Der Bau der neuen Neckarbrücke wird eine technische und logistische Herausforderung Foto: RP Stuttgart

Für 1,3 Milliarden Euro wird eine der stauträchtigsten Strecken im Land erweitert. Erstmals im Regierungsbezirk Stuttgart übernimmt das ein privates Konsortium. In fünfeinhalb Jahren soll die Ausbaustrecke fertig sein: ein ehrgeiziges Ziel.

Stuttgart - Für den Regierungsbezirk Stuttgart ist es eine Premiere. Erstmals schauen die Straßenbauer im Regierungspräsidium Stuttgart zu, wenn eine Bundesautobahn umgebaut wird. Die Erweiterung der A 6 zwischen dem Weinsberger Kreuz und Wiesloch/Rauenberg wird als Projekt einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) realisiert. Auf der Strecke sind täglich mehr als 100 000 Fahrzeuge unterwegs. Nach Angaben des ADAC gehört die A 6 damit deutschlandweit zu den Autobahnen mit den meisten Staus (siehe „Mehr Staus im Südwesten). Vor allem zwischen dem Kreuz Weinsberg und Bad Rappenau sowie zwischen Sinsheim und Wiesloch geht oft gar nichts mehr. Bis Juli 2022 soll just dieser Bereich sechsspurig befahrbar sein.

Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Die neuen Betreiber der Strecke, erst seit dem 1. Januar offiziell zuständig für den Ausbau, die Finanzierung, die Erhaltung und den Betrieb des 47,2 Kilometer langen Autobahnabschnitts, fackeln deshalb auch nicht lange. Die Bauvorbereitungen haben bereits begonnen, die notwendigen Rodungsarbeiten laufen bereits.

Der Verkehrsminister hat Zweifel am ÖPP-Modell

Sie hätten auch ein ureigenstes Interesse daran, pünktlich fertig zu werden, betont Simon Dony, einer der Geschäftsführer der für die Strecke nun zuständigen Projektgesellschaft Via6West GmbH & Co KG: „Unsere Vergütung erfolgt abhängig von Verfügbarkeit und Qualität“, sagt er. Sind zum Stichtag nicht wie vereinbart die sechs Spuren fertig, würden die Zahlen an das Konsortium, das aus den Bauunternehmen Hochtief und Johann Bunte sowie dem Fonds DIF Infrastructure Fund besteht, entsprechend gekappt. Die reinen Baukosten betragen 600 Millionen Euro. Das Projektvolumen insgesamt – inklusive Bau, Betrieb, Erhalt und Finanzierung – wird von der Projektgesellschaft auf 1,3 Milliarden Euro beziffert.

Das Land hatte sich gegenüber dem Bund stets für eine herkömmliche rein staatliche Finanzierung des Autobahnausbaus ausgesprochen. „Letztendlich muss sichergestellt sein, dass ein ÖPP-Modell am Ende für die öffentliche Hand nicht teurer ist als eine konventionelle Realisierung“, hat der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) stets betont und dabei Zweifel angemeldet, ob dies so sei.

Pünktlich zur Bundesgartenschau soll das Provisorium stehen

Zwei Abschnitte müssen im laufenden Betrieb um je eine Spur auf sechs Fahrstreifen erweitert werden: Zwischen Wiesloch/Rauenberg und Sinsheim sowie zwischen Bad Rappenau und dem Weinsberger Kreuz ist man – anders als im restlichen Abschnitt – zurzeit noch auf vier Spuren unterwegs. Dabei geht es um insgesamt 25,4 Kilometer Ausbaustrecke.

Das aufwendigste und kostentreibendste Projekt wird sicher der sechsspurige Neubau der Neckartalbrücke. Die Neckartalquerung bei Heilbronn misst 1350 Meter und ist damit die längste Autobahnbrücke im Land. Sie besteht aus zwei Teilen, der Vorlandbrücke und der eigentlichen Neckarbrücke. Die neue Vorlandbrücke wird im so genannten Vorladeverfahren gebaut. Dabei wächst die Brücke Stück für Stück nach vorne. Über den Neckar hingegen wenden die Ingenieure ein Taktschiebeverfahren an: Dabei werden die einzelnen Brückenteile sozusagen von hinten nach vorne geschoben. Die bestehende Neckartalbrücke war erst 2003 für 17 Millionen Euro saniert worden.

Offen ist, wann im Osten nach Bayern weitergebaut wird

In Heilbronn interessiert man sich vor allem dafür, dass die Stadt bis zur Eröffnung der Bundesgartenschau im April 2019 vernünftig zu erreichen ist. Bis dahin, verspricht Dony, werde ein provisorischer sechsspuriger Betrieb eingerichtet. Auch während der Bauphase würden die heute verfügbaren Fahrspuren nutzbar sein.

Noch nicht entschieden ist, was mit dem restlichen Streckenabschnitt der A 6, dem östliche Stück vom Weinsberger Kreuz bis hinter die Landesgrenze zum Kreuz Feuchtwangen, ist. Die Ausbaukosten für die gut 73 Kilometer lange Strecke, die zu fast 90 Prozent noch im Land verläuft, werden vom RP auf eine Milliarde Euro geschätzt. Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan ist die Erweiterung im vordringlichen Bedarf mit Engpassbeseitigung eingestuft. Die Planfeststellung soll im Frühjahr beginnen und die entsprechenden Beschlüsse bis Ende 2019 vorliegen. Der Bund hat auch dieses Vorhaben auf die Liste der ÖPP-Projekte gesetzt, bei denen geprüft wird, ob Private sie wirtschaftlicher realisieren können als die öffentliche Hand. Die Entscheidung darüber steht indes aus. www.via6west.de

Mehr Staus im Südwesten

Die Staus auf baden-württembergischen Autobahnen haben im vergangenen Jahr deutlich zugenommen und dem Bundesland erneut einen Platz unter den Top 3 der Stauländer beschert. Laut einer am Dienstag vorgestellten Statistik des ADAC Württemberg wurden im Südwesten gut 75 100 Staus mit einer Länge von insgesamt fast 182 000 Kilometern gezählt - 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit dieser Steigerungsrate liege das Bundesland sogar erheblich über dem Bundesdurchschnitt von 20 Prozent, hieß es weiter. Noch mehr Staus und Staukilometer als im Südwesten gab es nur in Nordrhein-Westfalen und Bayern.