Kitzbühel und Bad Urach: Natalie O’Hara und Cem Özdemir Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Hansi Müller beichtet beim Weindorf-Treff in Stuttgart eine Jugendsünde, der Landwirtschaftsminister Cem Özdemir erzählt, welches Amt er leider nicht übernehmen darf, und beim „Bergdoktor“ wurde ein Auto entwendet. Neues vom Weindorf-Treff.

Er blieb nüchtern. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) musste schnell zum Zug und verpasste deshalb die Pflichtaufgabe für die Gäste, die Weinprobe. Blöd irgendwie, liegt im Wein doch die Wahrheit. Der Trollinger fiel als Lügendetektor am Montagabend also aus, dennoch ließen die Moderatoren Tom Hörner und Diana Hörger beim Weindorf-Treff des SWR, der Stuttgarter Nachrichten und der Stuttgarter Zeitung in der BW-Bank Kulturlaube nichts unversucht. Macht er’s, oder macht er es nicht? Will er nun Nachfolger von Landesvater Winfried Kretschmann werden?

Moderatorin Diana Hörger und Hansi Müller Foto: Lichtgut//Leif Piechowski

Da wich er ähnlich elegant aus wie Hansi Müller einst den Verteidigern. So sehr ihn das Amt reize, „aber ich darf nicht VfB-Präsident werden“. Als Landwirtschaftsminister sei das unmöglich. Mehr Ruhm als die anstehende Ehrenbürgerwürde in der Heimatstadt Bad Urach geht ohnehin kaum. Wobei das sich wiederum gut mit dem Posten eines Ministerpräsidenten vertragen würde. Und er habe da schon so eine Idee, sagte Özdemir knitz.

Wiewohl einst für die CDU im Korber Gemeinderat, würde ein VfB-Fan als Ministerpräsident auch dem Ex-Europameister Hansi Müller gefallen. Schwarz oder Grün, Hauptsache rot. Und allemal besser als der Opportunist Stefan Mappus, der sich mal die Schals aller schwäbischen und badischen Bundesliga-Clubs umhängte. Das würde Özdemir nicht passieren. Ist er doch seit Urzeiten glühender VfB-Fan – und Bewunderer von Hansi Müller. „Alle Mädchen in meiner Klasse wollten ein Autogramm von Hansi Müller“, erzählt er, „auf mich haben sie leider nicht geachtet.“ Sie waren nicht die Einzigen, bei denen Müllers Unterschrift hoch im Kurs stand. In Wäschekörben sammelten sich die Anfragen, damals noch per Brief.

Diana Hörger, Hansi Müller, Natalie O’Hara, Cem Özdemir, Vivien Jesse, Tom Hörner (von links) Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Natalie O’Hara Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Weil Hansi Müller ja ab und an trainieren musste, brauchte es also Tricks. Es gab die Autogramme gedruckt und handgeschrieben, aber Achtung, nun folgt die Enthüllung. „Ich hatte einen guten Freund in Echterdingen, der konnte meine Unterschrift nachmachen“, sagte Müller, „nach all den Jahren kann ich das ja erzählen.“ Das hat jetzt nicht nur in Bad Urach einige Herzen gebrochen.

Auch Natalie O’Hara muss Autogramme schreiben. Das macht die Schauspielerin und Wirtin Dreiseitl beim „Bergdoktor“ höchstselbst. Apropos „Bergdoktor“. Wer guckt es? Weinprinzessin Vivien Jesse hat es mit der Oma geschaut, Hansi Müller haben Frau und Sohn draufgebracht. Und auch im Publikum gab es etliche Fans, wie eine schnelle Umfrage erbrachte. Ähnlich viele hoben den Finger, als sie gefragt wurden, ob sie Özdemir wählen würden. Ob es da eine Schnittmenge gibt? Bad Urach liegt ja auch am Berg? Der wilde Kaiser Schwabens? Das wollen wir nicht weiter erörtern. Auf jeden Fall, liebe Grüne, braucht es da oben am Berg ein Auto, da fährt kein Bus. Und in 17 Staffeln hatte O’Hara einen weinroten Mercedes 124. Doch nun muss sie auf einen Skoda umsteigen. „Denn der Ausstatter geht in Rente, und es war sein Auto.“ Das nimmt er mit in den Ruhestand. Gerade kann sie ja Straßenbahn fahren. Denn sie probt derzeit für „Gefährliche Liebschaften“ im Alten Schauspielhaus. Zum vierten Mal ist sie dort auf der Bühne. Und es muss ihr gefallen, warum sonst verlässt man sein Domizil in Mallorca, um nach Stuttgart zu kommen?

Hansi Müller Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Damit es sich lohnt, spielt sie am 6. Oktober das Solostück „Alice – Spiel um Dein Leben“. In 20 Rollen schlüpft sie da und beschreibt das Leben der Pianistin Alice Herz-Sommer, die Theresienstadt überlebte. Kim Langner, Tochter des früheren Intendanten am Alten Schauspielhaus, Manfred Langner, habe sie auf die Idee gebracht. Und von Nazis und dem Schrecken, den sie über die Welt brachten, ist es leider Gottes nicht weit zum Wahlergebnis in Sachsen und Thüringen.

Die Verwüstungen, die zwei Diktaturen angerichtet hätten, habe man unterschätzt, gesteht Özdemir. Und die Regierung habe auch nicht das beste Bild abgegeben. „Aber nichts rechtfertigt es, Parteien zu wählen, die statt dem Grundgesetz Putins Verfassung einführen wollen.“

Cem Özdemir, Vivien Jesse Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Wie man aber wieder aufeinander zugehen könne, einander zuhören, ohne sich niederzuschreien, ohne einander für Idioten zu halten, das treibt ihn um. Und er verweist auf einen Satz des Philosophen Hans-Georg Godamer: „Ein Gespräch setzt voraus, dass der andere Recht haben könnte.“ Das hört sich sehr nach Winfried Kretschmann an.