„Schulstreik für das Klima“ – steht auf dem Plakat, das die mittlerweile für ihre Aktion weltbekannte 16-jährige Schwedin Greta Thunberg hochhält. Um das Klima zu schonen, hat sie den Zug nach Davos genommen – eineinhalb Tage dauerte die Fahrt. Foto: Keystone

Promis wie der britische Prinz William und auch Aktivisten wie die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg setzen sich öffentlichkeitswirksam auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos für mehr Klimaschutz ein. Und die junge Schwedin nimmt für die Reise viel auf sich.

Davos - Die Eiskugel, die Jeremy Wilkinson sich ans Ohr hält, ist tausend Jahre alt. Sie stammt aus einer Tiefenbohrung am Südpol. Wenn sie schmilzt, hört man deutlich das Aufploppen der kleinen Luftblasen, die in der gefrorenen Kugel eingeschlossen waren. Wilkinson, Klimaforscher aus Cambridge, Großbritannien, und seine internationalen Kolleginnen und Kollegen können die Luft aus den kleinen Bläschen analysieren und erfahren dadurch, wie sich die Zusammensetzung der Erdatmosphäre verändert. Jetzt sitzt er in einem Zelt beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos, das Arctic Basecamp genannt wird.

Der Klimawandel ist eines der großen Themen beim diesjährigen WEF in Davos. Es gibt Dutzende Podiumsdiskussionen und Aufrufe dazu, wie sich der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid rechtzeitig reduzieren lässt. Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan kritisierte die Organisatoren und Politiker dennoch, dass zu wenig passiere. Am Mittwoch, dem zweiten Tag des Kongresses, wurde auch die schwedische Aktivistin Greta Thunberg in Davos erwartet, die Schülerinnen und Schüler zu Unterrichtsstreiks wegen des Klimawandels aufruft.

Expeditions-Atmosphäre in Davos

Das Basecamp in Davos besteht aus einem großen weißen und mehreren kleinen Zelten. „So ähnlich sieht auch unser Lager aus, wenn wir auf Expedition an den Polen sind“, sagt Wilkinson, der eine grüne Mütze, Kapuzenpulli und dicke Stiefel gegen die Kälte trägt. Draußen steht ein Dreibein, an dem ein unscheinbarer, langer Plastikstreifen befestigt ist – tatsächlich ein hochentwickeltes Thermometer, das zahlreiche Sensoren enthält. Solche Streifen senken die Wissenschaftler in Bohrlöcher ab und erhalten damit Daten über tiefe Eis- und Wasserschichten. Und mittels der Luftanalyse auf der Basis von Eisbohrungen können sie inzwischen 800 000 Jahre zurückblicken. Die Korrelation sei eindeutig, sagt Wilkinson: „Das Kohlendioxid in der Atmosphäre nimmt zu, das Poleis schmilzt wegen der Erwärmung ab.“ Diese Botschaft will der Klimaforscher den im tief verschneiten Davos versammelten Managern und Politikern überbringen.

WEF-Chef Klaus Schwab und seine Leute haben einiges in Bewegung gesetzt, damit das Thema beim Forum präsent ist. Viel Prominenz ist am Start, darunter der britische Prinz William, Tierfilmer David Attenborough und US-Politgröße Al Gore. Mit dem Zug aus Schweden ist am Mittwoch die sechzehnjährige Greta Thunberg eingetroffen. Für die Fahrt brauchte sie etwa eineinhalb Tage. Um das Klima zu schonen, wollte sie nicht fliegen.

Zusätzliche Anstrengungen

Während des Kongresses veröffentlichte das World Resources Institute (WRI) einen neuen Bericht. Demnach sind zusätzliche Anstrengungen nötig, um die weltweiten Kohlendioxid-Emissionen ab dem Jahr 2020 sinken zu lassen. Das halten die Forscher vom WRI und zahlreiche Wissenschaftler für geboten, damit sich die Erdatmosphäre um nicht mehr als 1,5 Grad aufheizt. Das Weltwirtschaftsforum unterstützt den Klima-Gipfel der Vereinten Nationen, der im kommenden September stattfindet.

Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan kritisierte das Forum trotzdem. „Es gibt jedes Jahr ein bestimmendes Thema in Davos. Und in diesem Jahr müsste Klima dieses Thema sein“, sagte sie. „Das ganze Konzept und der Ansatz hier sind unvereinbar mit der Realität der Klimakrise.“ Wenn sich das WEF zu Umweltsorgen äußere, bemängelte die Umweltschützerin, dann propagiere es als Lösung stets eine Verstärkung von öffentlich-privaten Partnerschaften.

„Handeln statt reden“

Doch „wir haben keine Zeit mehr für öffentlich-private Partnerschaften“. Unter dem Strich forderte Morgan zu handeln, statt zu reden. Ausreichende Einschnitte in das mit fossiler Energie angetriebene Wirtschaftssystem verweigern viele Unternehmen und Regierungen jedoch – dazu zählt auch die deutsche Regierung.

Für Jeremy Wilkinson und seine Kollegen vom Basecamp bleibt noch einiges an Überzeugungsarbeit zu erledigen. Im kommenden August startet er wieder zu einer Nordpol-Expedition. Und nächstes Jahr ist er vielleicht wieder in Davos.