Wenn das Kind hohes Fieber hat, ist Vorsicht angesagt. Foto: dpa/Christin Klose

Kinderarztpraxen und -kliniken sind derzeit wegen Atemwegserkrankungen überlastet. Was hilft Eltern mit kranken Kindern jetzt weiter?

Das Kind hustet und fiebert. Die Temperatur ist hoch wie selten. Die Telefonleitungen beim Kinderarzt sind belegt, die Notaufnahmen überfüllt. Eltern, deren Nachwuchs von der Welle der heftigen Atemwegsinfekten erfasst ist, sind verunsichert: Wo können sie trotz der Überlastung im kindermedizinischen Bereich Unterstützung erhalten? Das sagen Experten.

Was sollen Eltern jetzt mit ihren kranken Kindern tun?

Derzeit hilft Geduld und Verständnis für die angespannte Lage, sagt Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands für Kinder- und Jugendärzte. „Grundsätzlich ist es normal, wenn ein Kind, das älter als ein Jahr ist, aufgrund eines Infekts vier Tage Fieber und Symptome wie Husten und Schnupfen hat.“ Sollte das Fieber auch nach Tagen gleichbleibend hoch sein oder handelt es sich bei dem erkrankten Kind um ein Baby, sollten Eltern bei einem Kinderarzt vorstellig werden – auch wenn das derzeit mit einem erheblichen zeitlichen und logistischen Aufwand verbunden ist, rät der Arzt Maske.

Wann wird aus einer fiebrigen Erkältungskrankheit ein medizinischer Notfall?

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BvKJ) gibt folgende Alarmsignale vor: Ein kleines Kind unter einem Jahr hat hörbar Schwierigkeiten beim Atmen. Die Atmung ist also schneller und insbesondere beim Ausatmen zeigt sich ein pfeifendes, knisterndes oder zischendes Geräusch. Ärzte nennen das Giemen. „Auch wenn ein Kind lethargisch ist und nur unzureichend trinkt, sollten Eltern beim Kinderarzt oder einer Notfallambulanz vorstellig werden“, sagt Jakob Maske, Sprecher beim BvKJ.

Können Eltern mit kranken Kindern zur Not auch zu Hausärzten wechseln?

„Davon würde ich abraten“, sagt Jakob Maske. Kinder seien schließlich keine kleinen Erwachsenen und müssen demnach auch medizinisch anders versorgt werden. Beim Hausärzteverband sieht man das anders: „In vielen Hausarztpraxen, vor allem in ländlichen Regionen, werden auch Kinder und Jugendliche versorgt“, sagt Sprecher Vincent Jörres. Die Hausärzte spürten daher die aktuelle Infektionswelle bei Kindern und Jugendliche ebenfalls in ihren Praxen. Man arbeite eng zusammen mit Kinderärzten und versuche, gerade „in so kritischen Zeiten wie aktuell“ die Versorgung sicherzustellen.

Bayerns Gesundheitsminister schlägt vor, auf ärztliche Atteste für Kita oder Schulen zu verzichten, um die Praxen zu entlasten. Könnte das Kinderärzten mehr Kapazität bringen?

Die Atteste brauchen die Eltern nicht für die Schule, sondern für eine Befreiung von der Arbeit. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat hierzu erklärt, dass telefonische Krankschreibungen bei Kinderärzten weiter möglich bleiben werden: „Somit können Eltern zu Hause bleiben, müssen nicht in die Praxis kommen, um die Krankschreibung vornehmen zu lassen, sodass dann auch Krankengeld für Kinder gezahlt werden kann“, sagte Lauterbach. Ausdrücklich werde auch telemedizinische Beratung angeboten und sei für Praxen nicht begrenzt.

Wie lange können Eltern wegen eines kranken Kindes von der Arbeit fernbleiben?

Gesetzlich krankenversicherte Eltern können in den Jahren 2022 und 2023 je Kind im Alter bis zu zwölf Jahren für 30 Arbeitstage (Alleinerziehende für 60 Arbeitstage) Kinderkrankengeld beantragen. Bei mehreren Kindern besteht der Anspruch je Elternteil für bis zu 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende bis zu 130.

Was können Eltern vorbeugend tun, damit Kinder vor Erkältungen verschont bleiben?

Kinder sind häufiger krank als Erwachsene. Bis zu acht Infektionen im Jahr sind bei den Kleinen völlig normal – insbesondere während der Kindergartenzeit. Um diese Zeit gut zu überstehen und schnell wieder auf die Beine zu kommen, hilft es Kindern, wenn sie sich viel an der frischen Luft bewegen, sagt Jakob Maske. Auch eine gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf stärkt die Abwehr.

Welche einfachen Mittel helfen Kindern, Atemwegsinfekte zu Hause auszukurieren?

Von Brustwickeln, Hustensäften und Co. hält der Kinderarzt Jakob Maske nicht allzu viel. „Wichtiger sind Schlaf, frische Luft und viel trinken“, sagt er. Damit die Nächte für den kranken Nachwuchs erholsam sind, können abschwellende Nasentropfen helfen. „Allerdings sollte man auch hier vorsichtig sein und die Nasentropfen nur in Maßen verwenden, weil diese Mittel die Schleimhäute auch austrocknen können.“

Wie es zu Engpässen in Kinderkliniken kommt

Fallpauschale
 Die Kinderkliniken sind in diesem Winter überlastet. Das liegt auch am Fallpauschalensystem, warnt die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Kinder- und Jugendärzte müssen viel mehr kommunizieren – mit den Kindern und auch mit den Eltern. Das wird aber in den Fallpauschalen kaum abgebildet. Stattdessen seien die Kinderkliniken nicht angemessen finanziert worden, mit der Folge, dass ein dramatischer Abbau der Betten hingenommen worden sei.

Bürokratie
 Zu wenige Pflegekräfte, immer mehr Vorgaben und zu viele Dokumentationsverpflichtungen führen dazu, dass in Kliniken dringend mehr Personal benötigt wird. Dies alles wirkt sich auf die medizinische Versorgung der Kinder aus, warnen die Ärzte: Sechs bis sieben Stunden Wartezeit seien aktuell in manchen Notaufnahmen keine Seltenheit, sagt etwa der DGKJ-Präsident Jörg Dötsch.