Das in der Feuerwehrzufahrt geparkte Auto ist Manuel Maier vom Wendlinger Ordnungsamt per SMS gemeldet worden. Foto: Ines Rudel

In der Stadt Wendlingen wird bis zum Ende des nächsten Jahres ein Funksystem getestet, das unter anderem Feuerwehrzufahrten und den Füllstand von Müllbehältern überwacht. Damit gilt die Kommune versuchsweise als Smart City.

Wendlingen - Der weiße Kombi der EnBW parkt rücksichtslos mitten in der Feuerwehrzufahrt vor der Wendlinger Gartenschule in der Bismarckstraße. Manuel Maier vom städtischen Ordnungsamt ist jedoch schnell zur Stelle, um die Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Er hat den Verkehrssünder nicht etwa im Zuge eines Rundgangs ertappt, sondern ihm wurde das dort sträflich abgestellte Fahrzeug per SMS auf seinem Smartphone gemeldet. Ein auf den Asphalt gepflanzter Sender hat die Informationen weiter gegeben. Die Szene ist in diesem Fall gestellt, um die Funktionsweise eines mit Sensoren bestückten Funknetzes zu demonstrieren, das zurzeit in einer Pilotphase in Wendlingen getestet wird. Sehr zur Freude des Bürgermeisters Steffen Weigel (SPD), denn die Technik kann noch mehr: sie zeigt unter anderem volle Mülleimer, defekte Straßenlaternen und offen stehende Brandschutztüren an.

„Effizienter und bürgerfreundlicher“

Die Netze BW, der Netzbetreiber des Energieversorgers EnBW, testet diese Technik zurzeit gemeinsam mit ihrem Kooperationspartner Minol-Zenner in den beiden Kommunen Wendlingen und Magstadt (Landkreis Böblingen). Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel ist sehr angetan davon, dass seine Stadt zunächst probeweise als Smart City – clevere Stadt – auserkoren wurde. Denn er sieht schon jetzt die Vorteile der Technik, die die Verwaltung „effizienter und bürgerfreundlicher“ arbeiten lasse. Beispielsweise müssten die Mitarbeiter nicht unter großem Zeitaufwand alle Müllbehälter oder die Feuerwehrzufahrten im Stadtgebiet kontrollieren. Per E-Mail oder mit einer SMS würden sie nur dann informiert, wenn es gelte zu handeln. „In der Zeit, die sie dadurch sparen, können sie andere wichtige Dinge erledigen.“ Denkbar wäre laut Weigel auch, durch die Sensortechnik beispielsweise Verkehrszählungen „relativ einfach und kostengünstig“ durchzuführen oder wenig frequentierte Wege nur dann zu beleuchten, wenn der Sensor einen Radfahrer oder Fußgänger meldet.

Als das Thema im Gemeinderat diskutiert worden sei, hätten sich die ersten Fragen freilich auf mögliche Verletzungen des Datenschutzes und eventuelle Gesundheitsgefährdungen durch Strahlenbelastung bezogen, sagt Steffen Weigel. Doch er stellt klar, es handle sich dabei nicht um Überwachungsmaßnahmen der Bürger. Es würden keinerlei personenbezogene Daten erhoben. Zudem entspreche die Strahlung lediglich jener „eines Garagentoröffners“, beteuert Henry Awodumila von der Netze BW. Stefan Kolodzeike von der Firma Minol-Zenner bestätigt, dass die Belastung minimal sei, da es sich bei der Signalgebung nur um kurze Funkübertragungen und geringe, festgelegte Sendeintervalle handle. Die Strahlungsintensität sei damit geringer als bei Bluetooth oder WLAN.

Als Pilotkommune „von Anfang an dabei“

Auch Herrenberg (Kreis Böblingen) und Reutlingen haben bereits Schritte hin zu Smart Citys unternommen. Laut Dagmar Jordan, der Sprecherin der Netze BW, meldeten in Reutlingen die Sensoren beispielsweise überfüllte Mülleimer über das Mobilfunknetz. In Herrenberg, Wendlingen und in Magstadt werde hingegen mit einem eigenständigen und geschlossenen Funknetz gearbeitet. Laut Stefan Kolodzeike sind dafür in Wendlingen sechs Empfänger, sogenannte Lora-Gateways (Long Range), installiert worden. Diese nehmen über das Netz LoRaWAN (Long Rage Wide Area Network) die Signale der Sensoren auf und geben diese an die Smartphones der für den jeweiligen Bereich zuständigen Mitarbeiter weiter.

Der Bürgermeister Steffen Weigel ist froh, dass die Stadt als Pilotkommune „von Anfang an dabei“ sei und ihre Vorstellungen mit einbringen könne. Zudem entstünden keine Kosten während der noch bis zum Ende des kommenden Jahres dauernden Pilotphase. Der einzige Aufwand bestehe lediglich in der Zeit für die Workshops, in denen die Mitarbeiter geschult würden. Aber diese seien durch die neue Aufgabe und die aktive Beteiligung an dem Entwicklungsprozess durchaus motiviert.

Eine vielseitig einsetzbare Technologie

Internet of Things
Das Internet of Things (IoT) schafft die Basis für intelligente Vernetzung der technischen Infrastruktur von Stadtwerken und Kommunen. Die Bandbreite der Anwendungen reicht laut der Netze BW weit über den intelligenten Kühlschrank hinaus. Vor allem Kommunen und Unternehmen könnten davon profitieren.

Einsatzbereiche
Die Technologie kann nach Ansicht der Entwickler vielseitig eingesetzt werden: etwa als Warnsysteme an Wasserläufen, Kanälen und Regenrückhaltebecken oder als Hilfe für Hausmeister, um geöffnete Fenster und Türen in öffentlichen Gebäuden zu erkennen. Außerdem gibt es laut der Netze BW erste vielversprechende Versuche mit Parkleitsystemen auf Basis von LoRaWAN.