Das Teehaus im Weißenburgpark bedarf einer dringenden Renovierung Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Ruhe trügt. Das Teehaus im Weißenburgpark, derzeit verwaist im Winterschlaf, fordert dennoch erhöhtes Augenmerk. Weil erstens das schönste Sommerrefugium der Stuttgarter Gastronomie dringend renoviert werden muss. Und zweitens ein Nachbarschaftsstreit für Unruhe sorgt.

Stuttgart - 30 Jahre sind eine lange Zeit. Exakt so lange ist es her, dass der Pavillon, den der Industrielle und Antikenforscher Ernst von Sieglin 1912 als Teehaus in den Park seiner Villa Weißenburg bauen ließ, für 1,2 Millionen Mark im Sommer 1989 aufwendig saniert wurde. Seither ist das architektonische Kleinod ein Juwel in der Stuttgarter Freiluftgastronomie. Doch drei Jahrzehnte hinterlassen Spuren an einem Bauwerk: Im Umgang hinter den ionischen Säulen blättert der Putz, da und dort sind Mauerstücke aus der Wand herausgebrochen.

„Die Renovierung des Teehauses wird unser nächstes Projekt“, versichern Dieter Blessing und Claus Endmann, die Vorsitzenden des Fördervereins Alt Stuttgart e. V. Dem Förderverein, 1985 von dem damaligen CDU-Landtagsabgeordneten Peter Wetter zur Erhaltung bedeutender architektonischer Zeugnisse gegründet und hervorgegangen aus dem Förderverein Alte Oper, verdankt Stuttgart auch die Renovierung des Marmorsaales unterhalb des Teehauses. Und er hat als Pächter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes die Verantwortung für den Betrieb beider Objekte übernommen.

„Zum Glück ist im Innenraum und vor allem an der Deckenmalerei von Julius Mössel keine Renovierung nötig. Und die Reparaturen müssen auch nicht den Bestand sichern“, versichert Claus Endmann. Aber mit Kosmetik und Farbe sei es auch nicht getan: „Den meisten Aufwand erfordern die Türen und bodentiefen Fenster, die Holzrahmen müssen geschliffen und gestrichen werden.“

Ein Nachbar macht das Leben schwer

Beim Anstrich der Mauer tue sich eventuell ein größeres Problem auf, denn das Teehaus bekam 1989 braune Außenwände. Auf Anordnung der Denkmalschützer, die diese Fassung bei der Sanierung entdeckten und für die Originalversion hielten. Nun habe Klaus Steinke, Autor des Buches „Teehaus, Tanz und Berg der Wahrheit – Zeitreisen rund um die Stuttgarter Weissenburg“ (Silberburg-Verlag), herausgefunden, dass das Teehaus früher in hellem Crème erstrahlte. Jetzt entscheide das Amt für Denkmalschutz: „Wenn das Braun abgestrahlt werden muss, wird es teuer“, fürchtet Endmann.

„Kalkuliert sind erst mal 50 000 Euro“, gibt Dieter Blessing Auskunft. Da seien aber technische Verbesserungen, zum Beispiel an den Leitungen und in den Toiletten, noch gar nicht drin. Die Arbeiten können frühestens im Herbst 2019 beginnen. „Dann“, stellt Blessing fest, „beginnt das Sammeln.“ Denn der Verein geht in Vorleistung, ehe sich auch das Amt finanziell beteiligt.

Dem Wirt Tadija Zelenika, Unterpächter des Fördervereins, macht jetzt allerdings ein Nachbar das Leben schwer. Er bombardiert Stadt und Förderverein mit Beschwerden. Dieser Mann, dessen Identität nicht preisgegeben wird, sei vor fünf Jahren in ein Haus oberhalb des Gartenlokals gezogen und fühle sich gestört. Vom Lärm, von den Gerüchen aus dem Küchenzelt und vielem mehr. „Jeden Tag ist was anderes“, seufzt Zelenika, mit dem der Nachbar selbst nicht redet. Dabei sorgen strenge Regeln an diesem sensiblen Standort inmitten der Villenbebauung am Bopser für Rücksicht: Im Marmorsaal ist Musik nur im Inneren und bei geschlossenen Türen erlaubt. Und im Teehaus ist selbst ohne Musik um 23 Uhr Schluss.

Beliebter Party-Treff ist neuralgische Punkt

Bis vor einem Jahr habe er noch leise Hintergrundmusik bei Hochzeiten oder anderen Festen genehmigt bekommen, berichtet Zelenika. Aber nachdem eine Gesellschaft musikalisch aufdrehte und obwohl er den Stecker zog, sei auch das nach der Beschwerde verboten worden. Auch dürfe er keine Stehtische mehr, beispielsweise für einen Sektempfang, auf die Aussichtsplattform stellen.

Diese Plattform, beliebter Party-Treff, ist der neuralgische Punkt: Eine Lärmquelle trotz strikter zeitlicher Musikbeschränkung, offen zugänglich und nicht dauerhaft überwacht. „Der Park ist nicht unsere Sache“, betonen Wirt und Vereinsvorsitzende.

Diplomatische Versuche, eine friedliche Koexistenz zu erreichen, seien gescheitert, berichten Blessing und Endmann nach einem Gespräch mit dem Beschwerdeführer. Über Einzelheiten sei Stillschweigen vereinbart worden, so Endmann. Wie reagiert die Stadt? „Das ist nicht unsere Aufgabe“, stellt Volker Schirner, Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes, klar. „Wir achten auf die Einhaltung der Regeln nach der Grünflächensatzung. In der ist alles geregelt. Wenn mit dem Nachbarn keine Lösung auf diplomatischem Wege gefunden wird, bleibt als letzter Ausweg das Bürgerliche Gesetzbuch.“ Für den Förderverein ist das wenig hilfreich: „Wir fühlen uns von der Stadt im Stich gelassen“, spricht Endmann Klartext.