Die Weingärtner haben zum Herbstrundgang eingeladen. Dank des sonnigen Frühjahrs sind die ersten Trauben schon fast reif, in der kommenden Woche soll die Lese beginnen. Die Kirschessigfliege macht aber auch den Weingärtner in Bad Cannstatt zu schaffen.
Bad Cannstatt - Während der Laie noch über den verregneten August schimpft, freut sich der Wengerter über ein sonniges Weinjahr. „Bis Mitte Juni hatten wir sehr viele Sonnentage“, sagt Marc Nagel. 2014 könnte nach den Worten des Vorsitzenden der Weingärtner Bad Cannstatt ein gutes Rotweinjahr werden. Die Genossenschaft hat zum Herbstrundgang eingeladen. Gemeinsam mit dem stellvertretenden Kellermeister Torsten Klimek nehmen die Wengerter die Reben an der Steinhalde und am Cannstatter Zuckerle unter die Lupe.
Die Weinlese beginnt bereits in der kommenden Woche
Sie probieren die Trauben und bestimmen mithilfe des Refraktometers den Zuckergehalt. 75 bis 85 Grad Öchsle erreichen einige der roten Früchte bereits. Die physiologische Reife wird zwar letztlich im Labor bestimmt, eines steht aber jetzt schon fest: Aufgrund des schönen Frühjahrs „sind wir in diesem Jahr deutlich früher dran“, erklärt Nagel. Die Weinlese beginne bereits in der kommenden Woche. Zuerst sei der Dornfelder an der Reihe. Der Genossenschaftsvorsitzende hofft, dass es nicht noch zu einer Notlese kommt. Aber die Kollegen geben Entwarnung, bis Anfang der kommenden Woche kann noch gewartet werden.
Der verregnete August hat dem Wein nicht geschadet. Im Gegenteil: Er hat den Reifeprozess ein wenig hinausgezögert und eine längere Reifung bedeutet mehr Aroma. Wenn der September jetzt noch sonnig wird, wäre es ideal, erklärt Nagel. Während das Wetter den Wengertern also keine Bauchschmerzen bereitet, tut es ein kleines Insekt dafür umso mehr.
Die aus Südostasien eingewanderte Kirschessigfliege macht auch den Weingärtnern in Bad Cannstatt das Leben schwer. Anders als die heimischen Arten der Essigfliege, die ihre Eier in faulende, verletzte Beeren legen, können die Weibchen der Kirschessigfliege ihre Brut auch in gesunden Beeren deponieren. Das Insekt schädigt so die reifenden Früchte in der letzten Phase vor der Ernte. Wenn ein Weinstock betroffen sei, rieche man das sofort. „Es riecht nach Essig“, sagt Nagel.
Die Pflege des Weinbergs ist genauso wichtig
Die Kirschessigfliege ist nicht wengertspezifisch, den Obstbauern macht sie ebenfalls zu schaffen. Aus diesem Bereich stammt deshalb auch das biologische Spritzschutzmittel, das die Cannstatter Weingärtner verwenden. Eine andere Möglichkeit ist Kalk, denn die Kirschessigfliege mag den pH-Wert von mit Kalk behandelten Trauben nicht. Da die weißen Kalkrückstände auf den Pflanzen aber optisch nicht besonders ansprechend aussehen, „setzen wir es nicht großflächig ein“, sagt Nagel. Doch ganz gleich, für welches Mittel man sich entscheidet, das Spritzen sei immer nur eine von vielen verschiedenen Schutzmaßnahmen. Die Pflege des Weinbergs sei mindestens genauso wichtig. Denn wenn erst gar keine Früchte auf dem Boden herumliegen, würden auch nicht so leicht Essigfliegen angelockt.
Die verstärkte Hygiene bedeutet für die Weingärtner aber auch mehr Arbeit, und davon haben sie am Cannstatter Zuckerle ohnehin mehr als genug. Der Zuckerberg, der sich entlang des Neckars zwischen Bad Cannstatt und Hofen erstreckt, hat es in sich. An vielen Stellen wird noch terrassierter Steillagenweinbau betrieben. Wenn in Kürze die Weinlese beginnt, werden dort wieder die Butten voll Trauben mit einem Gewicht von bis zu 60 Kilogramm den Hang hinaufgeschleppt. Auf dem Rücken natürlich, denn der Einsatz von Maschinen ist in solchen Lagen kaum möglich.