Beim Teehaus stehen nun Dixi-Klos, in die nicht jeder Besucher aufsuchen will. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Im Teehaus, für viele Stuttgarter die beliebteste Sommergastronomie, ist das Vergnügen derzeit beeinträchtigt: Ein Defekt an der Abwasserleitung macht eine Schließung der Toiletten nötig. Repariert werde das anrüchige Malheur, so die Stadt, erst im Herbst. Eine Zumutung für die Gäste im Teehaus.

Stuttgart - Eigentlich wäre längst wieder eine Renovierung des Teehauses im Weißenburgpark fällig. Die letzte Rundum-Sanierung ist fast 30 Jahre her. Mittlerweile blättert der Putz an der Fassade und unter den Arkaden, überall ist Mauerwerk abgeschlagen, die Fensterrahmen gehören dringend gestrichen. Dieses Schmuckstück, 1913 von dem Industriellen und Antikenforscher Ernst von Sieglin als Refugium für seine Gattin und ihre Teegesellschaften im Park seiner Villa erbaut, kommt, so wird geklagt, von außen gesehen etwas runter. Aber Volker Schirner, der Leiter des zuständigen Garten-, Friedhofs- und Forstamtes, winkt ab: Eine Renovierung sei derzeit nicht geplant und im Haushalt nicht vorgesehen. „Jetzt müssen wir uns erst mal um die Lösung technischer Probleme kümmern.“

Man riecht’s. Besser gesagt, man hat es gerochen, ehe nichts anderes übrig blieb, als die Toiletten zu schließen. Weil, so die Erklärung aus dem Rathaus, die Anschlusskanäle ins städtische Kanalnetz defekt sind und erneuert werden müssen. Das werde voraussichtlich im Herbst passieren, da derzeit erst Angebote eingeholt werden und in der Zwischenzeit für die Gäste provisorische Toiletten aufgestellt seien. „Gegen dieses Problem ist die nötige Renovierung nur eine Art Schönheitsoperation“, sagt Claus Endmann, zusammen mit Dieter Blessing , dem Vorsitzenden vom Förderverein Alt-Stuttgart, der als Mieter von Teehaus und Marmorsaal laut Vertrag nur für die Instandhaltung des Inneren verantwortlich ist.

Das Rohr ist gebrochen

Das Problem mit dem Abwasser ist keineswegs von heute auf morgen aufgetreten. Hanne Wiedemann-Neu, die Geschäftsstellenleiterin vom Förderverein Alt-Stuttgart, ist deshalb bereits seit Oktober 2016 in regelmäßigem Telefon- und Mailkontakt mit der Stadt. Damals informierte sie das Garten-, Friedhofs- und Forstamt als zuständigen Vermieter, dass diese Leitung immer wieder verstopft sei. Dafür musste Tadija Zelenika, der Wirt vom Teehaus, regelmäßig eine Rohrreinigungsfirma bestellen, die den Wirt zuletzt informierte, dass nicht nur Wurzeln die Verstopfung verursachen, sondern das Rohr obendrein gebrochen sei. „Im Mai 2017 ließ das Hochbauamt die Leitung prüfen. Dabei stellten sich heraus, dass das Rohr oben beim Teehaus und ein zweites Mal unterhalb vom Marmorsaal gebrochen war“, berichtet Hanne Wiedemann-Neu aus ihrer Chronologie weiter. Am 26. Juni erhielt die Stadt die nächste Hiobsbotschaft: „Das Abwasser floss auf die Bopserstraße und stank gottserbärmlich. Im Juli holten die Nachbarn deshalb die Polizei. Am 19. Juli reagierte schließlich der Vermieter mit der Anweisung, die Toiletten zu sperren. Man sorge für mobile Klos.“

Damit müssen sich die Gäste des Teehauses voraussichtlich auch die nächsten zehn Wochen bis zum Ende der Teehaus-Saison Freiluftsaison begnügen. „Eine Zumutung“, kann Hanne Wiedemann-Neu nur den Kopf schütteln: „Die Dixi-Klos haben weder Wasser noch Licht. Wie soll das funktionieren, wenn es bald abends wieder früh dunkel wird.“ Sie habe vorgeschlagen, vernünftige Toilettenwagen einzusetzen, bekam aber eine Absage von der Stadt: das sei hier allerdings nicht möglich.

Viele Gäste gehen früher als geplant

Die drei Damen, die auch Regen nicht vom Ausflug zu ihren Sommerlieblingslokal abgehalten hat, zögern lange, ehe sie doch mit dieser mobilen Toilette vorliebnehmen. Aber der Wirt Tadija Zelenika bekommt die Auswirkungen zu spüren: „Viele Gäste gehen einfach früher als geplant.“ Aus dringenden Gründen gewissermaßen. Bei den Hochzeiten und anderen Gesellschaften, die in den kommenden Wochen noch bei ihm gefeiert werden, mag er gar nicht daran denken, dass auch die Damen in Braut- und Abendkleid diese Kabinen benutzen müssen. Eine Katastrophe, wie es heißt. „Die Stadt sollte dieses Kleinod viel besser pflegen“, meint eine der Damen.

So ähnlich drückt Claus Endmann sehr diplomatisch sein Befremden über die Stadt aus: „Die Wertigkeit des Teehauses bei der Bevölkerung wird offenbar im Rathaus nicht erkannt.“ Das Projekt Renovierung wollen er und Blessing dennoch nicht aus dem Auge verlieren. Ein Gespräch darüber habe es auch schon mit Angelika Reiff vom Landesdenkmalamt gegeben, das bei diesem Denkmal mitzureden hat. „Und die Kosten“, merkt Dieter Blessing an, „sollten bei einem Überschuss von 231 Millionen Euro im städtischen Etat kein Problem sein.“