Foto: dpa

Ein 35-jähriger Asylbewerber steht wegen Mordversuchs vor dem Stuttgarter Landgericht. Der Mann soll im Juli in einer Flüchtlingsunterkunft seine Bettdecke angezündet haben. Der Angeklagte gilt als krank und soll in die Psychiatrie kommen.

Wendlingen - Die Tat hätte in eine Katastrophe münden können. Ein 35 Jahre alter Flüchtling muss sich seit Mittwoch vor dem Landgericht Stuttgart verantworten, weil er am 18. Juli in einem Asylbewerberheim in Wendlingen seine Bettdecke angezündet haben soll. Ein Rauchmelder hatte Alarm ausgelöst, sodass Mitbewohner die Flammen mit einem Feuerlöscher ersticken konnten.

In dem Zimmer entstand zwar nur ein geringer Schaden. Weil sich aber in dem zweistöckigen Gebäude aus Naturholz an diesem Abend noch mindestens fünf weitere Menschen aufhielten, lautet der Vorwurf auf versuchten Mord. Dabei geht die Staatsanwaltschaft davon aus, dass der Angeklagte wegen einer krankhaften seelischen Störung schuldunfähig ist. Laut der Anklage wäre die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angebracht.

Der Angeklagte schläft vor der Tat im Freien

Der aus Sri Lanka stammende Mann bestreitet die Vorwürfe nicht. Vor der 9. Schwurgerichtskammer schilderte der Angeklagte, was sich am 18. Juli abspielte. Gegen 18 Uhr begann der 35-Jährige Bier zu trinken. Vier Halbliterdosen sollen es bis zur Tat gegen 22.15 Uhr gewesen sein – diese Menge entspricht eigenen Angaben zufolge dem üblichen Quantum des Mannes. Hinzu kamen zehn Schmerztabletten, die er eingenommen habe.

Weil er an diesem Tag nicht in der Unterkunft hatte schlafen wollen, habe er sich im Freien hingelegt. Eine Polizeistreife habe ihn jedoch geweckt und ihn zu der in der Heinrich-Otto-Straße beim Bahnhof gelegenen Flüchtlingsunterkunft gebracht. Weil dort die Toilette verstopft gewesen sei, habe er zunächst das Pissoir beschädigt. Dann ging er auf sein Zimmer und schloss ab. Der 35-Jährige legte sich auf sein Bett, steckte mit einem Feuerzeug die Bettdecke in Brand und warf diese in der Absicht sich umzubringen neben sich auf den Boden. Dann schlug der Brandmelder Alarm.

Eine Stimme hat die Tat befohlen

„Ich habe das nicht freiwillig gemacht, eine Stimme hat das befohlen“, erklärte der Angeklagte im Gerichtssaal. Seit er in Deutschland ist, höre er vermehrt Stimmen. Am Tag der Tat habe die Stimme gesagt: „Du bist hier am falschen Ort“, er solle dorthin kommen, wo die Stimme lebt. Offenbar verstand er dies als Aufforderung zum Suizid. Im April war der 35-Jährige über einen Schlepper, dem er umgerechnet 15 000 Euro bezahlte, von Colombo zunächst nach Karlsruhe in die Landeserstaufnahmestelle gekommen. Am 26. Mai gelangte er schließlich nach Wendlingen.

Der Angeklagte, der inzwischen in der psychiatrischen Klinik in Weissenau (Kreis Ravensburg) betreut wird, leidet unter Ängsten. Eine davon ist, in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Von dort war der Tamile aufgrund der Nachwirkungen des Bürgerkriegs zwischen der sri-lankischen Armee und den tamilischen Rebellen geflohen. Das Militär habe ihn zwei Mal interniert und auch gefoltert.

Zwar schweigen in dem Land seit sechs Jahren die Waffen. Doch der Konflikt brodelt weiter und die Kriegserlebnisse „machen mich immer noch fertig“, sagt der Mann. Zu ihm sprächen sowohl Männer- als auch Frauenstimmen. Manchmal höre er auch Schreie von Kindern.