Timo Saier bringt frischen Wind ins städtische Weingut. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Das städtische Weingut hat sich neu erfunden: Mit coolen Weinen und einer schicken Vinothek. Außerdem hat Timo Saier den Betrieb auf bio umgestellt. Unsere Serie „Erfolgreiche Winzer aus der Region“

Wäre es nach dem früheren Stuttgarter OB Wolfgang Schuster (CDU) gegangen, gäbe es kein Weingut der Stadt Stuttgart mehr. Er wollte den Betrieb im Jahr 2011 verpachten, um sich das jährliche Defizit einzusparen. Aber der Gemeinderat erklärte ihn zu „einer Herzensangelegenheit“. Immerhin ist das Weingut in Deutschland einzigartig: Keine andere Großstadt besitzt eines und in keiner anderen Großstadt reichen die Reben bis in die City hinein. Vielleicht hat sich der OB damals mit einem Wein namens Semsakrebsler den Magen verdorben. Mittlerweile hat das städtische Weingut sein angestaubtes Image abgelegt und pflegt „urbane Weinkultur“. Mit Timo Saier als neuem Leiter wird der Betrieb seit 2016 rundum erneuert.

Ein Hang zum Wein im Rathaus

Schon 1892 kaufte die Stadt ihren ersten Weinberg oberhalb des Bürgerhospitals, um im Fall einer Choleraepidemie über Ausbaufläche zu verfügen. Dazu kam es nicht, und schon 30 Jahre später hatte die Stadtverwaltung die Fläche auf neun Hektar ausgebaut. Ein städtischer Küfermeister kelterte daraus den ersten Stadtwein, der im Ratskeller ausgeschenkt wurde und angeblich „weit über die Grenzen unseres Schwabenlandes bekannt“ war.

Gegründet wurde das Weingut 1949 mit dem Bau der neuen Kelter an der Rommelstraße bei den Cannstatter Weingärtnern.

Weinberge sind übers Stadtgebiet verteilt

Rund 16 Hektar bewirtschaftet die Mannschaft vom städtischen Weingut heute, die Lagen verteilen sich auf das ganze Stadtgebiet, vom Killesberg über die Karlshöhe bis zur Neuen Weinsteige und hinaus ans Cannstatter Zuckerle reichen sie. Die Weinberge werden nach Bioland-Standards bearbeitet. Bereits zum Dienstantritt hatte sich Timo Saier dieses Ziel gesetzt und erfüllte damit einen Wunsch der Grünen im Gemeinderat. Den Rotweinanteil hat er reduziert, mehr weiße Sorten und auch pilzwiderstandsfähige Reben gepflanzt. Der damals 37-jährige Diplom-Önologe war aus der Südsteiermark nach Stuttgart gekommen, und seine Gestaltungsmöglichkeiten scheint er voll ausgeschöpft zu haben. Über eine schicke Vinothek verfügt das städtische Weingut mittlerweile, viele Veranstaltungen werden rund ums Jahr angeboten, und auch beim Weindorf ist der kommunale Betrieb nun präsent.

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Weingut der Stadt Stuttgart

Adresse, Telefon, Internet
Weingut der Stadt Stuttgart, Breite Straße 4, 70173 Stuttgart, 07 11 / 216 - 575 07, www.weingutstuttgart.de

Die Größe des Weinguts
16 Hektar, rund 80 000 Flaschen

Gründungsjahr
1949

ÖPNV-Anschluss
Die Vinothek ist zwei Gehminuten von der Stadtbahn- und S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte/Rotebühlplatz entfernt.

Verkostung/Ausschank/Besenwirtschaft
Vinothek in der Breite Straße 4, Dienstag und Mittwoch 10 bis 17 Uhr, Donnerstag und Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr.

Veranstaltungen
Stuttgarter Weindorf, Weinwanderung Ende September, Themenweinproben in den Wintermonaten

Günstigster Wein im Programm
Weinschorle Weiß 2,50 Euro für 0,33 Liter

Teuerster Wein im Programm
Syrah oder Merlot 16,50 Euro