Der Wengerter Werner Kuhnle zapft für den Dichter José F. A. Oliver eine Kostprobe seines Weins. Foto: Gottfried Stoppel

Der Lyriker José F. A. Oliver fasst für ein Projekt zu den Landesliteraturtagen, die im Herbst in Weinstadt stattfinden, den Genuss von Werner Kuhnles Wein in Verse. Dazu begleitet er den Strümpfelbacher Wengerter durch das Jahr. Bei einer Lesung am 14. Mai geben die beiden Kostproben ihres Schaffenswerks.

Weinstadt - Der Keller des Weinguts Kuhnle in Strümpfelbach atmet Geschichte. Das Fachwerkhaus darüber sei im Jahr 1530 erbaut worden, erklärt Werner Kuhnle, das hätten so genannte dendrochronologische Untersuchungen des Gebälks ergeben. „Der Keller ist 400 bis 500 Jahre älter“ – und damit hat er genau das, was José F. A. Oliver sucht: Atmosphäre.

Der Liebhaber spanischen Rotweins lobt Kuhnles Trollinger

Diese hat der Lyriker bei seinen Besuchen im Rahmen des Landesliteraturtageprojekts „Dichter im Weinberg“ indes nicht nur in Kuhnles Keller gefunden. Auch die Fachwerkidylle Strümpfelbachs und natürlich die Rebenhänge rundherum hat er auf sich wirken lassen und selbstverständlich seine Patenwengerter in selbige begleitet. Dort allerdings ging ein jeder seiner Profession nach. „Ich habe ihm zwar ein Scherle gegeben. . .“, berichtet Werner Kuhnle und ohne dass er den Satz beendet, weiß man: Es blieb ungenutzt. Er halte sich da an die Bibel, sagt Oliver. „Ein Arbeiter im Weinberg des Herren kann auch anders arbeiten. Der Papst sagt das von sich auch und hat keine Rebschere in der Hand.“

Ohnehin gelte sein Interesse im Gegensatz zu seinen drei Dichterkollegen Susanne Stephan, Anna Breitenbach und Waller Sayer weniger dem Prozess des Weinmachens sondern vielmehr all dessen, was danach folge: Öffentlichkeitsarbeit, Vermarktung – und nicht zu vergessen: dem Weingenuss. „Ich bin ein Weingenießer“, sagt Oliver von sich. Dabei wisse er zwar auch einen Weiß- oder Grauburgunder zu schätzen, doch am liebsten seien ihm die spanischen Rotweine, vor allem der Ribera del Duero, schwärmt der Schwarzwälder mit andalusischen Wurzeln. Von den deutschen Rotweinen gebe es allerdings nur einen, der eine Reife und Vollmundigkeit entwickle, die ihn begeistere: Kuhnles Trollinger.

Werner Kuhnle nimmt das Lob mit bescheidenem Grinsen zur Kenntnis und erfreut sich vor allem auch an den ersten Gedichten, in denen Oliver die Atmosphäre, die er aufgesogen hat, wiedergibt. Zwar kann er auch aus dem Stegreif so einige Werke von Dichtern der schwäbischen Schule rezitieren, was Werner Kuhnle nur allzu gerne unter Beweis stellt. Aber was ist ein Gedicht von Friedrich Hölderlin, Justinus Kerner, Ludwig Uhland oder Eduard Mörike über Wein im Allgemeinen im Vergleich zu den Versen, die Oliver über den Genuss des Kuhnle-Weins mit feurigem, spanischem Blick vorträgt. So finden der badische Lebemann, der um die Welt jettet, mal in den USA, mal in der Türkei und demnächst wieder für einige Zeit in Ägypten lebt, und der bodenständige, schwäbische Schaffer über Wein und Dichtkunst zusammen.

Augenblicke in Versen auf Papier gebannt

„Das Hoffnungsfrohe, Perspektivische, die Leichtigkeit in der Tiefe der Kontemplation, die geselligen Gespräche in guter Runde im Sinne von in vino veritas“ möchte er darstellen, erläutert Oliver: „Ich wollte heitere, einfache Texte schreiben, die jeder sofort versteht, und keine hermetischen.“ Der Genuss des Augenblicks solle sich in ihnen wiederfinden (siehe „Pro sit“).

Das ist ihm auch gelungen. Wie mit wenigen Wörtern auf Papier gebannte Momente wirken seine Gedichte, die einen an Goethes Faust denken lassen, der zu Mephisto spricht: „Werd’ ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“ Was jedoch nicht heißen soll, dass wer Kuhnles Wein trinkt, einen Pakt mit dem Teufel eingeht – eher schon das Gegenteil.

Aber hat vielleicht so manches Gläschen davon Oliver beim Dichten beflügelt? Nein, da halte er sich strikt an die Regel Ernest Hemingways, nie unter Alkoholeinfluss zu schreiben, antwortet der Lyriker: „Alkohol und Dichtung vertragen sich nicht. Zum Schreiben braucht man einen klaren Kopf.“ Der Text allein müsse einen berauschen.

Pro sit

Ins Lächeln stolpern

dem eigenen Schatten

ein Schnippchen schlagen

Freude, Freunde, Liebende

eine gute Flasche Wein

& die Gesundheit

zu Tisch bitten

der Phantasie

eine Spritzfahrt gönnen

nachdenken ohne Grübelei

& Rast & Muße & Ruhe

immer wieder

José F. A. Oliver