Alle Jahre wieder trifft sich die Verwaltungsspitze aus dem Rathaus mit den Wengertern aus Esslingen zum traditionellen Herbstsatz. Bei einem guten Glas Wein wird die Lage der Weingärtner analysiert. Und es werden Pläne geschmiedet.
Die Zeiten, in denen Weintrinker zum Winzer kamen und kistenweise Wein kauften, um ihn im eigenen Keller einzulagern, sind weitgehend vorbei. Der klassische Weintrinker von heute sieht anders aus. Er sitzt nicht mehr in der guten Stube und trinkt in einem eher kleinen Kreis am Kamin einen edlen Tropfen, nachdem er sich schon zum Mittagessen einen einfachen, aber guten Tafelwein zu Gemüte geführt hatte. Vielmehr liebt er es, das Trinken des Weins mit einem Event zu verbinden. Wein mit höherem Säuregehalt geht er aus dem Weg, und überhaupt trinkt er eher gemäßigt, was die Menge betrifft. Er greift zunehmend zu Weißwein und Rosé, Rotwein verkostet er dagegen seltener.
Wenn Wein, Verwaltung und Politik zusammentreffen
So in etwa könnte der Idealtypus eines jüngeren Weintrinkers im Jahr 2024 aussehen, wenn man den Schilderungen der Esslinger Weingärtner auf dem Herbstsatz folgt. Am Dienstag saßen sie mit dem Oberbürgermeister Matthias Klopfer und einigen Amtsträgern aus dem Rathaus und dem Landratsamt zusammen. Mit dabei waren unter anderem Hans und Maximilian Kusterer, Adolf Bayer sowie Achim Jahn von der Genossenschaft Teamwerk. Getrunken, geplant und analysiert wurde im Weingut Kusterer.
Mit dem Herbstsatz begann in früheren Jahrhunderten die Weinlese. Damals ordnete der Bürgermeister den Start der Lese an. Heute wird dieses Treffen im Herbst für Gespräche etwa über die Qualität des Weines und die Pläne der Weingärtner genutzt.
Das Event-Trinken, das offenbar Konjunktur hat, bedeutet allerdings nicht unbedingt, dass der Anspruch der Konsumenten auf Qualität zurückgeht. Im Gegenteil. Hans Kusterer betont sogar, wie wichtig die Qualität des Weins auf lange Sicht sei: „Wer sich heute für einen guten Wein entscheidet, will Qualität und zahlt dafür auch lieber zwei Euro mehr.“ Zuweilen ist die Nachfrage nach Veranstaltungen sogar so groß, dass die Weingärtner abwinken müssen, wie unter anderem Adolf Bayer schilderte.
Was mit einem „Event“ im Zusammenhang mit Weinkonsum gemeint sein könnte, wurde an diesem Abend ebenfalls klar: Weinführungen, Weinproben, Gaststättenbetrieb oder auch ein Fest wie die Weinlounge, die im September zum dritten Mal auf dem Hafenmarkt stattfand. Die Esslinger Wengerter feierten es: Alle, die beim Herbstsatz zusammensaßen, waren voll des Lobes über das neue Veranstaltungsformat von Markus Hägele und Enzo Messinese. An dieser Stelle erkundigte sich Klopfer, ob fünf Tage – so lange geht das Esslinger Weinfest auf dem Hafenmarkt – eine gute Dauer seien, wo es doch in eine Zeit fiele, in der gerade viel Arbeit im Weinberg anstehe. Achim Jahn beantwortete die Frage stellvertretend für alle mit einem Ja. Würde es beispielsweise nur an einem Wochenende stattfinden, das aber verregnet sein könnte, wäre das gesamte Fest ins Wasser gefallen.
Gibt es ein Weinevent auf der Burg?
Zur Sprache kam auch das Jubiläumsjahr 2027. Esslingen feiert dann seinen 1250-jähriges Bestehen. Die Weingärtner hatten bereits im Vorjahr darüber nachgedacht, etwas gemeinsam zu machen, vielleicht sogar einen gemeinsamen Wein auf den Markt zu bringen. Im Gegensatz zum Wein, der im Vorjahr geerntet wurde, sind diese Pläne offenbar noch nicht weiter gereift – es ist aber auch noch ein wenig Zeit.
So fand man sich während der etwa zweistündigen Herbstsatzsitzung verhältnismäßig schnell in der Ideensammlung wieder. Eine der Ideen, die Maximilian Kusterer nachdrücklich vertrat: Wein-Veranstaltungen auf der Burg. Klopfer schien allerdings nicht so richtig darauf anzuspringen: Für ihn steht die Bespielung von Markt- und Rathausplatz im Mittelpunkt.