Der Ex-Trainer eines Weimarer Sportvereins muss ins Gefängnis. Foto: dpa-Zentralbild

Der Landessportbund zeichnete ihn mit einer Ehrennadel aus, doch von seiner dunklen Seite will niemand etwas bemerkt haben: Über Jahre hat ein Trainer in einem Weimarer Sportverein minderjährige Turnerinnen sexuell missbraucht. Nun fiel im Prozess das Urteil.

Erfurt - Wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs junger Turnerinnen ist ein Ex-Trainer eines Weimarer Sportvereins zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Die Jugendkammer des Landgerichts Erfurt verhängte gegen den 31-Jährigen am Montag eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Der Mann, der ein Geständnis abgelegt hatte, wurde in 82 Fällen für schuldig befunden, davon in einem Fall auch wegen Nötigung. In neun Fällen waren die Opfer jünger als 14 Jahre. Angeklagt war der Missbrauch von 15 Turnerinnen. Das Gericht sieht auch eine Mitverantwortung des Vereins dafür, dass die Taten jahrelang unentdeckt blieben.

So wurde das Urteil begründet

„Man hat so oft die Augen nicht verschlossen, sondern zugekniffen“, sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Rathemacher in der Urteilsbegründung, bei der neben vier als Nebenklägerinnen auftretenden Opfern auch der Vorsitzende des Sportvereins im Gerichtssaal saß. Niemand von den anderen Trainern habe sich gewundert, dass der junge Mann bei den Hilfestellungen für die Mädchen an den Turngeräten engen Körperkontakt suchte, dass er mit ihnen in der Turnhalle übernachtete und mit ihnen in die Sauna ging.

Auch nach Hinweisen einer Mutter an andere Trainer sei nichts passiert - wohl auch, weil der Trainer dem Verein die erwünschten Erfolge geliefert habe, etwa vom Landessportbund ausgezeichnet wurde. Er habe eine „gewisse Narrenfreiheit im Verein“ genossen, sagte die Richterin. Für manches Opfer sei die Trainingsgruppe der einzige Freundeskreis gewesen, diese Vertrauensstellung hat der 31-Jährige laut Gericht mit „Manipulation bis zur Perfektion“ ausgenutzt.

So kam der Fall ins Rollen

Den Fall ins Rollen gebracht hatte eine Turnerin in der Trainingsgruppe, nachdem sie laut Gericht von Kontakten des Trainers zu einem weiteren Opfer erfahren hatte. Sie erstattete Anfang 2016 Strafanzeige. Das zog weitere Anzeigen zu den Vorfällen zwischen 2007 und 2015 nach sich. Seit August hatte die Jugendkammer unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.

Vertreter der als Nebenklägerinnen auftretenden Opfer zeigten sich unzufrieden mit dem Strafmaß. Es sei deutlich zu gering, sagte Anwältin Anne Prestrich. Weil das Verfahren sich zwei Jahre hinzog, wurde dem Mann noch im Gerichtssaal ein Monat der verkündeten Haftstrafe erlassen. Zu seinen Gunsten wirkte sich zudem aus, dass er nicht vorbestraft ist und geständig war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.