Rund 23 Millionen Bundesbürger leiden nach Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft unter chronischen Schmerzen Foto: Fotolia

Medikamente stellen die klassische Behandlungsmethode dar – Kombinierte Therapie ist oft sinnvoll.

Stuttgart - Schmerzen haben eine wichtige Warn- und Signalfunktion: Sie machen aufmerksam auf vorübergehende Gesundheitsstörungen. Wenn akute Schmerzen immer wiederkehren und über längere Zeit andauern, handelt es sich um chronische Schmerzzustände. Nach Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft (ehemals DGSS) leiden in Deutschland schätzungsweise 23 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen. Wie Schmerzen behandelt werden, zeigt die folgende Übersicht:

Pharmakotherapie

Arzneimittel stellen die klassische Behandlungsmethode bei Schmerzen dar. Medikamente gegen Schmerzen bezeichnet man auch als Analgetika. Dabei werden verschiedene Substanzklassen mit unterschiedlichem Wirkgrad und Nebenwirkungen eingesetzt:

Nicht-Opioid-Analgetika

Hierzu gehören beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Paracetamol oder Ibuprofen (wirkt schmerzdämpfend, entzündungshemmend und fiebersenkend).

Opioid-Analgetika

Diese werden in stark wirksame Mittel (beispielsweise Oxycodon, Pethidin, Hydromorphon, Fentanyl, Buprenorphin, Morphin oder Piritramid) und schwach wirksame Opioide ( wie etwa Tramadol, Tilidin oder Codein) unterschieden.

Adjuvante Analgetika

Diese „Hilfsmedikamente“ werden bei einer Schmerztherapie begleitend und ergänzend eingesetzt und sollen die Schmerzursache beeinflussen. Hierzu gehören Antidepressiva (wie etwa Amitriptylin), Neuroleptika (Psychopharmaka, die eine sedierende – das heißt beruhigende und dämpfende – sowie antipsychotische – also den Realitätsverlust bekämpfende – Wirkung besitzen) und Antikonvulsiva (Arzneimittel zur Behandlung von epileptischen Anfällen wie zum Beispiel Pregabalin – Handelsname Lyrica – sowie Carbamazepin oder Gabapentin).

WHO-Stufenschema

Die Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf) hat ursprünglich für die Tumortherapie ein dreistufiges Stufenschema entwickelt, nach dem Ärzte chronische Schmerzen behandeln sollen. Es unterscheidet zwischen leichten, mittelstarken und starken bis sehr starken Schmerzen.

Der behandelnde Arzt muss die Schmerzstärke vor Therapiebeginn richtig einschätzen. Dafür gibt es sogenannte Schmerzskalen – wie die Visuelle Analog Skala (VAS) –, welche zur Erfassung und Dokumentation von Schmerzen dienen. Der Patient kann sein Schmerzempfinden mit Hilfe einer Richterskala von 0 bis 10 0 (0 = keine Schmerzen; 10 = stärkste vorstellbare Schmerzen) selbst messen.

Wichtig ist zudem die regelmäßige Kontrolle, um die Medikamentendosis optimal anzupassen. Der Patient erhält die Arzneien nach einem festen Zeitschema, um so für einen gleichmäßigen Blutspiegel und eine kontinuierliche Schmerzfreiheit zu sorgen. Die Therapie baut auf drei Stufen auf:

Stufe 1

Bei leichten Schmerzen Einsatz von nicht-opioiden Analgetika und Hilfsmedikamenten.

Stufe 2

Bei mittelstarken Schmerzen Einsatz schwacher Opioide, eventuell zusätzlich Nicht-Opioid-Analgetika und Hilfsmedikamente.

Stufe 3

Bei starken Schmerzen Einsatz von starken Opioiden, zusätzlich eventuell Nicht-Opioid-Analgetika und Hilfsmedikamente.

Nach Aussage von Schmerzmedizinern macht die Einnahme von Opioiden nicht zwangsläufig süchtig. Bei richtiger Anwendung und Dosierung sei eine Opioid-Abhängigkeit nahezu ausgeschlossen. Am Ende der Behandlung wird die Dosis ausgeschlichen und langsam verringert, damit sich der Organismus an die Umstellung gewöhnen kann.

Multimodale Therapie

Bei der multimodalen Schmerztherapie – einem kombinierten Behandlungskonzept – wird ein chronischer Schmerzpatient über einen Zeitraum von mehreren Wochen interdisziplinär behandelt. Medizinische, physiotherapeutische und psychologische Behandlungsmethoden werden hierbei miteinander kombiniert. Experten aus verschiedenen Fachdisziplinen wie Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen und Pflegekräfte arbeiten unter ärztlicher Leitung nach einem standardisierten Behandlungsplan zusammen.

Infos und Adressen

Deutsche Schmerzgesellschaft: Die Deutsche Schmerzgesellschaft (ehemals DGSS) ist die größte wissenschaftliche Schmerzgesellschaft in Europa, www.dgss.org, Telefon0 30 / 39 40 96 89 - 0, info@dgss.org.

DSL: Deutsche Schmerzliga, eine Selbsthilfeorganisation für Menschen mit chronischen Schmerzen, www.schmerzliga.de, Telefon 0 61 71 / 28 60 - 53, info@schmerzliga.de.

DGS: Auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin finden sich die Kontaktdaten der regionalen Schmerzzentren in Deutschland, www.stk-ev.de; www.dgschmerzmedizin.de, Telefon 0 61 71 / 2 86 00, info@dgschmerztherapie.de.

Rund 350.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind chronisch schmerzkrank. Für sie gibt es bundesweit zwei spezielle Einrichtungen: Neben dem Deutschen Kinderschmerzzentrum im nordrhein-westfälischen Datteln (www.deutsches-kinderschmerzzentrum.de, Telefon 0 23 63 / 9 75 - 1 80, info@deutsches-kinderschmerzzentrum.de) hat das Stuttgarter Olgahospital seit diesem Jahr eine Schmerzstation, in der 16 Kinder und Jugendliche therapiert werden können (Pädiatrische Psychosomatik und Schmerztherapie im Olgahospital, www.klinikum-stuttgart.de, Telefon 07 11 / 2 78 - 7 24 08).

Schmerzmedizinische Fachabteilungen und Zentren finden sich in Universitätskliniken und Krankenhäusern vor Ort. Adressen von Praxen und Kliniken für Schmerzmedizin, die sich auf die Therapie von Schmerzerkrankungen spezialisiert haben, findet man z. B. hier.