Erstmals ist die West-Nil-Erkrankung beim Menschen nachgewiesen (Symbolbild). Foto: dpa/Andreas Lander

Das West-Nil-Virus ist seit 2018 bei Tieren in mehreren Bundesländern nachgewiesen worden. Dass Stechmücken dafür sorgen, dass auch Menschen erkranken, galt als Frage der Zeit. Nun ist der erste Fall dokumentiert.

Berlin - Erstmals ist eine durch Mücken in Deutschland übertragene West-Nil-Infektion beim Menschen nachgewiesen geworden. „Die Person aus Sachsen war an einer Gehirnentzündung erkrankt, wurde im Klinikum St. Georg in Leipzig behandelt und ist inzwischen wieder genesen“, teilten mehrere Institutionen, darunter das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin, am Freitag mit. In Deutschland war das Virus bis auf den Fall eines Tierarztes in Bayern zuvor nur bei Reiserückkehrern nachgewiesen worden. Dieser steckte sich bei der Untersuchung eines Vogels an.

In der betroffenen Region in Sachsen war der Erreger bereits bei mehreren Tieren nachgewiesen worden, wie es hieß. Nun erkrankte demnach ein 70-Jähriger „mit ländlichem Wohn- und Arbeitsort“, der zuvor nicht ins Ausland gereist war und keine wesentlichen Vorerkrankungen hatte. „Das Risiko weiterer Fälle nimmt derzeit ab, da die Zahl der Mücken im Herbst zurückgeht“, erklärte RKI-Präsident Lothar Wieler. In den kommenden Sommern sei jedoch mit weiteren West-Nil-Infektionen zu rechnen.

Von heimischen Stechmücken übertragen

Für Menschen gibt es bislang keinen Impfstoff. Die Virus-Erkrankung verläuft nach Angaben des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) in Hamburg beim Menschen in circa 80 Prozent der Fälle ohne Symptome. Bei knapp 20 Prozent sei der Verlauf mild, Patienten hätten unspezifische Symptome wie Fieber oder Hautausschlag. Schwerere und tödliche Verläufe seien sehr selten und träfen in der Regel ältere Menschen mit Vorerkrankungen, hieß es vom RKI.

Das ursprünglich aus Afrika stammende Virus kann von bestimmten heimischen Stechmücken übertragen werden. In nördlichere Gefilde gelangte es durch Zugvögel und Stechmücken. Offenbar hätten die ungewöhnlich warmen Sommer der vergangenen beiden Jahre dazu beigetragen, dass sich das Virus nördlich der Alpen etablierte, so Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut.

Seit 2018 ist der Erreger bereits in mehreren Bundesländern bei Vögeln und Pferden nachgewiesen worden. Das Friedlich-Löffler-Institut (FLI) registrierte 2019 bisher elf Fälle bei Pferden und 44 bei Vögeln. Die Funde in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Berlin und Hamburg in diesem Jahr zeigten an, dass das Virus in Teilen Deutschlands überwintert habe und wie schon im Jahr zuvor zwischen Mücken und Vögeln zirkuliere, heißt es in einem RKI-Bericht.

Erste Nachweise bereits vor Jahrzehnten

Erste Nachweise des Virus in Europa gab es schon vor Jahrzehnten, größere Erkrankungswellen werden aber erst seit einigen Jahren registriert. 2018 erfasste die europäische Gesundheitsbehörde ECDC vor allem in südlichen Ländern wie Italien, Griechenland, Rumänien, Ungarn und Kroatien rund 2000 Infektionen - mehr als in den sieben Jahren davor zusammengenommen. Rund 180 Menschen starben, zumeist ältere mit Vorerkrankungen. In der Übertragungssaison 2019 liegen die registrierten Fallzahlen bisher deutlich darunter.

Das West-Nil-Virus hat sich rasch über fast alle Erdteile ausgebreitet. Erstmals wurde es 1937 in der Region West Nil in Uganda nachgewiesen, später in anderen Ländern Afrikas und Asiens. In den 1990er-Jahren schaffte es den Sprung über den Atlantik. Im Sommer 2002 erlebte die USA eine erste größere Epidemie mit über 4000 Erkrankten und 250 Todesfällen.