Der Bauherr errichtete einen Wachturm mit Scheinwerfer. Im Inneren hat er eine Schaufensterpuppe mit einer originalen DDR-Uniform postiert. Foto: factum/Granville

Ein Hausbesitzer will mit einem DDR-Wachturm an die ehemalige deutsche-deutsche Grenze erinnern, wo zahlreiche Menschen auf der Flucht erschossen worden sind. Vom Landratsamt hat er nun eine Rückbauverfügung erhalten. Bis Ende Juli muss der Turm weg.

Weil im Schönbuch - Eine Original-DDR-Plakette mit Hammer und Zirkel prangt an dem Wachturm, der an die einstige deutsch-deutsche Grenze erinnern soll. Sein „Denkmal“ an die ehemaligen DDR-Zeiten hat der Inhaber einer Abbruch- und Transportfirma in Weil im Schönbuch auf einen alten Container gestellt, so

dass es weithin zu sehen ist. Auch bis zu der Schönbuchbahn-Haltestelle Troppel in Weil im Schönbuch, wo ganz in der Nähe ein Flüchtlingswohnheim entsteht. Der Scheinwerfer auf dem Turm ist genau dorthin gerichtet. Manche Einwohner und Bahngäste sind empört. Einer von ihnen hat die Baurechtsabteilung im Landratsamt informiert. Die Kreisbehörde hat nun eine Rückbauanordnung erlassen. Bis Ende Juli muss Hans Betz sein „Denkmal“ wieder entfernen.

„So etwas bringt weit und breit nur einer fertig“, sagt eine Bahnfahrerin, die im Gebiet Troppel wohnt. Sie kenne Hans Betz aus Kindheitstagen und wisse auch genau, wie alt er ist. Am 17. Juni, am Tag der Deutschen Einheit, sei er 59 Jahre alt geworden. Doch Alter schütze vor Torheit nicht. „So einen Turm wollte ich schon länger haben“, erklärt der Weil im Schönbucher. Der Chef der Firma Bewis Betz berichtet, dass er für ein Unternehmen, in dem er früher beschäftigt gewesen sei, im anderen deutschen Staat Holztrockner montiert habe und dafür immer die Zonengrenze passieren musste. Diese Erlebnisse haben ihn offenbar sehr geprägt.

Erinnerung an die deutsche Teilung

An seinem Aufbau hat er zudem eine Hinweistafel angebracht mit der Aufschrift: „Deutsche Teilung 1945 bis 1990 “. Auch die Zahl 1303 ist darauf vermerkt. „Das Ganze ist ein Denkmal für den Mauerbau und die 1303 Toten, die dort auf der Flucht ihr Leben lassen mussten“, erläutert der geschichtsbewusste Bürger. Sein Schwiegervater komme aus der DDR, er finde den Turm im Übrigen auch gut, versichert Hans Betz.

Die notwendigen Bauteile hat der Abbruchunternehmer seinem Fundus entnommen, die Ausstattung des Turms besorgte er sich teilweise über das Internet. Wie etwa eine originale DDR-Uniform, die er einer Schaufensterpuppe angezogen hat. Ausgestattet mit einem Helm und einem Fernglas „bewacht“ sie sein Firmengelände und sein Wohnhaus, das in unmittelbarer Nähe steht. Und oben auf dem Turmhäuschen hat er einen Original-DDR-Scheinwerfer postiert, mit dem er das Gelände ausleuchten kann. Er sei schwenkbar und funktioniere, der Lichtkegel lasse sich sogar fokussieren. Dass dieser auf den Haltepunkt Troppel zeigt und in die Richtung des künftigen, knapp hundert Meter entfernt liegenden Asylbewerberheims, das für 140 Neuankömmlinge geplant ist, sei „völliger Zufall“, betont Hans Betz. „Da wird etwas hineininterpretiert, was von mir gar nicht beabsichtigt ist.“

Bei dem Bauherrn wurde eingebrochen

Vielmehr habe sein Überwachungsbauwerk auch noch einen anderen Hintergrund. Bei ihm sei schon zweimal eingebrochen worden, sagt der Unternehmer. Er wolle mit dem Wachturm das Gute mit dem Nützlichen verbinden. Im Übrigen würden es die meisten in der Nachbarschaft gelassen sehen, meint der Hobby-Historiker. Dazu gehört Anna Ullmann, die in dem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet Lachental etwa hundert Meter entfernt wohnt und den Turm von ihrem Garten aus sehen kann: „Ich habe nichts dagegen. Ich kenne Herrn Betz.“

Das Böblinger Landratsamt möchte aber auf jeden Fall hart bleiben. „Herr Betz hätte das Bauwerk nicht errichten dürfen“, sagt Dusan Minic, der Pressesprecher im Landratsamt. Es verstoße gegen den gültigen Bebauungsplan. Ein Nebengebäude sei an dieser Stelle nicht zulässig.