Was passiert mit dem Schönbühl-Areal? Darüber sind sich der Eigentümer des ehemaligen Jugendheimgeländes und die Stadt Weinstadt offenbar nicht ganz einig. Foto: Gottfried Stoppel

Der Eigentümer des ehemaligen Jugendheimgeländes wirft Weinstadt eine Blockadehaltung vor. Bisher ist keiner seiner Pläne dort verwirklicht worden. Nun bietet Thomas Barth der Stadt das Areal zum Kauf an.

Weinstadt - Was wird aus dem Schönbühl? 2014 hat der Kaisersbacher Unternehmer Thomas Barth das Gelände des ehemaligen Jugendheims gekauft, um dort eine ökologische Modellsiedlung mit 40 Plusenergiehäusern zu errichten. Geworden ist daraus bislang nichts, ebenso wenig aus einigen anderen Plänen, die Barth in der Zwischenzeit statt der Modellsiedlung verfolgt hat: etwa den Bau von bis zu 250 Wohneinheiten nach dem Vorschlag einer von Barth beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder die Umsetzung eines Projekts für Autisten. Dazu befragt, schiebt der Schönbühl-Eigentümer der Stadt die Schuld zu. „Das Problem ist, dass sie an allen Ecken blockiert“, sagt Barth, der dahinter ein Kalkül der Stadt sieht, um selbst doch noch in Besitz des Schönbühls zu kommen. Denn als der Unternehmer das Gelände vom Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) erwarb, schnappte er es der Stadt vor der Nase weg, weil diese beim Ausüben ihres Vorkaufsrechts eine Frist versäumte.

Zwölf Millionen Euro für das Gelände

Nun bietet Barth den Schönbühl seinerseits Weinstadt zum Kauf an. Zwölf Millionen Euro will er, berechnet nach aktuellen Preisen für Bauerwartungsland, wie er angibt. Selbst zahlte er für das Schönbühl-Gelände inklusive des benachbarten Saffrichhofs, in dem früher die Jugendheimmitarbeiter wohnten, fünf Millionen an den KVJS. Für 3,5 Millionen Euro hat er den Saffrichhof mittlerweile an die Immobiliengesellschaft Wertinvest weiterverkauft.

Über Barths Kaufofferte für zwölf Millionen Euro kann der Weinstädter Baubürgermeister nur den Kopf schütteln. „Ich frage mich, wie er zu dieser Aussage kommt“, meint Thomas Deißler. Denn in Gesprächen habe Barth ihm gegenüber einen negativen Verkaufswert für das Gelände angegeben aufgrund der Kosten für den Abbruch der bestehenden Bebauung. Auch von einer Blockadehaltung der Stadt könne keine Rede sein. Vielmehr sei es so, dass Barth mehrfach seinen Kurs geändert habe. So habe er etwa den Erschließungsvertrag gekündigt, nachdem man hierzu bereits einen Planungskostenvertrag vereinbart hatte. Bis dato ist die Erschließung des Schönbühls für Wasser und Abwasser ebenso wie jene des Saffrichhofs ungeklärt, wenn die dafür bestehenden Verträge 2020 auslaufen. Wegen rechtlicher Probleme habe man einen Anwalt eingeschaltet, sagt Deißler. Der Auseinandersetzung hierüber vor dem Regierungspräsidium Stuttgart blicke er mit „fröhlicher Gelassenheit“ entgegen, sagt Barth zu dem Konflikt.

Sechster Stadtteil macht laut Stadt keinen Sinn

Danach gefragt, ob man denn grundsätzlich bereit sei, den Schönbühl zu erwerben, erklärt Deißler: „Das hängt von den Planungszielen ab und ob dies im öffentlichen Interesse ist.“ Im Moment gebe es keine Überlegungen hierzu. Und wie stellt man sich die Zukunft des Schönbühls vor? Dazu gebe es keinen aktuellen Beschluss des Gemeinderates, antwortet Deißler. Seiner Einschätzung nach, die auch der von der Stadt beauftragte Stadtplaner vertrete, sollte das Ziel allerdings eine Renaturierung des Geländes und keine Neubebauung sein. Dass der Schönbühl zu einem sechsten Stadtteil werde, mache nämlich keinen Sinn, da weder eine technische noch eine soziale Infrastruktur dort vorhanden sei, begründet der Baubürgermeister seine Haltung.

Barth hat hingegen nach eigenen Angaben trotz des Verkaufsangebots seine ursprünglichen Pläne einer ökologischen Modellsiedlung noch längst nicht aufgegeben. „Ich möchte sie fortführen, wenn man mich lässt.“ Schließlich könnten diese eine Antwort auf Probleme der Zeit sein, wie Wohnungsknappheit und Klimawandel. Daher treibe ihn auch nicht Profitgier, sondern „Spaß an Entwicklungen“ an, sagt Barth, der selbst gerne eines der Plusenergiehäuser auf dem Schönbühl beziehen würde.

Die Geschichte des Schönbühl-Areals

Gründung:
Im Jahr 1856 gründete Pfarrer Lämmert die „Rettungsanstalt für besonders entartete und verbrecherische Knaben evangelischer Confession“ auf dem Gut Thalwiese bei Bad Herrenalb. 1866 zog die Einrichtung auf den Schönbühl um, wo sie unter unterschiedlicher Trägerschaft und Leitung bis zu ihrer Schließung 2012 gut 150 Jahre lang bestand. Dabei gehörte sie ursprünglich dem Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern, der im Zuge der Verwaltungsreform des Landes 2005 im Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS) aufging.

Verkauf:
Nachdem das ehemalige Jugendheim geraume Zeit leer stand und zahlreiche Interessenten erfolglos beim KVJS anklopften, wurde dieser sich 2014 überraschend mit dem Kaisersbacher Unternehmer Thomas Barth handelseinig. Der neue Schönbühl-Eigentümer plante, eine autofreie, ökologische Modellsiedlung mit sogenannten Plusenergiehäusern zu errichten, die mehr Energie produzieren, als sie selbst verbrauchen. Bis auf eine Scheune wollte er hierzu die Bestandsgebäude abreißen lassen, ebenso den benachbarten Saffrichhof. Das Gelände der früheren Mitarbeitersiedlung des Jugendheims sollte, in neun Bauplätze für Einfamilienhäuser aufgeteilt, weiterverkauft werden.

Planänderung:
Zur Zeit der großen Flüchtlingsströme 2015 änderte Barth seine Pläne. Statt die sechs Mehrfamilienhäuser des Saffrichhofs abzureißen, vermietete er sie an den Landkreis zur Erstunterbringung von bis zu 280 Flüchtlingen. Die Gesellschaft Rems-Murr-Kreis-Immobilienmanagement sanierte die 24 Wohnungen, die teils Jahre lang leer gestanden hatten. Auch Gebäude des früheren Jugendheims Schönbühl stellte Barth dem Kreis vorübergehend als Gemeinschaftsunterkunft für rund 100 junge Männer zur Verfügung. Nach deren Auszug 2016 wollte der Unternehmer, der seit rund 50 Jahren in der Immobilienbranche tätig ist, seine ursprünglichen Pläne wieder aufnehmen – bis heute konnte er sie aber nicht umsetzen.