Dompteur Martin Lacey Foto: Kraufmann

Im 17. Gastspieljahr des Weltweihnachtscircus in Stuttgart lässt sich der Produzent Henk van der Meyden keine grauen Haare wachsen. "Der Vorverkauf läuft gut", sagt er.

Stuttgart - Für die Wirtschaftsweisen liegt die Zukunft der Ökonomie noch im Dunkel. Doch was schert uns die Weltwirtschaftskrise, wenn es den Weltweihnachtscircus gibt. Doch Vorsicht! Wenn sich die künstlichen Nebel der Manege verziehen, wird sichtbar, dass auch unterm Chapiteau die Krise keimt.

Im 17. Gastspieljahr des Weltweihnachtscircus in Stuttgart lässt sich der Produzent Henk van der Meyden keine grauen Haare wachsen. Nicht nur, weil er die längst hat. Wie immer strotzt der Holländer auf dem Cannstatter Wasen vor Optimismus. "Der Vorverkauf läuft gut", strahlt er. "Wir merken von der Wirtschaftskrise nichts." Und warum ist das so. "Qualität", sagt van der Meyden. "Qualität läuft immer." Selbst wenn sie aus den Krisengebieten kommt.

China will beim Weltweihnachtscircus nicht unter die Räder kommen. Deshalb schickt es sieben Männer und vier Frauen auf Einrädern ins Rennen. Sie kreiseln und springen. Und sie hüpfen sich in den gepanzerten Rücken und gelegentlich sogar auf den Kopf. Der wirklich große Sprung und Schwung will aber nicht so recht gelingen.

Die Dubai-Krise verkörpert Yelena Larkina mit ihrem Scheich-Kopftuch. Die Beine sind fast so lang wie ein Hochhausturm, die Reifen glitzern wie ein Kasino. Doch so ist's in den Emiraten: alles nur schöner Schein, auf Sand gebaut.

Russische Oligarchen machen nicht immer die beste Figur. Ähnlich geht es dem Spaßakrobaten Konstantin Muraviev, der für den ersten Knaller des dreistündigen Zirkusprogramms sorgt. Wie es der kleine dicke Russe schafft, durch eisernes Training und virtuoses Turnen auf dem Röhnrad schlank und rank zu werden, ist höchst amüsant. Man gönnt ihm jeden Schluck, auch wenn er damit seinen Erfolg verspielt.

In Südamerika bewegt man sich auf dünnen Seil. Die Velez-Brothers aus Ecuador schreiten übers Doppelhochseil und sitzen dort gern auf Stühlen rum. Schwungvoll ist wenigstens die Musik. Dass es die Velez-Brüder auch anders können, zeigen sich später auf dem Teufelsrad.

Nordkorea, auch nicht gerade der Ort des Wohlbefindens, glänzt mit einer Luftnummer. Körper wirbeln im weiten Bogen durch die Luft, dass der Moderator Peter Goesmann einen Weltsuperlativ nach dem anderen ins Mikrofon jubelt. Ob er das bei Kim Jong-il gelernt hat?

England wendet sich, was die Banker-Boni betrifft, leicht vom Raubtierkapitalismus ab und setzt dennoch auf mehr als nur drei Löwen. Dompteur Martin Lacey bringt in seiner eindrucksvollen Nummer zwölf Löwendamen zum Fauchen und wird dabei von einem faulen Löwenpascha beobachtet.

Argentinien konnte vor wenigen Jahren dem Staatsbankrott nur entgehen, weil sich die Bevölkerung krumm legte. Diese Lektion hat die deutschstämmige Elayne Kramer gelernt. Seither schlängelt sie sich als Schlangenfrau durch. Und zu guter Letzt lässt sie mit Pfeil, Bogen und zwei Beinen eine Blase platzen.

Die Schweiz, Zufluchtsort aller Steuerflüchtlinge, besinnt sich in der Krise aufs Hütchenspielen. Natürlich pafft der Jongleur Kris Kremo, während er die Zylinder fliegen lässt, eine dicke Zigarre.

Und wie sieht es in den anderen Krisenregionen aus? Der Amerikaner Willer Nicolodi redet mit falscher Zunge aus dem Bauch heraus, die Ungarn Edith und Florian Richter wagen sich aufs hohe Ross. Der Reprisenclown Housch-ma-Housch tritt mit Stromfrisur den Beweis an, dass auch in Russland die Lichter nicht ausgehen.