Ein jährliches Wiedersehen: Traditionell kommen beim Herbstsatz die Esslinger Winzer und die Stadtverwaltung (rechts der Oberbürgermeister Jürgen Zieger) im Alten Rathaus zusammen. Foto: Horst Rudel

Bei 30 Grad im Schatten mussten die Wengerter teilweise ihre frühen Sorten ernten. Durch die Hitze haben sie aber gesunde Trauben, einen Mehrertrag von bis zu 25 Prozent und eine sehr gute Qualität. Ein paar Sorgen haben sie aber auch noch.

Esslingen - Wieder haben es die Esslinger Winzer geschafft, sich unter den 20 besten Weingärtnern in Deutschland zu platzieren, wieder hat der Verein Staffelsteiger einen Preis abgeräumt. Der Esslinger Herbstsatz, der einst dazu diente, die Steuer für die Wengerter festzusetzen, dient heute als Leistungsschau der Esslinger Winzer und dem Dialog zwischen der Stadtverwaltung und einer der ältesten Berufsgruppe der Stadt. Eine Leistungsschau, die durchaus wörtlich genommen werden darf, denn traditionell lassen es sich die Wengerter nicht nehmen, vom Cabernet Sauvignon bis zum Silvaner ihren besten Tropfen im festlich dekorierten Lempp-Zimmer des Alten Rathauses reichlich zu kredenzen.

Zur Ernüchterung ein paar Zahlen: Im Frostjahr 2017 Jahr wurden in Esslingen 552 000 Liter Wein gekeltert, damit rund 120 000 Liter weniger als im vorangegangenen Jahr. Weil Esslingen eine der wenigen Städte ist, die einen eigenen Weinberg besitzen, seien für den Burgweinberg auch noch Zahlen genannt: Etwa 9200 Liter flossen von dem Hang der wahrscheinlich kleinsten Einzellage Deutschlands in die Mettinger Kelter, davon 4100 Liter Rotwein und 5100 Liter Weißwein.

Albrecht Sohn von der Winzereigenossenschaft Esslingen sowie die Einzelwinzer Adolf Bayer und Hans Kusterer sprachen von tropischen Sommernächten auf dem Schenkenberg, dem Esslinger Hauptanbaugebiet westlich der Stadt, sogar noch bei der Weinlese. „Wir mussten gegen 11 Uhr mit dem Lesen aufhören“, berichtet Hans Kusterer, „sonst wäre uns der Wein in den Butten vergoren.“ Die Hitze hatte aber auch ihr Gutes: Die Trauben waren kerngesund und wurden nicht von Fäulnissen befallen. Damit die Weine durch die Sonneneinstrahlung nicht zuviel Zucker produzierten, was eben ein Zuviel an Alkoholprozenten bedeutet hätte, hatten viele Winzer früher gelesen. Adolf Bayer begrüßt es, dass es in Deutschland wegen der Hitze mittlerweile erlaubt sei, dem Wein Säure zuzusetzen, was gerade beim Weißwein wichtig für einen runden Geschmack sei.

Ein außerordentlicher Jahrgang

Alle drei Winzer sprachen, je nach Bescheidenheitsgrad, mehr oder weniger deutlich von einem außerordentlichen Jahrgang, der jetzt in ihren Kellern reife. Und der Wein ist nicht nur gut, es gibt auch viel davon. 20 bis 25 Prozent mehr Ertrag verzeichnen manche Winzer. Natürlich hatten besonders die jungen Weinstöcke unter der Trockenheit zu leiden. Albrecht Sohn berichtete, dass die Weingärtner jetzt verstärk auf die Bodenbearbeitung achten müssten, damit nicht zuviel Grundwasser über den Weinbergen verdunste.

Obwohl es auf einem alten Weinbergschild im Remstal heißt, „Sorgen bringt das liebe Leben, Sorgenbrecher sind die Reben“, haben auch Wengerter Sorgen. Beispielsweise sind das nächtliche Gelage in den Weinbergen, die mit einer Vermüllung der Fläche einhergehen. Adolf Bayer sprach sogar von einer Blockade von Weinbergwegen durch Betrunkene. In diesem Zusammenhang merkte der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger (SPD) an, dass es mittlerweile zu wenig Flächen in der Stadt gebe, wo sich Jugendliche ohne Konsumzwang frei und unorganisiert aufhalten könnten.

Sorgen bereitet den Winzern auch die Idee, den Verkehr von der Neckarhalde herunter durch die Weinberge zu leiten. Damit würden der Weinwandertag und die Weinbergführungen flachfallen, das Salz im Winter würde die Weinstöcke umbringen. Von diesen Sorgen, und dass sie mit ihren Schleppern plötzlich auf den Durchgangsverkehr aus Rüdern treffen würden, hat sie der Gemeinderat bereits befreit.