Auch für Erwachsene gibt es Kurse, in denen sie die Angst vor dem Wasser verlieren und richtig schwimmen lernen. Foto: dpa

Nach Schätzung des DLRG können etwa 30 Prozent der Menschen nicht oder nur schlecht schwimmen. Die Ursachen: Geschlossene Bäder, mangelnde Aufmerksamkeit und fehlende Lehrer.

Stuttgart - Es ist mal wieder richtig Sommer. Nach der Abkühlung in der vergangenen Woche steigen die Temperaturen endlich wieder auf mehr als 30 Grad. Viele werden die Sonnenstrahlen nutzen und sich an Badeseen und in den Freibädern tummeln.

Doch fröhliches Planschen ist alles andere als ungefährlich, warnen Schwimmverbände die Politiker. Etwa 30 Prozent der Menschen in Deutschland können nach Schätzung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) gar nicht oder nur schlecht schwimmen. Vor allem Kinder können immer seltener richtig, also sicher schwimmen. Wirft man einen Blick auf die Zahl der Nichtschwimmer unter den Abgängern der Grundschule, können sich 50 Prozent nicht sicher über Wasser halten, sagt Hans-Peter Eckstein, Sprecher des DLRG-Landesverbands Baden-Württemberg. Die Grundschüler haben akuten Nachholbedarf, was ihre Schwimmkünste betrifft. Ursachen hat das viele.

Doch was heißt eigentlich „sicher schwimmen“? Während die Politik oft das Seepferdchen und das klassische Schulschwimmen als Aushängeschild für Sicherheit im Wasser bezeichnet, sind die Schwimmverbände anderer Meinung: Erst ab dem Bronze-Abzeichen könnten Schwimmer als sicher und selbstständig eingestuft werden.

580 Bäder in Deutschland stehen vor der Schließung

Der Trend, dass immer weniger Menschen richtig schwimmen lernen, wird sich in Zukunft wohl weiter verschärfen. Dass der Schwimmunterricht in einigen Regionen vermehrt ausfällt und in den Hintergrund rückt, liege mitunter an der sinkenden Zahl der Schwimmstätten, sagt Susanne Pohl, Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Bundesweit sind laut DLRG zwischen dem 1. Juli 2007 und dem 31. Dezember 2014 insgesamt 320 Hallen- und Freibäder geschlossen worden. Während die Anzahl an Spaßbädern zunähme, schlössen immer mehr Bäder, die für Schwimmunterricht genutzt werden könnten, so Pohl. Aktuell sind rund 580 Bäder in Deutschland von der Schließung bedroht.

„Es ist die wesentliche Aufgabe der Politik, Schwimmunterricht stattfinden zu lassen und das Thema zum Gegenstand öffentlicher Diskurse zu machen“, sagt Eckstein von der DLRG Baden-Württemberg. Auch die finanziellen Fördermittel für den Erhalt von Schwimmbädern oder den Transfer zu entsprechenden Anlagen, die Ausbildung der Lehrkräfte sowie die Gewährleistung eines regelmäßigen Schwimmunterrichts sieht Eckstein in der Verantwortung der Regierenden.

Klar ist: Es besteht Handlungsbedarf. „Wer nicht regelmäßig schwimmt, der wird sich im Wasser immer schwertun und sich Gefahren aussetzen – egal ob am örtlichen Baggersee, im Freibad oder beim Badeurlaub am Meer“, sagt Kultusminister Andreas Stoch (SPD).

Schwimmkurse sind oft ausgebucht

Das Land will daher nun erste Schritte einleiten: Minister Stoch stellte vor wenigen Tagen ein Konzept zur Verbesserung der Schwimmfähigkeit von Grundschülern vor. Das Programm „Schwimmfix“ soll dazu beitragen, dass Schwimmlehrer aktiver auf die Schüler eingehen und ihnen in Kleingruppen die Angst vor dem Wasser nehmen. Das fordert auch die Stuttgarter Schwimmlehrerin Sera Kiris. Schritt für Schritt müsse man Kinder an ein sicheres Schwimmgefühl heranführen. In ihren bewusst klein gehaltenen Kursen seien oft Kinder, die in der Schule Misserfolge erlebt haben, dort aber nicht die Möglichkeit hatten, mit ihrem Können aufzuholen, berichtet sie.

Sowohl die Kurse der DLRG als auch die von Schwimmlehrerin Kiris sind nach eigenen Angaben oft schnell ausgebucht. Aber nicht nur Kinder haben oft Probleme, sich im Wasser sicher zu bewegen. In vielen Gemeinden bieten Bäder inzwischen Erwachsenen-Schwimmkurse an. Doch die Teilnehmer müssen oft lange mit sich ringen. „Viele trauen sich nicht zuzugeben, dass sie nicht schwimmen können“, sagt DLRG-Sprecher Achim Wiese. Dazu kommt eine steigende Zahl von Einwanderern, in deren Heimatländern Schwimmen keine Tradition hat.

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Schwimmabzeichen

Seepferdchen: Für das Frühschwimmer-Abzeichen, allgemein Seepferdchen genannt, muss man vom Beckenrand ins Schwimmbecken springen und 25 Meter am Stück schwimmen. Außerdem muss man in der Lage sein, einen Gegenstand mit den Händen aus schultertiefem Wasser zu holen. Diese Regeln gelten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Wobei Erwachsene nicht das Seepferdchen, sondern ein Schwimmzeugnis erhalten.

Freischwimmer: Die Prüfung für den Freischwimmer, auch Deutsches Jugendschwimmabzeichen Bronze genannt, besteht aus einem praktischen und einem theoretischen Teil, der Kenntnis der Baderegeln. Die praktische Prüfung umfasst folgende Elemente: 200 Meter Schwimmen in weniger als 15 Minuten. Heraufholen eines Gegenstands von der Wasseroberfläche aus zwei Meter Tiefe. Sprung aus einem Meter Höhe oder Startsprung (Kopfsprung).

Jugendschwimmabzeichen Silber: Hierfür muss man 400 Meter Schwimmen in höchstens 25 Minuten, davon 300 Meter in Bauchlage und 100 Meter in Rückenlage. Außerdem muss zweimal ein Gegenstand aus zwei Meter tiefem Wasser heraufgeholt und zehn Meter im Streckentauchen zurückgelegt werden. Auch ein Sprung aus drei Meter Höhe gehört zur Prüfung sowie die Kenntnis der Baderegeln.

Jugendschwimmabzeichen Gold: Die Prüfung für das Gold-Abzeichen beinhaltet 600 Meter Schwimmen in höchstens 24 Minuten, 50 Meter Brustschwimmen in höchstens 70 Sekunden. Außerdem 25 Meter Kraulen, 50 Meter Rückenschwimmen mit Grätschschwung ohne Armtätigkeit oder Rückenkraulschwimmen und 50 Meter Transportschwimmen (schieben oder ziehen). Dreimal muss ein Gegenstand aus zwei Meter Tiefe innerhalb von drei Minuten geholt und 15 Meter im Streckentauchen zurückgelegt werden. Auch der Sprung aus drei Meter Höhe gehört dazu sowie die Kenntnis der Baderegeln und über die Hilfe bei Bade-, Boots- und Eisunfällen.

Informationen zu Schwimmkursen: Infos zu Schwimmkursen – auch für Erwachsene – gibt es in den meisten Städten bei den städtischen Bädern. In Stuttgart unter www.stuttgart.de/baeder/schwimmkurse. (StN)