Alle Jungstörche aus Weil der Stadt der vergangenen zwei Jahre sind tot oder verschwunden – aber es gibt auch eine positive Entwicklung.
Seit 2022 gibt es in Weil der Stadt wieder Störche. Es ist das einzige Paar im Kreis Böblingen. Störche gehören zu den größten Vögeln in Europa, wo sie sich niederlassen, leben auch andere Vogelarten, wie beispielsweise der Kiebitz, der Vogel des Jahres 2024. „Es ist ein Indiz dafür, dass es noch oder wieder ökologisch intakte Bereiche gibt“, erzählt Stefan Bosch, der Storchenbeauftragte des Enzkreises und Umgebung, bei einem Vortrag in Weil der Stadt. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich sie hier noch so hautnah erlebe.“ Ihr Bestand sei mit rund 2500 Brutpaaren in Baden-Württemberg wieder stabil. Mitte der 70er-Jahre gab es gerade einmal 15 Paare im Land.
Damit die Storchenpopulation konstant bleibt und nicht wieder sinkt, müssen pro Horst durchschnittlich 1,3 Jungstörche überleben. Das hat in diesem Jahr nicht geklappt: „In Baden-Württemberg ist wegen des Starkregens im späten Frühjahr weniger als ein Junges ausgeflogen“, berichtet der Storchenbeauftragte. Den Horst auf dem Storchenturm verließen im Sommer immerhin zwei Junge, Ernie und Bert. Allerdings verunglückte Bert auf seiner Reise in den Süden. In der spanischen Provinz Sarragossa fiel er wohl einem Adler zum Opfer. Aufgrund von Senderstörungen gibt es auch keine Spur mehr von Ernie.
Im Vorjahr flogen ebenfalls zwei Junge aus – Tick und Trick. Ein drittes, namens Track, verhungerte im Nest. „Es wurde Plastik in seinem Magen gefunden“, weiß Stefan Bosch nach dem Sezieren. Plastikmüll in der Natur ist ein großes Problem für die Vögel aber auch für andere Tierarten. Statt verdaulicher Nahrung, sammelt sich Plastik in den Tiermägen an und gaukelt ein Sättigungsgefühl vor. Tick starb nur kurze Zeit später, weil er gegen einen Bauzaun im Stadtzentrum geflogen ist.
Seit Ende November lebt auch Trick nicht mehr, die den vergangenen Winter in der Keplerstadt verbrachte, anstatt ihren Artgenossen in den Süden zu folgen. Mit der Rückkehr ihrer Eltern, Leon und Heide, Anfang des Jahres, zog Trick nach Ehningen weiter. Im November näherte sie sich wieder ihrer Heimat an und suchte auf den Feldern bei Darmsheim nach Regenwürmen, Insekten und Mäusen. „Ende des Monats kollidierte sie dort mit einem Masten“, berichtete Sabine Holmgeirsson am Ende des Vortrags. Die Storchenbetreuerin kümmert sich um die Vögel rund um Weil der Stadt.
Strommasten sind eine weitere Gefahrenquelle für die großen Vögel, denen sie nicht nur hier, sondern auch auf ihren Zugrouten ausgesetzt sind. In Deutschland sterben unnötigerweise Eulen, Greifvögel und Störche wegen schlecht oder gar nicht gesicherter Mittelspannungsmasten – auch wenn der Vogelschutz an Strommasten gesetzlich vorgeschrieben ist und technische Lösungen existieren. Damit Weil der Stadt eine Storchenstadt bleibt, braucht die Natur laut den Storchenexperten Raum und vor allem ökologische Vorrangflächen, wie Blüh- und Pufferstreifen. Brachen, besonders in der Nähe von Gewässern, sind ideale Kandidaten für den Natur- und Umweltschutz und tragen somit stark zur Arterhaltung bei.