Was die Reife angeht, sind die Trauben im Remstal gut zwei Wochen früher dran, als im langjährigen Durchschnitt. Foto: Frank Eppler

Frost und Hagel im Frühjahr haben zwar fast überall im Remstal Einbußen in den Weinbergen zur Folge. Was aber – in trotzdem ordentlicher Menge – an den Reben hänge, sei recht vielversprechend, sagen die Wengerter.

Lesestart - Jawohl, es ist schon ein besonderes Weinjahr, das Jahr 2020 – „man sieht es ja schon hier“, sagt Susi Zimmer im kleinen Besenwirtschaftssaal des Stettener Weinguts Zimmer. Er ist zu einem Zeitpunkt, zu dem man sich für gewöhnlich auf eine weitere Öffnungsperiode vorbereitet, teils in ein Spielzimmer für den Nachwuchs von Tochter und Juniorchefin Stefanie umfunktioniert ist. Veranstaltungen – derzeit ausschließlich der donnerstägliche Afterwork Weintreff – finden im Freien rund um dass Weingut an der Frauenländerstraße statt. „Ob wir hier drin je wieder aufmachen, ist ungewiss“, sagt Zimmer. Zu eng, zu ungünstig die Konstellation mit großen Tischen unter den gegebenen Vorgaben in Coronazeiten. „Egal, wie wir es hier drinnen machen, es fragt sich, ob sich das irgendwie rechnet.“

Im Wengert sieh es bisher gut aus, sagt Walter Zimmer

Kein Grund aber, um Trübsal zu blasen, sagen dann beim Gespräch über die allgemeine Lage der Ehegatte Walter Zimmer und die Tochter Steffi. Schließlich sehen die Trauben draußen in den Weinbergen kurz vor Lesebeginn ziemlich gut aus. Zwar haben Frost und Hagel in diesem Jahr ihren Tribut gefordert – vor allem mit Totalausfall in zwei Riesling-Weinbergen. Und mit der Konsequenz, so Stafanie Karpf, dass dort angesichts des unterschiedlichen Reifegrads bei den nachgetriebenen Beeren die Lese wohl in drei Phasen geteilt werden müsse. Andererseits, ergänzt der Seniorchef, sehe das, was ansonsten im Wengert hänge, sehr gut aus.

Im Hause Zimmer soll in der kommenden Woche die Lese beginnen, während zum Beispiel bei der Remstalkellerei bereits in der vergangenen Woche die erste Vorlese für Neuen Wein über die Bühne gegangen ist. Neuer Wein wiederum spielt bei Zimmers keine große Rolle. Man setze weniger auf die frühen Sorten, insgesamt gehe der Trend – auch angesichts des Klimawandels mit früher Reifung – eher zu den später reifenden Sorten. Die in den vergangenen Tagen doch noch etwas hinausgezögerte Reife und vor allem der Regen seien positiv für die Entwicklung – „da nehmen die Trauben verstärkt Mineralien auf und bilden kräftige Aromen“, erläutern die Zimmers.

Regen und Kühle bremsen den Reifeprozess etwas ab

Positiv überrascht von der Entwicklung in der vergangenen Woche ist in Schwaikheim auch Michael Maier. „Ich bin gestern erst aus dem Urlaub zurückgekommen, habe mich heute morgen umgeschaut und einen ersten Schlachtplan gemacht“, erzählt er am Telefon. Vor gut einer Woche habe er noch angenommen, dass alles schneller gehe. Regen und Kühle hätten aber den Reifeprozess etwas eingedämmt. Jetzt werde im Hause Maier zunächst der Keller gerichtet, bevor Ende der Woche mit der Lese von Sauvignon blanc, Portugieser und Muskateller begonnen werde. Sein Ausblick bisher: „Wenn das Wetter mitmacht wird das ein guter Herbst.“

Das sieht sein Wengerterkollege Sven Ellwanger in Großheppach ähnlich. „Der Regen war Gold wert“, sagt er. Die Lese soll in der kommenden Woche mit Sektgrundwein, Trauben für den Pinot SL und für Rosé beginnen, dann auch mit dem Sauvignon blanc. Der Hagel habe zwar Auswirkungen auf die Menge gehabt, sonst aber werde die Qualität sehr ordentlich. Und auch die Kirschessigfliege spiele zumindest bislang kaum eine Rolle. Die urschwäbische Form des positiven Ausblicks beim Großheppacher Wengerter: „Alles im Rahmen.“

Bisher keine Anzeichen für Probleme mit Kirschessigfliege

In Fellbach wiederum freut sich Joachim Hess, der Vorstand der dortigen Weingärtner, darüber, dass jene importierte Schädlingsfliege im heißen trockenen Sommer keine besorgniserregende Population hat aufbauen können. Einige Junganlagen hätten aber bei der Trockenheit etwas gelitten, berichtet er. Ansonsten verzeichnet er ebenfalls einen sehr guten Gesundheitszustand der Beeren und setzt schon mal auf hohe Qualitäten bei dem, was in die Bütten kommt. Trotz der – im übrigen überschaubaren – Hagelschäden rechnet Hess mit einem relativ normalen Ertrag beim Jahrgang 2020.

In der kommenden Woche beginnt unterm Kappelberg ebenfalls die Lese. „Der Klimawandel lässt grüßen“, sagt Joachim Hess mit Blick auf den Reifegrad – „wir sind gut zwei Wochen voraus.“