Henk van der Meijden hat Stuttgart zur deutschen Zirkushauptstadt gemacht. Zum 30. Geburtstag des Weltweihnachtscircus spricht der 87-Jährige im Interview mit unserer Zeitung über die Anfänge, Höhepunkte, Niederlagen, seine Nachfolge und die Liebe seiner Familie zu Stuttgart.
Zum Jubiläum des Weltweihnachtscircus will die zirkusverrückte Familie des früheren Journalisten Henk van der Meijden aus den Niederlanden „eines der größten Zirkusprogramme, die es je in Stuttgart gab“, auf dem Cannstatter Wasen präsentieren. Im Interview blickt der 87-jährige Gründer des größten deutschen Artistenfestivals zurück und nach vorne.
Herr van der Meijden, erinnern Sie sich, wie Sie sich 1994 gefühlt haben, als Ihr Weltweihnachtscircus seine allererste Premiere auf dem Cannstatter Wasen gefeiert hat?
Oh ja, genau. Ich war schrecklich nervös. Es ist ja eine Regel in unserem Beruf: Wenn man weiß, dass man es nicht weiß, weiß man alles. Würden die Leute kommen? Wir waren kein bekannter Name wie Krone oder Sarrasani und keine Marke.
Sind die Leute gekommen?
Ja, sie sind gekommen. Im ersten Jahr waren es 30 000 Zuschauerinnen und Zuschauer. Es wurden immer mehr. Jetzt sind wir bereits im 30. Jahr. Im letzten Jahr hatten wir mit 124 000 Gästen einen Rekord.
Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?
Wir setzten auf höchste Qualität. Bei uns ist nicht eine einzelne Artistenfamilie die Basis für das Zirkusprogramm, es sind Dutzende von Familien, Zirkusartisten aus aller Welt, die Besten der Besten, kommen bei uns als Top Acts zusammen. Dank unserer 30-jährigen Erfolgsgeschichte wollen viele Artisten nun gern in Stuttgart auftreten, so wie Fußballer davon träumen, bei Bayern oder Real Madrid zu spielen. Das ist einfach Spitze! 30 Jahre Weltweihnachtscircus fühlen sich für mich persönlich wie ein Geburtstag mit großen Geschenken an.
Warum sind Sie vor 30 Jahren als Holländer gerade auf Stuttgart gekommen?
Weil ich zwei Jahre zuvor mit dem Großen Chinesischen Staatscircus, der 15 Jahre in Europa unterwegs war, dort gastiert hatte. Das war ein großer Erfolg! Ein Jahr später feierte ich mit Asiana (Nordkorea, Mongolei, China) einen weiteren Erfolg. Schon früh habe ich gemerkt: In Stuttgart gibt es ein tolles Publikum, das für uns besser ist als in anderen Städten, das Ambiente ist toll, und auch die Zusammenarbeit mit Hans Peter Haag, unserem lokalen Partner, war von Anfang an ausgezeichnet.
Sie hatten bereits in Amsterdam Zirkusshows an Weihnachten veranstaltet.
Ja, acht Jahre bevor ich nach Stuttgart kam, hatte ich im Königlichen Theater Carré mit Top Acts der besten Zirkusse aus China, den USA, dem Zirkus Knie aus der Schweiz, der Mongolei, Russland, Barnum & Bailey aus den USA usw. begonnen. Dann dachte ich mir, wenn das Konzept auch in Deutschland funktioniert, dann am ehesten in Stuttgart.
War der Name gleich klar?
Ich übersetzte das holländische Wereldkerstcircus direkt in Weltweihnachtscircus, und unser Stuttgarter Partner Hans Peter Haag hatte zunächst Bedenken. „Das ist kein Deutsch“, meinte er, das stehe auch gar nicht im Duden. „Wir machen es deutsch“, schlug ich vor, „lass es uns versuchen!“
Das Wort steht bis heute nicht im Duden. Aber in Stuttgart und Umgebung weiß längst jeder, was damit gemeint ist.
Ja, darüber freue ich mich sehr. Es ist eine große Ehre für mich, dass wir jedes Jahr neue Höhepunkte präsentieren können. Und ich bin sehr froh, dass meine Tochter Elisa van der Meijden und mein Schwiegersohn Dalien Cohen mit so viel Begeisterung und Herzblut als meine Nachfolge eingestiegen sind. Elisa kümmert sich vor allem um unseren Zirkus in Amsterdam, Dalien um Stuttgart.
Sie machen aber noch mit? Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Wenn mein Rat gewünscht wird, mache ich sehr gern mit. Leidenschaft geht nicht in Rente. Aber ich halte mich mit 87 Jahren in der hinteren Reihe auf. Gesundheitlich geht es mir gut, ich freue mich sehr auf meine Reise nach Stuttgart.
Wie läuft der Vorverkauf für die Geburtstagsshow?
Er läuft noch besser als im letzten Jahr, als wir einen Rekordbesucherzahl von 124 000 Leuten erreicht haben. Für gute Plätze ist es besser, jetzt schon zu reservieren.
Was ist für Sie persönlich der Höhepunkt der Show?
Das wird der Auftritt von The Flying Caballeros sein. Sie machen mehrere vierfache Saltos in einer Nummer! Das gab es noch nie. Bald aber in Stuttgart, danach in Monte Carlo. Dort könnten sie Goldene Clowns gewinnen, die wichtigsten Zirkuspreise der Welt.
Worauf sind Sie besonders stolz?
In 30 Jahren haben wir noch nie so große Zirkusnummern mit so vielen Artisten präsentiert. „Weltpremieren und Weltrekorde“ – das sind traditionell unsere Slogans, aber die größte Fahrradnummer der Welt wird nun von einer Besetzung von 23 Artisten geboten, die zusammen mit Saltos und Sprüngen von Fahrrad zu Fahrrad aufgeführt wird. Das sind Leistungen, die man noch nie gesehen hat. Wir präsentieren diese Nummer in Zusammenarbeit mit dem Circus Festival Monte Carlo, das sie im Januar zeigen wird, doch Stuttgart bekommt die erste Premiere!
Ist in 30 Jahren schon mal etwas danebengegangen? Woran denken Sie nur ungern zurück?
Sicher, die zwei Coronajahre, in denen wir nicht spielen konnten! Besonders das zweite Jahr war hart. Alle 100 Artisten waren schon hier. Wir hatten zehn Tage geprobt. Alle Berichte waren positiv. Es wird gut gehen, wir dürfen spielen, hörte man. Florian Richter hatte sich ein schönes Finale ausgedacht: Alle Artisten sollten von verschiedenen Seiten in die Manege laufen und den Menschen eine Freude machen. Es war eine tolle Idee. Doch dann kam die Nachricht, dass wir nur für 750 Leute spielen dürfen. Das war bei einer so teuren Show nicht möglich.
Wie haben die Artisten reagiert?
Ich bat die Artisten, das Richter-Finale zu spielen, und sie kamen hereingelaufen. Dann sagte ich: „Das ist nicht nur Richters Finale, das ist das endgültige Finale. Wir dürfen nicht spielen.“ Das war ein Schock. Viele weinende Artisten. Was für ein Drama. Später konnte ich glücklich sagen: „In der Zukunft werden wir wieder zusammenarbeiten!“ Und das ist passiert, auch im neuen Geburtstagsprogramm.
Warum tut den Menschen ein Besuch im Zirkus so gut?
Sie können dem Alltag für einige Stunden entfliehen, die Krisen der Welt vergessen, die Schönheit des Lebens spüren und dabei Kraft tanken. Wir bringen viele Sensationen, aber alles ist immer auch emotional einfühlsam. Nicht nur die Show ist sensationell, auch das Stuttgarter Publikum.
Toi, toi, toi für das Geburtstagsprogramm! Stuttgart freut sich darauf.
Danke sehr. Die Jubiläumsshow soll ein ganz besonderes Erlebnis werden, das niemand vergessen wird.
Jubiläumsshow:
Der 30. Weltweihnachtscircus gastiert vom 5. Dezember bis zum 6. Januar auf dem Cannstatter Wasen. Karten gibt es im Netz unter: https://weltweihnachtscircus.de/tickets/ sowie unter: 07 11 / 2 55 55 55.
Karten
Jubiläumsshow
Der 30. Weltweihnachtscircus gastiert vom 5. Dezember bis zum 6. Januar auf dem Cannstatter Wasen. Karten gibt es im Netz unter: https://weltweihnachtscircus.de/tickets/ sowie telefonisch unter: 07 11 / 2 55 55 55.