Witterungsbedingt liegt auch die Erdbeerernte hinter dem Zeitplan der vergangenen Jahre zurück. Foto: Leif Piechowski

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nders als im vergangenen Jahr ist es in dieser Saison für Obst- und Gemüsebetriebe einfacher, Erntehelfer aus Osteuropa zu engagieren. Dafür sind die Testpflichten umfangreicher, und das Wetter sorgt für Probleme.

Marbach - Die Situation für Obstbauern und Landwirte aus Marbach und dem Bottwartal ist derzeit nicht ganz so katastrophal wie im vergangenen Jahr, als die Einreisebeschränkungen für Erntehelfer aus Osteuropa wegen der Corona-Pandemie teilweise zu echten Engpässen auf den Feldern geführt hatten. Zudem fielen Hotels und Restaurants als Abnehmer weg. „Die Einreise für unsere langjährigen Erntehelfer war einfacher als zuletzt. Dafür sind die Regeln und Vorgaben noch umfangreicher geworden“, erklärt Christian Melzheimer vom Obsthof Eisenmann in Marbach-Rielingshausen.

Anders als 2020 hätten die Erntehelfer nicht mit dem Flugzeug eingeflogen werden müssen, sondern hätten ihre Anreise in Eigenregie mit Bussen und Autos regeln können. Dafür sei der Bürokratieaufwand größer geworden, beklagt Christian Melzheimer. Bereits zu Hause in Polen und Rumänien hätten die Männer und Frauen einen Schnelltest machen und das Ergebnis per Smartphone nach Deutschland schicken müssen. Bei ihrer Ankunft in Rielingshausen seien sie erneut getestet worden, anschließend seien fünf Tage Arbeitsquarantäne vorgeschrieben gewesen. Erst nach einem weiteren Test hätten die Erntehelfer dann eingesetzt werden dürfen. „Das ist teilweise schwer zu vermitteln, zumal in Rumänien noch 20 Leute zusammen feiern dürfen“, erzählt Christian Melzheimer.

Auf Feldern wird in Gruppen gearbeitet

Rund 30 Erntehelfer sind auf den Feldern des Obsthofes Eisenmann aktiv, die meisten sind aus Rumänien und Polen und kommen seit vielen Jahren regelmäßig nach Rielingshausen. Untergebracht werden sie in verschiedenen Wohnungen, Familien zusammen, alle anderen einzeln. „Die Wohnungen sind deutlich komfortabler als meine frühere Stundenwohnung“, sagt Christian Melzheimer schmunzelnd. Auf den Feldern wird in Gruppen gearbeitet, auf Abstände muss geachtet werden.

Auch bei den Gebrüdern Grötzinger aus Brackenheim-Dürrenzimmern, die in Pleidelsheim Felder gepachtet haben, sind die Erntehelfer großzügig untergebracht. „Grundsätzlich können sie sich frei bewegen und leben nicht in einer Blase, aber wir haben ihnen geraten, ihren Radius so klein wie möglich zu halten“, erklärt Max Grötzinger. In geschlossenen Räumen und bei der gemeinsamen Fahrt im Auto sind Masken Pflicht.

Geringere Ernte beim Spargel und bei Erdbeeren

Mehr als die Organisation der Erntehelfer macht den Gebrüdern Grötzinger das Wetter zu schaffen. „Im April und im Mai war es deutlich kühler als zuletzt“, sagt Max Grötzinger. Die Ernte werde daher sowohl beim Spargel als auch bei Erdbeeren geringer ausfallen. „Bei Erdbeeren gab es am Muttertag einen echten Engpass, da waren sogar ausländische Früchte knapp“, hat er festgestellt.

Auch Jürgen Stirm vom gleichnamigen Obstbaubetrieb in Rielingshausen beklagt das Wetter. „Es war nicht nur zu kühl, sondern auch zu nass“, meint er. In den vergangenen Jahren habe man mit der Erdbeerernte teilweise schon im April anfangen können, jetzt seien die zwölf rumänischen Erntehelfer erstmals am vergangenen Wochenende auf den Feldern gewesen. „Wir könnten ein paar Tage Sonne gut gebrauchen“, sagt Jürgen Stirm.

Kein erhöhtes Ansteckungsrisiko

Auch auf dem Obsthof Eisenmann liegt man mit der Ernte zwei bis drei Wochen hinter dem Zeitplan der vergangenen Jahre zurück. „Allerdings war es in den vergangenen zehn Jahren im Mittel auch zu warm“, relativiert Christian Melzheimer. Dafür hätten die Erdbeeren jetzt eine „kräftige rote Farbe“.

Hinweise, dass unter den Erntehelfern in Marbach und im Bottwartal ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht, gebe es nicht, sagt übrigens Peter Widenhorn, der Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit beim Polizeipräsidium Ludwigsburg. Auf einem Spargelhof im niedersächsischen Diepholz war es vor ein paar Tagen zu einem Ausbruch gekommen, bei dem sich mehr als 100 Erntehelfer infiziert hatten. „Solche Fälle gab es hier noch nicht“, betont Widenhorn. Turnusmäßige Überprüfungen in den Unterkünften werde die Polizei nicht vornehmen. „Wenn wir aber Hinweise bekommen, gehen wir diesen natürlich nach“, unterstreicht Peter Widenhorn.