Wer über Schmerzen in der Brust klagt, sollte zum Arzt. Doch nicht immer findet dieser bei ersten Untersuchung gleich die Ursache. Warum es dennoch lebenswichtig sein kann, darauf zu bestehen, näher hinzuschauen, erklären Kardiologen anlässlich des Weltherztages.
Er wird oft als Ereignis beschrieben, der die Menschen wie ein Blitz aus heiterem Himmel niederzustrecken scheint: Jedes Jahr werden rund 200 000 Bundesbürger aufgrund eines Herzinfarkts in einem Krankenhaus aufgenommen, etwa ein Viertel überleben diesen nicht.
Doch der Herzinfarkt kommt oft alles andere als überraschend, warnt die Deutsche Herzstiftung anlässlich des Weltherztages, der jedes Jahr am 29. September begangen wird. Sie hat fast immer eine jahrzehntelange krankheitsbedingte Vorgeschichte. Meist zeigen sich vor dem Infarkt die ersten Anzeichen unter körperlicher Belastung wie Atemnot, Brustenge und Brustschmerzen. Diese gilt es dann, möglichst zeitnah vom Arzt abklären zu lassen.
Koronare Herzerkrankung häufig nicht die Ursache
Doch nicht immer findet dieser sofort die Ursache: So wird zuallererst hinter den Beschwerden oft eine sogenannte Koronare Herzerkrankung vermutet. Sie beginnt meist damit, dass sich große Herzkranzgefäße, die Koronararterien verändern, sagt Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Herzstiftung. Hierbei verengen typischerweise Ablagerungen aus Cholesterin, Kalk, Entzündungszellen und Bindegewebe zunehmend diese Blutgefäße im Herzmuskel. In Folge wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt und ist nicht mehr voll leistungsfähig.
Allerdings häufen sich die Fälle, in denen eine solche Verengung der großen Herzkranzgefäße eben nicht vorliegt. Vielmehr sind es Engstellen der ganz kleinen Herzgefäße, eine sogenannte koronare mikrovaskuläre Dysfunktion (CMD) oder mikrovaskuläre Angina, die durch eine Fehlfunktion zu Herzschmerzen und einer eingeschränkten Belastbarkeit der Patienten führen.
Frauen häufiger betroffen
Oft wird aber genau dieses Krankheitsbild von Ärzten nicht Betracht gezogen. „Aufgrund des fehlenden Befunds in den großen Herzkranzgefäßen wird auf eine psychische Erklärung ausgewichen“, berichtet Voigtländer. Dabei betrifft es nach Expertenschätzungen rund 50 Prozent der Patienten, die mit Verdacht auf eine Koronare Herzerkrankung eine Herzkatheteruntersuchung erhalten. Frauen sind aufgrund ihres spezifischen Hormonhaushaltes häufiger von einer mikrovaskulären Angina betroffen als Männer. Auch haben sie im Schnitt ein kleineres Herz und kleinere Gefäße, was diese Erkrankung ebenfalls begünstigt.
Bis es mit Hilfe bildgebender Verfahren wie Herzultraschall, einem MRT oder einer Positronenemissionstomographie (PET) zur Diagnose kommt, haben Betroffene häufig eine Odyssee durch eine Vielzahl an Arztpraxen hinter sich. Kardiologen wie Peter Ong, Oberarzt der Abteilung für Kardiologie und Angiologie des Robert-Bosch-Krankenhauses Stuttgart, spezialisiert auf die Erforschung und kardiologische Versorgung von Patienten mit einer mikrovaskulären Angina, fordern daher einen „ganzheitlichen Blick“ auf die Herzdurchblutung. „Gerade bei Patienten, die über zwei bis drei Jahre über anhaltende Beschwerden im Brustkorb klagen, aber bei denen keine Diagnose vorliegt, sollte man deshalb unbedingt auch an eine mikrovaskuläre Angina denken“, betont Ong.
Medikamente können helfen
Nach aktueller Studienlage ist laut dem Kardiologen Ong das Risiko für schwere Ereignisse wie Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall durch eine mikrovaskuläre Angina zwar geringer als bei Patienten mit einer Koronaren Herzerkrankung. Dennoch bestehe ein nicht zu unterschätzendes Risiko für diese Ereignisse. Eine medikamentöse Behandlung senkt dieses Risiko und verbessert vor allem die Lebensqualität deutlich.
Oft lindere bereits die medikamentöse Therapie von Bluthochdruck, Diabetes und hohem LDL-Cholesterin die Beschwerden. „Ist erst einmal die Diagnose bei diesen Patienten gestellt, können wir ihnen effektiv helfen und dazu beitragen, ihre Belastbarkeit im Alltag und ihre Prognose zu verbessern“, sagt Ong.
Mehr Informationen zur Herzgesundheit
Weltherztag
Informationen zum Themenschwerpunkt des Weltherztags „Schütze Deine Gefäße!“ finden Sie im Netz unter: https://herzstiftung.de/weltherztag. Zudem gibt es einen Ratgeber „Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt“. Er kann kostenfrei bei der Herzstiftung bestellt werden unter https://herzstiftung.de/bestellung oder auch per Telefon, 069/955 128 400.
Risiko
Die Herzstiftung bietet unter https://herzstiftung.de/risiko einen kostenfreien Herzinfarkt-Risikotest an. Und es gibt eine App, mit der sich die Herzgesundhit verbessern lässt: Die HerzFit-App ist kostenfrei im Apple Store (für iPhone) oder im Google Play Store (Android) für das Smartphone verfügbar. Informationen zur HerzFit-App und ihrer Funktionsweise sind unter www.herzstiftung.de/herzfit-app abrufbar.