse, sondern eigener Missgeschicke: Zum 0:2 servierte David Kajinic den Kickers-Angreifern den Ball auf den Fuß. Und beim 0:3 wartete sein Innenverteidiger-Kollege Erdinc Bozoglu mit einem verunglückten Querpass auf.
Beide Male profitierte Loris Maier als Torschütze (19./38.). Darüber hinaus netzten für die Gäste Christian Mauersberger (16.), Flamur Berisha (51.) sowie die eingewechselten Zugänge Daniel Kalajdzic (74., Foulelfmeter/79.) und David Stojak ein (90.). Kalajdzic, Bruder des einstigen VfB-Torjägers Sasa, gab als Einwechselspieler sein Pflichtspieldebüt im blauen Trikot.
Joas-Einstand auf ungewohnter Position
Demgegenüber hatte ein ebenfalls Neuer die beste Möglichkeit zum Ehrentreffer. Ein Schuss von Bastian Joas landete am Pfosten – wie überhaupt der 30-Jährige stellvertretend für die gestiegenen Ambitionen an der Giebelstraße steht. Die Freigabe für den ehemaligen Oberliga-Akteur (zuletzt Verbandsliga bei Calcio Leinfelden-Echterdingen) hatte der Verein erst am Spieltag erlangt. Die zweite Überraschung nach seiner kurzfristigen Verpflichtung: Joas begann als rechter Verteidiger, erst nach der Pause wechselte er in seine gewohnte offensivere Rolle.
Der Grund? Fischer kommentierte die Begebenheit auf Nachfrage so: „Ich habe eine klare Philosophie. Es spielen nur Spieler, die im Abschlusstraining waren.“ Der eigentliche Platzhirsch für rechts hinten, Anthony Jeremy Raheem, war es berufsbedingt nicht. Und so kam Joas positionsfremd zum Zug.
Fischer: „Auf richtig gutem Weg“
Freilich, auf Sicht, wohl schon bis zum eigenen Ligastart am 19. August in Geislingen, dürfte sich das ändern. „Da“, sagte Fischer zuletzt halb schmallippig, halb trotzig, „sind wir auf einem richtig guten Weg.“ Trotz aktuell ernüchternden sieben Gegentoren. Und trotz eines sportlichen Leiters Durdu, der seinen Unmut über jene schließlich lieber in sich hineinfraß als ihn polternd loszuwerden. War vielleicht in der Tat besser so. TSV Weilimdorf: Ferdek – Joas (82. Boukari), Bozoglu, Kajinic (87. Sadikovic), Gerber – Hut (82. Härle) – Baierle (73. Ataman), Tepegöz, Genc – Offei, Fara (46. Raheem). Stuttgarter Kickers: Dornebusch – Blank (64. Stojak), Leon Maier, Polauke (25. Kohler), Kammerbauer (60. Riehle) – Campagna – Dicklhuber (46. Guarino), Mauersberger, Berisha – Loris Maier, Braig (46. Kalajdzic).