Laden zu vermieten: In der Einkaufslandschaft der Esslinger Oststadt tun sich immer wieder Lücken auf. In der Weststadt ergeben sich solche Gelegenheiten dagegen eher selten. Foto: Leif Piechowski

Durch die Esslinger Innenstadt geht ein Riss: Während sich der Westen mit der Aufsiedlung der Weststadt und des Hengstenberg-Areals prächtig entwickelt, fürchten Einzelhändler im Osten, abgehängt zu werden.

Esslingen - Im Westen viel Neues – diese Parole hört man in Esslingen immer häufiger. Gemeint ist damit nicht nur die Entwicklung des Güterbahnareals in der Weststadt, sondern auch neue Einkaufslagen in Stuttgart. So sieht es jedenfalls Alexander Kögel, Vorstandssprecher der Einzelhändler-Initiative City in Esslingen. Allein das Areal, das hinter dem Stuttgarter Bahnhof frei werde, entspreche der Fläche des gesamten Einzelhandels in Esslingen.

Dieser Aspekt beunruhigt die Fachgeschäfte in den Haupteinkaufsmeilen Esslingens – Bahnhofstraße und Pliensaustraße – zwar wenig. Nordöstlich dieser Achsen aber liegt die eigentliche Altstadt mit kleinteiligen Strukturen. „Diese Gassen sind das prägende Merkmal unserer Stadt“, sagt Kögel, „wir sollten deshalb unser besonderes Augenmerk darauf legen.“ Und Michael Metzler, Chef der Esslinger Stadtmarketing- und Tourismus GmbH (EST), verweist auf 800 Denkmale auf engstem Raum: „Ein solches Alleinstellungsmerkmal hat keine andere Stadt.“

Das sieht die Stadtverwaltung ebenso und unterstützt die Aufwertung der Altstadt. Längerfristig soll vor allem die Ritterstraße am Tor zur östlichen Altstadt neu gestaltet werden. Und auch die Maille-Kreuzung soll ein neues Gesicht bekommen – als ansprechende Visitenkarte für alle Gäste, die auf der Vogelsangbrücke nach Esslingen hineinfahren.

Strategische und funktionale Maßnahmen

Größere bauliche Umgestaltungen seien wegen der finanziellen Situation aber zurzeit nicht machbar, sagt der Sprecher der Stadt, Roland Karpentier. Das Planungsamt werde derweil strategische und funktionale Maßnahmen begleiten. Die sind für das nächste Jahr geplant und sollen zunächst vor allem von den Betroffenen selbst sowie von Experten erarbeitet werden.

Konkret geht es um vier Quartiere im Bereich Marktplatz, Ritterstraße/Rathausplatz, Webergasse und Küferstraße/Blarerplatz. Citymanager Sven Seuffert-Uzler verschickt dazu noch diese Woche an 200 Hauseigentümer und 150 Unternehmer einen dreiseitigen Fragebogen. Die Befragten sollen eine allgemeine Einschätzung der Situation im Esslinger Osten abgeben, aber auch ganz konkret mitteilen, ob sie ihr Haus verkaufen möchten oder eher in das Gebäude investieren möchten. Die Adressaten werden schließlich auch gefragt, ob und wie sie sich in den Prozess einbringen wollen – ideell, finanziell oder gar nicht.

Bei der Aufarbeitung der Fragen hat die EST sich Unterstützung von der CIMA, Institut für Regionalwirtschaft, geholt. Die hat ähnliche Projekte bereits in anderen Städten betreut – in Berlin-Spandau, Bad Schwartau, Forchheim, Immenstadt und Nidda. EST und City wollen auf diese Weise erfahren, wie die Händler das Konsumklima in der Zukunft einschätzen. Sie wollen aber auch mehr über die dortigen Immobilien erfahren und was ihre Eigentümer damit in Zukunft planen. Bis Ende des Jahres werden die Ergebnisse dann in zwei Workshops wiederum mit den Vertretern aus dem Quartier diskutiert. Anfang 2013 sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden und in einer Zukunftswerkstatt Maßnahmen entwickelt werden.

„Die Händler müssen sich selbst Gedanken machen und ihr eigenes Engagement verstärken“

Natürlich werde es spannend sein, wie die Politik mit diesem Strategiepapier umgeht, so der Stadtsprecher Roland Karpentier. Große Hoffnungen auf städtische Leistungen dürfen sich die Betroffenen aber nicht machen: „Die Händler müssen sich selbst Gedanken machen und ihr eigenes Engagement verstärken“, sagte Karpentier am Dienstag. Der Standort an sich sei ausgezeichnet, auch durch eine Reihe wichtiger kultureller Einrichtungen als Magnet, wie die Württembergische Landesbühne (WLB), das Stadtmuseum und die Stadtbücherei. Ein Ansatz könne sein, die Straßengemeinschaft insgesamt besser zu vermarkten.

Ebenfalls positiv auf den Standort wirkt sich bereits die neue Nutzung des alten Feuerwehrhauses aus: Dort sind ein Bioladen und eine Bäckerei eingezogen. Das gleicht aber noch nicht die Abwertung aus, die die östlichen Altstadt bereits vor Jahren durch den Umzug von C & A erfahren hat. Das Bekleidungsunternehmen ist damals nur wenige Meter weiter gezogen – Richtung Westen. Es hat sich für das Einkaufszentrum Das ES an der Nahtstelle zur Weststadt entschieden.