Ingo-Kai Schoffer auf dem Neckar: Jetzt peilt er mit dem Kanubike wieder einen Rekord an. Foto: StN

An einem Werktag im Juni bei wenig Wind wird Ingo-Kai Schoffer es wagen: Dann will der Esslinger mit seinem selbst konstruierten Kanubike in 24 Stunden den Bodensee umrunden und damit einen Weltrekord aufstellen.

Esslingen - Dass er kräftig und ausdauernd in die Pedale treten kann, hat Ingo-Kai Schoffer am vergangenen Wochenende unter Beweis gestellt: Beim 6. Radlexpress Indoorcycling Marathon in Feucht bei Nürnberg saß er 24 Stunden nonstop im Sattel. Jede Stunde war lediglich eine Pause von knapp drei Minuten erlaubt. Gestärkt durch 60 handelsübliche Energieriegel,  30 Liter Elektrolytgetränk, einen Teller Nudeln mit Tomatensoße und am frühen Morgen ein Glas alkoholfreies Weizenbier schaffte Schoffer den Marathon, ohne körperlich völlig am Ende zu sein: „Ein gutes Training für mein großes Projekt.“

Das soll im Juni stattfinden. An einem Werktag, weil da weniger Betrieb auf dem Bodensee ist. Bei wenig Wind, weil der die Richtung seines Gefährts beeinflussen und Strudel auf dem Wasser auslösen könnte. Schoffers Kanubike sieht aus wie ein Kanu mit Ausleger. Raffinierterweise hat es am Boden aber Pedale wie ein Tretboot und einen Propeller,  der es antreibt. Schoffer, der seit 26 Jahren seine Brötchen in der Sonderanfertigung des Esslinger Innovationsbetriebs Festo verdient, hat zusammen mit seinem Arbeitgeber das Kanubike entwickelt. „Das gibt es weltweit nur einmal – ein Prototyp.“ Das war vor einigen Jahren. Jetzt wurde der Propeller modifiziert. Wie, bleibt das Geheimnis der Konstrukteure. Abgesehen davon kann die Öffentlichkeit Schoffers Coup von Anfang an mitverfolgen. Starten wird er, wenn der perfekte Tag gekommen ist, gegen 4 Uhr früh in Konstanz.

Begleitet wird er von zwei Motorbooten mit neutralen Beobachtern, Rettungsschwimmern und von seinem Team, das ihn mit Getränken und Nahrung versorgt. Auch gefilmt wird Schoffer, zudem wird per GPS laufend seine Position erfasst und per Internet übertragen. Weiter radelt der Pedaleur auf dem Wasser 46 Kilometer direkt nach Bregenz. Das ist der anstrengendste Teil, denn er muss gegen die Strömung ankämpfen. „Der Altrhein schiebt sich von Bregenz aus wie eine Walze durch den See“, sagt der Sportler. Unbedingt will er noch vor Sonnenaufgang in Bregenz sein: „Wenn die Sonne von vorne kommt, ist das anstrengend.“ Die Strahlen werden reflektiert, reizen die Augen, führen zu Sonnenbrand. Besser also, er hat in Bregenz schon kehrtgemacht, bevor die ersten Strahlen ihn kitzeln.

Mit der Strömung bis Ludwigshafen

Ab Bregenz hat der 43-Jährige mit 70 Kilometern das längste Teilstück vor sich. Immerhin geht’s dann mit der Strömung bis Ludwigshafen. Die letzte Etappe mit 30 Kilometern zurück nach Konstanz wird wohl die einfachste sein, mutmaßt er. Bekleiden will er sich schlicht mit T-Shirt und Radlerhose – nicht etwa mit Neopren: „Ich schwimme ja nicht“, sagt er augenzwinkernd. Dabei hat er den Bodensee auch schon in dieser Disziplin ausgelotet: 1996 – damals 26 Jahre alt – hat er das Schwäbische Meer in acht Stunden und acht Minuten gegen die Rheinströmung von Konstanz nach Friedrichshafen durchschwommen. Doch das reichte ihm damals nicht: Noch am selben Tag schwamm er von Immenstaad ins gegenüberliegende schweizerische Uttwil.

Im Jahr 2000 zog der Wasserradler dann auf dem Neckar alle Register: Er stellte dort einen neuen Weltrekord auf und unterbot die von dem Österreicher Johann Kilzer vorgelegte Zeit von 24 Stunden und 25 Minuten für 118 Kilometer um glatte elf Stunden. Ein Jahr später sicherte er sich bei der Weltmeisterschaft für muskelbetriebene Wasserfahrzeuge in Eutin die Goldmedaille über 10.000 Meter sowie vier Silber- und zwei Bronzemedaillen. Noch im selben Jahr absolvierte er seinen 24-Stunden-Marathon mit dem Kanubike zwischen Esslingen und Obertürkheim: Mit 194,2 Kilometer erneut Weltrekord. Der Amerikaner John Howard aus Wisconsin hatte kurze Zeit vorher die Weltbestmarke mit 166 Kilometern vorgegeben.

Sponsoren gesucht

2007 wurde es überraschend still um den Extremsportler. „Das hatte familiäre Gründe“ – bis er 2011 wieder mit dem Training begann, hatte Schoffer geheiratet und zwei Töchter bekommen. Die Kilos, die er in der Zwischenzeit zugelegt hat, trainiert er zurzeit ab: „17 Kilo bin ich in den letzten zwei Jahren losgeworden – vier oder fünf sollen es noch sein.“ Mehr Fett verlieren will er nicht: Bei einer Größe von 1,82 Meter seien 93 Kilo optimal, um noch Reserven zu haben. Das Esslinger Easy Sport Fitness Studio hat für ihn das Trainingskonzept für den neuen Weltrekordversuch aufgestellt.

Den Titel will er jetzt erneut dem Österreicher Johann Kilzer abnehmen, den er schon auf dem Neckar geschlagen hat. Kilzer kann auf dem Bodensee in 24 Stunden 118 Kilometer vorweisen, indem er mit Muskelkraft von Ludwigshafen nach Bregenz fuhr und zurück. Indem Schoffer noch Konstanz dazunimmt, will er den Österreicher auch aus dem Guinness-Buch verdrängen.

Jetzt sucht er noch Sponsoren, die sich während der Fahrt auf den Begleitbooten präsentieren können. Für Ostersamstag kündigt er in der Esslinger Fußgängerzone ein Benefiz-Event mit bekannten (Rad-)Sportlern an. Näheres will er aber erst kurz vorher bekanntgeben.