Über das Wetter lässt es sich vortrefflich streiten – und tatsächlich ist die Genauigkeit der Prognosen oft nicht gegeben. Das hat zum einen technische Gründe, andererseits ist die Wettervorhersage zu einem lukrativen Markt für viele private Anbieter geworden.
Offenbach - Droht heute Abend noch ein Unwetter? Ein plötzlicher Platzregen oder vielleicht sogar Hagel? Apps wie Nina, die „Notfall-Informations- und Nachrichten-App“ des Bundesamts für Bevölkerungsschutz sollen die richtige Antwort geben können. Sie wird rund um die Uhr mit den Daten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gefüttert, um Unwetter und sonstige Gefahrenlagen vorherzusagen – und das ganz gezielt für den eigenen Ort. Die neue App ist so beliebt, dass sie bis Anfang Juli bereits über eine halbe Million Mal heruntergeladen wurde. Doch nicht immer ist diese Zuversicht gerechtfertigt.
Bis 2021 will der DWD alle 182 Wetterstationen automatisieren. Was früher geschulte Wetterbeobachter erledigt haben, übernehmen nach und nach die Computer. Diese können zwar einen aktuellen Regenpegel punktgenau ablesen, tun sich aber bei Einschätzungen immer noch schwer. „Ja, es gibt Probleme“, räumt DWD-Sprecher Uwe Kirsche ein. Gerade bei Bergstationen mit ihrem Extremwetter sei die Umstellung heikel. Aber: „Wir haben keine Alternative.“ Als Bundesbehörde hat der DWD zwar ein Jahresbudget von 191 Millionen Euro, muss aber seit Jahren sparen. Von 3300 Beschäftigten im Jahr 1990 sind heute 2400 übrig.
80 Prozent des weltweiten Handels ist vom Wetter abhängig
Der Grund dafür: Der Wetterdienst hat in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben übernommen. Neu hinzugekommen ist etwa die Klimaberatung: Viele Versicherungen und Kommunen fragen nach, ob sie wegen des Klimawandels mit Extremwetter rechnen müssen. Auch der Handel setzt auf die Prognosen: So schätzt die Weltorganisation für Meteorologie (WMO), dass 80 Prozent des weltweiten Handels vom Wetter abhängig sind. Wenn ein Orkan über den Atlantik fegt, kommen Containerschiffe nur langsam voran. Ähnlich sieht es aus, wenn ein Erdrutsch eine Zugstrecke blockiert oder Flugzeuge bei Gewitter eine andere Route fliegen müssen.
Dementsprechend groß ist das Angebot: Neben dem staatlichen Wetterdienst wetteifern unzählige private Anbieter um Kunden – wie beispielsweise der Siemens-Konzern, der einen eigenen Blitz-Informationsdienst betreibt. Das Geschäft mit dem Wetter läuft dabei auf mehreren Ebenen ab. Die meisten Wetterdienste stellen ihre gröbsten Prognosen kostenlos zur Verfügung. Das ist in der Regel eine Deutschlandkarte mit verschiedenen Wettersymbolen, die im Internet oder bei einer Wetter-App angezeigt wird.
Wetter-Apps verdienen kräftig mit
Wer wissen möchte, ob es in einer bestimmten Stadt zu einer bestimmten Zeit regnet, muss zahlen. Tageszeitungen, TV-Sender, Internetportale (GMX, Web.de) und Kommunen zählen zu den besten Kunden der Wetterdienste. Noch teurer wird es etwa für Flughäfen, die eine ganz genaue Prognose erhalten – inklusive Windmessung direkt auf dem Flughafengelände.
Doch nicht nur die Wetterdienste profitieren von Sonne oder Sturm. Auch Wetter-Apps verdienen kräftig mit, indem sie ihre Programme entweder direkt an die Nutzer verkaufen – Weather Pro kostet 2,99 Euro – oder sie kostenlos zur Verfügung stellen. Im Gegenzug müssen die Nutzer dann aber mit Werbung vorliebnehmen oder der Weitergabe ihrer persönlichen Daten zustimmen – auch damit lässt sich viel Geld machen. Im Fernsehen entsteht beim Wetterbericht ebenfalls ein wahrer Geldregen. Wer etwa im ZDF nach den „heute“-Nachrichten einen Werbeclip schalten möchte, zahlt bis zu 1588 Euro – pro Sekunde.
Die praktische Wetterbeobachtung wird im Studium nur noch angekratzt
Der Konkurrenzdruck zwischen den verschiedenen Wetterdiensten ist inzwischen so groß, dass die Ausbildung darunter leidet. „Heute geht es eher ums Durchpauken“, sagt der Diplom-Meteorologe Thomas Dümmel, der an der Freien Universität Berlin die neue Generation von Meteorologen ausbildet. Die praktische Wetterbeobachtung werde im Studium nur noch angekratzt. Die Folge: „Die wenigsten Arbeitgeber können Absolventen heute direkt im Vorhersagedienst einsetzen. Viele müssen erst noch eine interne Weiterbildung durchlaufen.“
Beim Kampf um Aufmerksamkeit schrecken Meteorologen nicht davor zurück, sich gegenseitig zu beschimpfen. Besonders um Langzeittrends wird gestritten, also Vorhersagen über mehrere Wochen oder Monate. Der Meteorologe Dominik Jung liefert solche Trends – und nicht immer stimmen sie. So prognostizierte er im April 2014 einen „Weltmeister-Sommer“ („Bild“-Zeitung), obwohl es beim Finale der Fußball-WM schließlich regnete. Dabei unterzeichneten die Wetterfrösche Sven Plöger und Frank Böttcher schon 2011 die „Hamburger Erklärung“, in der sie Medien raten, auf Langzeittrends komplett zu verzichten.
Aber auch manche Städte, den Wetterbericht zu beeinflussen. „Wenn wir den regenreichsten Ort des Jahres melden, kommt das bei den Bürgermeistern natürlich gar nicht gut an“, erklärt DWD-Sprecher Kirsche. Früher hätten sich Tourismusregionen oft beschwert, weil die Vorhersagen angeblich zu schlecht gewesen seien. Die Reaktion des Wetterdienstes? „Keine Kompromisse.“
Wie entstehen Wettervorhersagen und wie gut sind Wetter-Apps?
Wie entsteht eine Wettervorhersage? Weltweit messen Bodenstationen die aktuellen Wetterdaten – wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Niederschlagsmenge. Hinzu kommen Bojen, Schiffe, Wetterballone und Verkehrsflugzeuge. So sind fast alle Lufthansa-Maschinen mit Sensoren ausgestattet, die ihre Daten an den Deutschen Wetterdienst weitergeben. Zusätzlich können Satelliten in der Erdumlaufbahn erkennen, in welche Richtung sich Wolken bewegen. Diese Rohdaten werden von verschiedenen Wetterdiensten gesammelt – in Offenbach etwa betreibt der Deutsche Wetterdienst ein Rechenzentrum, das mit Daten gefüttert wird. Computer und Meteorologen analysieren gemeinsam, welche Vorhersage veröffentlicht wird. Pro Jahr werden rund 90 000 Vorhersagen und 25 000 Unwetterwarnungen veröffentlicht.
Wie gut sind Wetter-Apps? Die vorinstallierten Wetter-Apps eignen sich nur bedingt für eine präzise Vorhersage für Europa, da bei diesen auf amerikanische Wettermodelle zurückgegriffen wird. Deutlich bessere Ergebnisse liefern nach Meinung von Stiftung Warentest die Apps von „Weather Pro“ und „Wetter.info“. Die Prognosen von Wetter.com, Wetter.de und Wetter Online sind nur geringfügig schlechter. Doch auch die Testsieger haben Nachteile: Sie liefern zwar einen guten Wetterbericht, geben aber private Nutzerdaten weiter, die für die Funktion des Programms gar nicht nötig wären.Teils senden sie unnötigerweise die Geräte-Identifikationsnummer – auch an Drittfirmen. Die automatische Standorterkennung mittels GPS ist zwar praktisch, wenn die Daten aber regelmäßig gefunkt werden, erlaubt das eine lückenlose Aufzeichnung der eigenen Aufenthaltsorte. Wer viel Wert auf Datenschutz legt, für den sind nur zwei getestete Wetter-Apps geeignet: Die auf iPhones vorinstallierte Wetter-App von Yahoo und die Wetter-Online-App.