Nicht nur die Menschen frieren an diesem Frühlingstag in der Region Stuttgart. Foto: dpa

Schneeschauer, Straßenglätte, Nachtfröste: Kalte Polarluft erreicht ungebeten Stuttgart. Das gefällt weder den Bauern noch den Schaustellern auf dem Frühlingsfest.

Stuttgart - Überraschend kam er nicht, dafür aber heftig: Polare Kaltluft bescherte der Region am Dienstag einen Wintereinbruch mit teilweise starken Schneeschauern. Besonders auf den Höhenlagen rund um den Stuttgarter Talkessel wurde es immer wieder kurz weiß, es gab Straßenglätte. Richtig winterlich präsentierten sich Teile der Alb und des Schwarzwalds, vielerorts blieb es den ganzen Dienstag weiß. Im Allgäu und in den Nordalpen kamen bis zu 25 Zentimeter Neuschnee zusammen.

„Kurze Wintereinbrüche dieser Art sind für den April nicht ungewöhnlich“, erklärt Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst. Der Meteorologe gibt auch keine Entwarnung für die kommenden Tage. Die Niederschläge werden zwar deutlich weniger, die Sonne zeigt sich öfter, aber in den klaren Nächten wird es bitterkalt. „Auf den Fildern sind in der Nacht zu Donnerstag bis zu minus vier Grad Luftfrost möglich“, sagt der Meteorologe. Tagsüber wird es aber immer milder, am Freitag bis knapp 15 Grad, ehe am Samstag der nächste Schwall Polarluft anrauscht. Aprilwetter vom Feinsten eben.

Dämpfer für die Biergartenbetreiber

Die gerade eröffnete Biergartensaison bekommt also einen Dämpfer, als Alternative bleiben Besuche in Museen oder in Hallenbädern. Auch Radtouren sind bei diesen Temperaturen nicht erste Wahl, allerdings heißt das nicht, dass man auf Sport verzichten muss. In Bad Cannstatt beispielsweise gibt es die sogenannte Sprungbude, eine Halle in der Ziegelbrennerstraße, in der mehr als 80 Trampoline aufgebaut sind. „Wir haben 120 Plätze pro Stunde zur Verfügung und waren in der ersten Osterferienwoche sehr gut besucht“, sagen die Betreiber. Die Trainer verweisen darauf, dass zehn Minuten Springen etwa so viele Kalorien verbrennen würde wie eine halbe Stunde Joggen. Nach einem langen Winter passt dann wenigstens der Bikini wieder.

Mit großer Gelassenheit reagieren die Schausteller auf dem Wasen auf die Wetterwende: „Wir hatten schon im vergangenen Jahr 17 kalte, regnerische Tage, aber das Frühlingsfest ist ja keine Wochenendveranstaltung, sondern findet 23 Tage lang und an vier Wochenenden statt“, sagt Mark Roschmann, der Vorsitzende des Schaustellerverbands. Seine Kollegen hätten sich auf die Kälte eingestellt: „Die verkaufen Schirme, Schals und Glühwein.“

Die Wengerter bangen um ihren Ertrag

Eisig, so hoffen die Schausteller, werden die Karussell- und Achterbahnfahrten nicht ewig bleiben. Bis dahin aber muss Armin Weeber seine Heizung kräftig aufdrehen. „Wir haben unsere Heizung größer dimensioniert“, sagt der Wasenwirt, und verspricht: „Bei mir kann man ohne Jacke im Zelt verweilen.“

Die Wengerter bangen derweil um ihren Ertrag, auch Rainer Bubeck, der Rebschutzwart vom Collegium Wirtemberg: „Wenn jetzt nachts die Temperatur tatsächlich unter ein Grad minus fällt, werden die jungen Triebe abfallen. Insbesondere in windstillen Nächten bilden sich am Fuß der Weinberge Kaltluftseen.“ Zwar treiben die Rebstöcke laut dem Fachmann neu aus, „aber sie werden dann keine Blüten mehr ansetzen“. Keine Blüten, keine Trauben: „Wir befürchten Ernteeinbußen.“ Verschärft wird die Situation, weil die Reben wegen der Wärme ihrer Zeit schon zwei Wochen voraus sind.

Die Obstbäume hatten aus demselben Grund ebenfalls schon kräftig angesetzt. „Ein Spätfrost auf den Austrieben wäre jetzt sehr schädlich“, sagt Gärtnermeister Eberhard Jung. Er hat etliche Bäumchen, auch Kiwis und Hortensien, ins Gewächshaus gebracht, „und meine Aprikosen habe ich mit Flies eingewickelt wie Verpackungskünstler Christo den Reichstag“, sagt der Vorsitzende des Hedelfinger Gartenbauvereins. Lediglich um die Bienen muss man sich nicht sorgen, versichert Annette Schroeder von der Landesanstalt für Bienenkunde: „Entweder sie haben noch Winterfutter, oder sie zehren das auf, was sie in den warmen Tagen schon eingetragen haben.“ Für Leckermäuler bleibt dann allerdings weniger Honig übrig.