Die Böblinger Bereitschaftspolizei steht unter Verdacht, in ihren Reihen Beamte mit Ku-Klux-Klan-Kontakten zu haben. Nicht nur zwei. Und der Kontaktmann hatte Besuch aus Ostdeutschland. Foto: dpa

5. Böblinger Bereitschaftspolizei-Abteilung: weitere Kontakte mit Rechtsradikalen.

Berlin/Stuttgart - Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) setzt ein Ultimatum: In den nächsten 14 Tagen will er vom Landespolizeipräsidenten exakt wissen, welche Disziplinarmaßnahmen tatsächlich gegen jene beiden Polizisten erfolgt waren, die 2001/2002 Mitglieder des rassistischen Geheimbunds Ku-Klux-Klan waren – und 2005 in der Böblinger Bereitschaftspolizei mit der 2007 von Rechtsextremisten ermordeten Polizistin Michele Kiesewetter Dienst taten. Einer der beiden ehemaligen Rechtsradikalen war nach „Bild“-Informationen ihr Zugführer. Beide Männer sind bis heute im Staatsdienst.

 

In letzter Konsequenz geht es um die Frage, ob die Zwickauer Neonazi-Bande um Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Hinweise aus der Ku-Klux-Klan-Szene auf Michele Kiesewetter erhielten: Dass sie am 25. April 2007 trotz Urlaubs für einen Kollegen einspringen und am späteren Tatort der Theresienwiese Heilbronn mit ihrem Kollegen A. Pause machen würde. Kiesewetters Patenonkel, ein Thüringer Polizist, hatte nur eine Woche nach dem Mord ausgesagt, die Tat stehe in Zusammenhang mit den neun „Türkenmorden“, die Böhnhardt/Mundlos verübt hatten.

Die Annahme, dass die Verbindung der Polizisten zu der Klan-Organisation im Fall Kiesewetter wichtig werden könnte, liest sich nach Recherchen unserer Zeitung bereits in einem Schreiben des Innenministeriums vom 27. Juni dieses Jahres. Und schon im Februar wird als Anforderung an den Inhalt eines Behördengutachtens des Landesamts für Verfassungsschutz unter anderem formuliert: Bestätigung des Umstands, dass der Verfassungsschutz jene Ku-Klux-Klan-Gruppierung beobachtete, der die beiden Beamten zeitweise angehörten – und Einschätzung hinsichtlich zum rechtsextremen Milieu, speziell zu einem Neonazi namens Achim S. Den wiederum nennt einer der beiden Polizisten als seinen Klan-Kontaktmann. Und ferner: Auch ein ungenannter Besucher aus Ostdeutschland soll sich bei dem Neonazi Achim S. aufgehalten haben.

Der zweite Polizist soll über den Bruder seines Polizeikollegen zum Klan gestoßen sein

Der Deutsche Beamtenbund erkennt 2004 in einer Stellungnahme zum laufenden Disziplinarverfahren sein Gewerkschaftsmitglied auf Fotos in Achim S.’ Wohnung – mit Fahnen und Zeichen des Ku-Klux-Klans. Der Polizist habe der Organisation vom 28. Dezember 2001 bis Mai 2002 angehört.

Der zweite Polizist soll über den Bruder seines Polizeikollegen zum Klan gestoßen sein. Sein Kollege selbst soll nicht dazugehört haben; über ihn soll aber der Kontakt entstanden sein. Und es gab wohl noch weiteren Kontakte von Polizisten der damaligen 5. Bereitschaftspolizei-Abteilung Böblingen zu dem Rechtsextremisten Achim S. Die Schwärzungen in den Akten lassen eine eindeutige Zuordnung nicht zu. Aber ein Name, der dort abgekürzt oder versehentlich ungeschwärzt auftaucht, ist ein anderer als die der beiden aktenkundig aufgeflogenen Ku-Klux-Klan-Anhänger: Timo.

Einer der beiden disziplinarrechtliche verfolgten Beamten wird in seiner Vernehmung 2004 gefragt, wie es schon bei einem nächsten Treffen mit Achim S. direkt zur Aufnahme Timos kommen konnte. Antwort: Durch ihn, den Polizisten. Attraktiver Treffpunkt der Szene war demnach der Kachelofen in Böblingen und die Rockfabrik Ludwigsburg.

„Ich frage mich, wie viel Dummheit oder Weltfremdheit in einem Polizeibeamten stecken darf, ohne dass er aus dem Dienst entfernt wird“

In den Akten zum Mordfall tauchen zwei Kollegen von Michele Kiesewetter mit Vornamen Timo auf. Der eine hatte zur Tatzeit Schicht im Polizeirevier Heilbronn. Der andere ist ein Polizeiobermeister, der den Pausenplatz an der Theresienwiese kannte und mit Kiesewetter auch in Discos war. Es kann auch pure Namensgleichheit sein, dass dessen Nachname handschriftlich (Dritter von links) unter jenen Fotos in den Akten steht, auf denen auch einer der beiden überführten Polizisten in der Wohnung des Rechtsradikalen Ku-Klux-Klaner Achim S. zu sehen ist.

Die Beamten behaupten laut „taz“ indes, sie hätten nicht geahnt, dass der Ku-Klux-Klan rassistisch und voller Neonazis sei. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Andre Schulz, sagt: „Sie wussten nicht, dass der Ku-Klux-Klan eine rassistische Gruppierung ist? Ich frage mich, wie viel Dummheit oder Weltfremdheit in einem Polizeibeamten stecken darf, ohne dass er aus dem Dienst entfernt wird.“