Siegfried Mistele mit einem Bogen, bei dem auf vier Marken das BW-Post-Zeichen fehlt Foto: Florian Gann

Seit Dezember gibt es Briefmarken mit Sindelfinger Motiven. Für Sammler seien sie nicht interessant, erzählte uns ein Experte damals. Sie haben allerdings Fehler – und ausgerechnet das macht sie zu etwas Besonderem.

Böblingen - Eine misslungene Zahnung am Rand, ein falscher Aufdruck, fehlende Buchstaben – immer wenn eine Marke aus einer Serie aus der Reihe fällt, rückt sie in den Blick von Sammlern. So war das auch bei der Blauen Mauritius. Sie ist der Inbegriff der wertvollen Sammler-Briefmarken und erst durch einen mutmaßlich falschen Aufdruck auf Teilen der Serie zu etwas Wertvollem geworden. Das ist nun auch bei einer der Sindelfinger Marken passiert. Aber von vorne.

Die Marke, die eigentlich nichts Besonderes ist

Die drei Sindelfinger Marken der Stuttgarter BW Post sind seit 9. Dezember 2019 erhältlich. Eine zeigt den Sindelfinger Klostergarten, eine thematisiert die Sindelfinger Wissenstage, und die dritte appelliert mit der Aufschrift „Sindelfingen isch mei Heimat“ an Heimatgefühle. Eigentlich wollte sich Siegfried Mistele keine der Briefmarken kaufen. „Weil mich alle drei nicht so richtig ansprechen“, sagte Mistele. Dazu seien Marken von privaten Postanbietern in der Regel weniger interessant für Sammler, zu groß ist das Angebot.

Wenige Tage nach dem Gespräch kam ein E-Mail in die Redaktion: Er habe nun doch einige der Marken gekauft, schrieb Mistele, Briefmarkensammler aus Leidenschaft und der Chef der Sindelfinger Ortsgruppe der Württemberger Philatelisten – so heißen die Briefmarkensammler. Warum er doch zugeschlagen hat? „Nicht, weil sie schön ist, sondern weil es die erste Sindelfinger Marke ist“, sagte Mistele. Er erwartete trotzdem nicht, etwas Besonderes in den Händen zu halten. Dann, bei einem Tauschabend der Briefmarkensammler, hat sich das Blatt gewendet.

Beim Sammlertreffen passiert „etwas Sensationelles“

Dieser Abend schien zu verlaufen wie zig andere davor: Briefmarken wurden vorgestellt, besprochen, getauscht. Als sich schon einige anschickten, nach Hause aufzubrechen, warf Misteles Tischnachbar Ewald Waldener – selbst ehemaliger Auktionator mit geschultem Blick – einen Blick auf die Sindelfingen-Briefmarken. „Da fehlt doch was“, sagte er.

Siegfried Mistele besaß die Marken schon mehrere Wochen, und kein Fehler war ihm aufgefallen. Und auch jetzt dauerte es noch ein paar Sekunden, dann sah er es: Auf einer war der BW-Post-Schriftzug, diese nur wenige Millimeter großen Buchstaben – auf der anderen nicht. Auf Misteles Bögen fehlt jeweils bei vier von zehn Marken der BW-Post-Schriftzug – und das macht diese kleinen Stücke aus filigranem Papier mit Sindelfinger Motiven interessant für Sammler. Es sei noch nie vorgekommen, dass bei einem ihrer Treffen jemand einen Fehler entdeckt habe, sagte Mistele. Das ist ein besonderer Moment für Sammler. „Aus Sindelfinger Perspektive ist das etwas Sensationelles“, kommentierte der 74-Jährige später.

Die Auktion wird den Wert der Marke zeigen

Den Wert einer Blauen Mauritius werden die Sindelfinger Briefmarken natürlich nie erlangen, aber der Vergleich macht die Bedeutung von Fehlern verständlich. Genau 100 Stück dürften den Fehler haben, 28 davon besitzt Mistele, etwa 50 dürfte die BW Post vom Markt genommen haben, eine Anfrage zu dem Thema bei dem Unternehmen blieb aber bis Redaktionsschluss unbeantwortet. „Es ist keine Weltrarität“, sagt Misteler. Trotzdem will er sein Glück bei einem Versteigerungshaus versuchen. Was dabei rauskommen wird? „Keine Ahnung“, sagt Mistele. Er wird es einfach mal versuchen.