Das von der US-Raumfahrtbehörde Nasa veröffentlichte Foto des Spitzer Space Telescope zeigt junge Sterne im Sternbild OrionFoto: ísica Fundamental

So schön kann Sternengucken sein: Die Perseiden – der Staub von Sternen – haben in Teilen Deutschlands für ein Himmelsspektakel gesorgt. Was viele nicht wissen: Die Sterne sind uns viel näher, als die Menschen jemals dachten. Denn wir alle sind selbst Sternenstaub.

Heidelberg/Stuttgart - Die Perseiden-Sternschnuppen sind in der Nacht zum Dienstag immer wieder zwischen den Wolken aufgeblitzt. „Es gibt Leute, die wirklich viele Sternschnuppen beobachtet haben“, sagt Carolin Liefke, Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Haus der Astronomie in Heidelberg.

Eine gute Zeit, um noch einen Blick auf das Himmels-Spektakel zu werfen, sei auch noch der frühe Dienstagmorgen gewesen. „Wenn der Mond untergegangen ist, lässt sich das Schauspiel am besten genießen.“

Die Perseiden sind ein wiederkehrender Meteorstrom, der jährlich Mitte August zu vielen Sternschnuppen führt. Sie bestehen aus den Auflösungsprodukten eines Kometen und sind nichts anderes als Sternenstaub.

Das Universum besteht aus Sternenstaub

Im Song „Woodstock“ der amerikanischen Kult-Band Crosby Stills, Nash & Young heißt es: „We are stardust, we are egolden. We are billion year old carbon“ – „Wir sind Sternenstaub, wir sind golden. Wir sind Milliardenjahre alter Kohlenstoff.“

Hinter diesem legendären Woodstock-Song von 1969 verbirgt sich eine ungeheure Wahrheit. Martin Rees, Hofastronom von Queen Elisabeth II. und Professor für Kosmologie und Astrophysik an der britischen Universität Cambridge umschreibt sie so: „Die Menschen sind stellarer Atommüll.“

Die Sterne seien uns viel näher, als die Menschen jemals dachten. „Mit sämtlichen Menschen, die je gelebt haben, teilen wir denselben Blick auf die Sterne. Und schließlich sind wir selbst Sternenstaub.“

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Geburtsstunde des Universums

Um diesen Satz zu verstehen, muss man weit in die Entstehungsgeschichte des Kosmos zurückgehen – bis zum Big Bang vor 13,7 Milliarden Jahren. Eine Sekunde nach dem Urknall gab es bereits die ersten kosmischen Bausteine.

In einem Meer aus energiereichen Strahlungsteilchen (Photonen) schwammen Protonen, Neutronen und Elektronen wie in einer kosmischen Ursuppe. Wenige Minuten nach der Geburt des Weltalls bildeten sich in der sogenannten primordialen Nukleosynthese die ersten Atomkerne aus Helium und Wasserstoff. Sie machen den größten Teil der Materie aus, aus ihrer Fusion sind alle weiteren, schwereren Elemente entstanden.

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Aus den beim Urknall entstandenen Wasserstoff- und Helium-Gaswolken bildeten sich durch Anziehungskräfte gasförmige Riesen – die ersten Sterne. In den kosmischen Kraftwerken entstanden durch gewaltige Fusionsprozesse immer größere und schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Silizium und Sauerstoff. Dieser entsteht, wenn Kohlenstoff mit Helium verschmilzt.

Supernova: Untergang und Neugeburt

Damit Eisen, Uran und andere schwere Elemente erbrütet werden können, bedarf es ungeheurer Energien und Millionen von Grad Celsius, wie sie nur in massereichen Sternen existieren. Wie in einem gigantischen Heizkessel werden in ihrem Innern Wasserstoff und Helium verbrannt. Am Ende seiner Lebenszeit wird ein Stern zur Supernova und explodiert. Seine Leuchtkraft nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu, so dass er für kurze Zeit so hell strahlt wie eine ganze Galaxie.

Die Überreste der Supernova bilden mitsamt Sternenhülle und erbrüteten Elementen einen planetarischen Nebel aus größeren und kleineren Objekten bis hin zu Staubpartikeln von Atomgröße, die durch das Weltall wabern. Auf ihrer Reise durch das Universum treffen die stellaren Relikte auf die Reste anderer Sternenexplosionen.

All dieses Material bildet eine kosmische Fabrik, die neue Himmelskörper produziert. Verfolgt man diese Metamorphose weiter, landet man irgendwann bei jedwedem Objekt im Universum und schließlich beim Menschen.

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Vom Sternenstaub zum Leben

Die spezifische chemische Zusammensetzung macht aus Sternenstaub einen Diamanten, Stein oder eine Pflanze, ein Bakterium, Insekt oder einen „Homo sapiens“. Die Zellen unseres Körpers, der Sauerstoff, den wir atmen, der Kohlenstoff und Stickstoff in unserem Gewebe, das Calcium in unseren Knochen – alles stammt aus Sternenmaterial, das vor vielen Milliarden Jahren produziert wurde und weiter generiert wird.

Jedes Element auf der Erde stamme aus geologischen Gestein, erklärt der Paläoklimatologe Frank Sirocko vom Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz. Die Bausteine würden im Boden verwittern und von der Atmosphäre aufgesaugt, sie fänden sich in Pflanzen und Tieren, die dem Menschen als Nahrung dienen. „So kommen diese Elemente über die Luft und über unsere Nahrung in unseren Körper.“

„Panta rhei“ – der ewige Fluss des Seins

Kein einziges Atom im Weltall geht jemals verloren. Aus dem, was war, was ist und was sein wird entsteht im ewigen Kreislauf des Werdens, Vergehens und Neuwerdens neue Materie. Alles wird recycelt und als Baumaterial in den Kreislauf der Natur zurückgeführt. Der griechische Philosoph Heraklit (520-460 v. Chr.) hat diese ewige Metamorphose in der berühmten Formel „Panta rhei“ – „Alles fließt“ zusammengefasst.

Heraklit vergleicht das Sein mit einem Fluss: „Wer in denselben Fluss steigt, dem fließt anderes und wieder anderes Wasser zu.“ – „Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht.“ – „Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen.“

Dieser „Circulus perennis“ – der ewige Kreislauf – endet erst, wenn das Weltall seine maximale Ausdehnung erreicht und in sich zusammenstürzt. Möglicherweise wird dieser Kreislauf dann wieder von vorne losgehen – in einer endlosen Urknall-Schleife. Das Universum aus der Sicht von Glaube und Mystik

Der Gedanke, dass wir aus Staub gemacht sind und wieder zu Staub werden, hat viele Dichter, Philosophen und Theologen inspiriert. Anders als Naturwissenschaftler nähern sie sich dem Thema nicht faktenorientiert und empirisch, sondern betrachten es aus dem Fokus der Poesie, der Mystik und des Glaubens.

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„Staub bist du und zum Staub kehrst du wieder zurück“

Im biblischen Buch Genesis wird dieser Gedanke in der Erzählung vom Sündenfall aufgegriffen. Nachdem Adam und Eva verbotenerweise vom Baum der Erkenntnis genascht haben, zürnt Gott seinen Geschöpfen. Er lässt sie von seinem Engel aus dem Paradies vertreiben und spricht zu Adam:

„Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen, bis dass du wieder zur Erde kehrst, von der du genommen bist; denn Staub bist du und zum Staub kehrst du wieder zurück.“ (Kapitel 1, Vers 19).

Auch in der katholischen Liturgie taucht das Thema auf. Im Aschermittwoch-Gottesdienst besprengt der Priester die Asche, die aus verbrannten Palmzweigen des Vorjahres gewonnen wurde, mit Weihwasser und zeichnet den Gläubigen ein Aschekreuz auf die Stirn. Dazu spricht er die Worte: „Bedenke Mensch, dass Du Staub bist und wieder zum Staub zurückkehren wirst.“