Am 21. September ist Welt-Alzheimertag. "Der Unterschied von Demenz und Alzheimer ist vielen Menschen noch nicht klar", sagt Demenzberater und Humortherapeut Markus Proske. Hier klärt er über die größten Irrtümer auf.

Markus Proske ist Demenzberater und Humortherapeut, er betreut und berät seit vielen Jahren Altenheime und Pflegeeinrichtungen. Mit dem Buch "Der Demenz-Knigge" will er Angehörigen eine praxisnahe Soforthilfe geben. Im Interview mit spot on news erklärt er, wie wichtig Humor im Alltag mit Demenz ist.

Das Buch "Demenz Knigge: Praktische Tipps für den Umgang mit Demenzerkrankten, Nachschlagewerk für Pflege Personal und pflegende Angehörige" von Proske Markus gibt es hier

Lieber Herr Proske, am 21. September ist Welt-Alzheimertag. Welche Irrtümer und Vorurteile begegnen Ihnen in der Praxis am häufigsten?

Markus Proske: Nach wie vor sind viele der irrigen Meinung, dass mit der Diagnose Demenz ein wertvolles Leben endet. Es gibt ein gutes Leben nach der Diagnose. Dieses gute Leben hat sehr viel mit den Menschen zu tun, die den Betroffenen begleiten. Der Unterschied von Demenz und Alzheimer ist vielen Menschen zudem noch nicht klar. Viele wissen nicht, dass Alzheimer eine Art der Krankheit Demenz ist. Vor allem finde ich es erstaunlich und sogar bedenklich, dass viele Menschen nicht wissen, dass es eine primäre und eine sekundäre Demenz gibt. Dass beide die gleichen Symptome aufweisen, jedoch die kognitiven Veränderungen bei der sekundären Demenz oft wieder verschwinden können. Man muss wissen, dass die sekundäre Demenz durch Krankheiten oder z.B. Depression ausgelöst werden kann.

Ein Irrtum in Sachen Demenz ist zudem, dass die Betroffenen selbst nichts merken. Wie erleben erkrankte Menschen ihre Einschränkungen?

Proske: Hier ist man ja auf Erzählungen und das Beobachten von Betroffenen angewiesen. Ich denke, jeder Betroffene erlebt und verarbeitet diese Veränderung individuell anders. Natürlich spürt jeder Mensch, dass er sich verändert, dass so vieles nicht mehr "passt" und dass all das so bisher Selbstverständliche nicht mehr sicher ist.

Sie sind Demenzberater und Humortherapeut. Wie wichtig ist Humor im Alltag mit Demenz?

Proske: Humor ist eine sehr wichtige Kraftquelle für alle Beteiligten. Für den Betroffenen, wie auch für die pflegenden Angehörigen, kann Humor entlastend wirken. Humor ist in meinem Verständnis eine Haltung. Eine Haltung, die weniger von Hadern um verfehlte Möglichkeiten, sondern vom Annehmen seiner selbst geprägt ist. Karl Valentin hat es mal sehr schön auf den Punkt gebracht: "Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, dann regnet es auch." Humor kann belastende Situationen entschärfen und gibt oftmals die Möglichkeit, eine andere Perspektive einzunehmen. Humor verbindet Menschen und gerade Betroffene sind in der Wahrnehmung von positiven, nonverbalen Signalen sehr feinfühlig.

Erkrankte Menschen haben oft Probleme mit der Kommunikation. Wie schafft man es, dennoch in Verbindung zu bleiben?

Proske: Betroffene verlieren im Laufe dieser Krankheit ihre Sprache. Kommunikation, Lesen und Schreiben werden immer schwieriger. Betroffene möchten aber im Kontakt mit ihrer Umwelt bleiben. Sie beginnen dann, die Verluste des Sprachvermögens zu kompensieren. Es gilt, hier genau zu beobachten, und sich das nötige Wissen um den Sprachverlust anzueignen. Wenn eine Dame ihren "Wärmer" sucht, dann sind wir gefordert. Auf jeden Fall ist es wichtig, positive nonverbale Signale und Informationen zu geben.

Wie können pflegende Angehörige zuhause ein positives Umfeld für die Erkrankten und sich selbst schaffen?

Proske: Die Gestaltung des Milieus in der häuslichen Umgebung kann dafür sorgen, dass Betroffene deutlich länger Zuhause leben können. Sie können sich viel länger orientieren, und ein gutes Miteinander ist dann möglich. Außerdem ist ein wohlwollender und respektvoller Umgang wichtig. Hier kann mein Buch "Der Demenz Knigge" sehr helfen, das viele ganz konkrete Praxis-Tipps und Hilfen für Alltagssituationen beinhaltet. Denn: "Wissen hilft Pflegen"!

Was ist der wichtigste Tipp, den Sie Betroffenen kurz nach der Diagnose geben können?

Proske: Bleiben Sie entspannt. Holen Sie sich eine weitere Diagnose von einem Fachmann, der per Ausschlussverfahren die Möglichkeit einer sekundären Demenz ausschließt. Erst dann könnte es sich um eine primäre, degenerative und nicht reversible Demenz handeln. Bleiben Sie aktiv und im Kontakt mit Ihrer Umwelt. Gehen Sie offensiv mit der Diagnose um. Reden Sie mit Ihren Freunden und den Nachbarn. Verstecken Sie sich nicht. Klären Sie die nächste Umgebung auf. Auch hier gilt "Wissen hilft". Demenz ist eine Krankheit und kein Stigma.