Viele Jahre hat der Forstrevierleiter von Weil der Stadt mit Holz gehandelt, allerdings nach seinen eigenen Regeln. Im Rathaus hat das offenkundig niemanden gestört, bis die damalige Erste Beigeordnete Susanne Widmaier stutzig wurde.
Job weg, Beamtenstatus weg und damit sind auch die Pensionsansprüche weg : Der 16. Senat des Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim hat nun bestätigt, dass das Landratsamt Böblingen rechtens handelte, als es die schärfste Sanktion im Beamtenrecht gegen den ehemaligen Forstrevierleiter in Weil der Stadt angewandt hat. Damit wird nun ein Schlussstrich unter ein Verfahren gesetzt, das sich seit Jahren hinzieht und im Vorfeld schon das Amtsgericht Leonberg und das Verwaltungsgericht in Stuttgart beschäftigt hat.
Die Ausgangslage in Weil der Stadt
Ins Rollen gebracht hat die Lawine die ehemalige Erste Beigeordnete der Kepler-Stadt, Susanne Widmaier. Die heutige Bürgermeisterin von Rutesheim hatte sich vor zehn Jahren angesichts der traditionell problematischen Finanzlage von Weil der Stadt daran gemacht, die Haushaltsposten zu durchforsten.
Früher eine wichtige Einnahmenquelle für die Kommunen, ist der Wald heute meist ein Zuschussposten im Etat. Und so hatte sich die Beigeordnete auch den Weil der Städter Haushaltsposten „Forst“ vorgenommen. Dabei stieß sie aus ihrer Sicht auf ein merkwürdiges Vorgehen.
Der Forstrevierleiter verkaufte in der Kepler-Stadt das Holz aus dem Stadtwald und der Kämmerer beschäftigte sich nur auf dem Papier mit der Sache. Im Gespräch mit Susanne Widmaier gab der Förster ihr zu verstehen, dass das Landratsamt besser nichts von dieser Abmachung erfahren sollte. Ein Verhalten, das Widmaier mehr als irritierte: „Mit der Aufforderung, mich an den Unwahrheiten zu beteiligen und dem Landratsamt wider besseren Wissens zu sagen, dass der Kämmerer das Holz verkaufe, war ich überhaupt nicht einverstanden“, erinnert sich die frühere Beigeordnete. „Ich wunderte mich sehr, dass sich bisher niemand aus der Weil der Städter Verwaltung hiergegen gewehrt hatte und wurde im Folgenden für diese geradlinige Entscheidung auch angefeindet.“
Sie sei entsetzt darüber gewesen, dass die für den Holzverkauf berechneten Kosten um ein Vielfaches höher gewesen sind, als bei einem Verkauf durch das Landratsamt. Zunächst handelte es sich um den vierfachen Betrag, später um etwas mehr als das Doppelte. Susanne Widmaier wandte sich an das Landratsamt, wo nicht bekannt war, dass der Revierleiter das Holz aus dem Wald der Kepler-Stadt in eigener Regie, auf eigene Kosten und mit einem erheblich höheren Gebührensatz verkaufte.
Seine Vergütung belief sich auf 1,76 Euro je Festmeter zuzüglich der Umsatzsteuer. Das hatte der Revierförster der Kommune selbst vorgeschlagen. Damit sollten Leistungen wie Kundenakquise oder Preisverhandlungen vergütet werden. Der Erlös aus dem Holzverkauf ging an Weil der Stadt.
Das scheint recht einträglich gewesen zu sein, denn bei der Verhandlung vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht im Herbst 2021 standen die Zahlen im Raum, die eine Firma, die mit Jagd- und Sportbedarf handelte und den Namen des Revierleiters trug, abgerechnet hatte. So soll der Forstbeamte von 2005 bis 2015 der Kepler-Stadt rund 133.000 Euro für den Holzverkauf in Rechnung gestellt haben. Das Landratsamt hätte dagegen nur etwa 45.500 Euro für diese Dienstleistung verlangen können. Das bedeutet für die Stadt einen Schaden von mehr als 87.300 Euro.
Dem Mann wurde unter anderem noch zur Last gelegt, er habe die Holzmengen vorsätzlich zu hoch angesetzt und damit fast 13 600 Euro zu viel in Rechnung gestellt.
Die Lage im Landratsamt
2005 war der Forstingenieur durch eine damalige landesweite Strukturreform als Kreisbeamter zum Landratsamt versetzt worden. Das ist relevant, denn damit wird ihm zur Last gelegt, in Konkurrenz zu seinem Dienstherren, dem Landratsamt, das für Kommunen im Holzverkauf tätig war und ist, getreten zu sein.
2015 leitete das Landratsamt ein Disziplinarverfahren gegen den Forstbeamten ein. Die Vorwürfe lauten Verletzung der „Pflicht zur Uneigennützigkeit“ sowie die Missachtung des „Verbotes der ungenehmigten Nebentätigkeit“.
Die Behörde versetzte den ehemaligen Weil der Städter Revierförster mit reduzierten Bezügen in das Amt für Migration und Flüchtlinge. Und damit nicht genug: Mit einer „Disziplinarverfügung“ sollte der Mann aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden, was auch Auswirkungen auf seine Pensionsansprüche hat. Die Behörde argumentierte, dass es sich um ein schweres Dienstvergehen handle. Damit sei das Vertrauen endgültig zerstört.
Prozess vor dem Amtsgericht Leonberg
Landrat Roland Bernhard ging noch weiter und erstattete auch Strafanzeige. So wurde der ominöse Holzhandel Teil eines strafrechtlichen Verfahrens. Der Prozess ging vor fünf Jahren, im Mai 2019, vor dem Amtsgericht Leonberg über die Bühne.
Dem Förster wurde Betrug in vier Fällen vorgeworfen. In vier Rechnungen seiner Firma aus 2013, 2014 und 2015 sei ein Betrag von knapp 18 000 Euro gefordert worden. Laut Anklage zu viel, da es eine Verwaltungsvorschrift des Landwirtschaftsministeriums gibt, nach der das Landratsamt den Holzverkauf für 0,98 Euro pro Festmeter übernimmt.
Die Verteidigung hielt dem gegenüber, dass der Angeklagte nicht nur den Holzverkauf übernommen, sondern noch zahlreiche Leistungen darüber hinaus anbot: Baumgutachten erstellen, eine wöchentliche dreistündige Sprechstunde sowie ständige Bereitschaft in Notfällen.
Doch so weit kam es nicht. Reinhard Gaiser, der von 2002 bis 2012 Kämmerer in Weil der Stadt war, schilderte, wie es zu der Vereinbarung mit dem ehemaligen Revierförster kam. Der Förster habe gesagt, er sei günstiger als das Landratsamt und von dort sei auch nie ein Angebot gekommen, sagte Gaiser. Zudem sei die Stadt in all den Jahren zufrieden mit der Arbeit des Forstingenieurs gewesen.
Als Gaiser 2012 in den Ruhestand ging, sei es ihm ein Anliegen gewesen, die Vereinbarung für seinen Nachfolger schriftlich zu fixieren. Der Vertrag wurde zwischen der Stadt und der Firma des Försters abgeschlossen. Ob der in Rechnung gestellte Aufwand jemals überhöht war, könne er nicht sagen.
Der heutige Kämmerer Ulrich Knoblauch erklärte bei dem Prozess, er habe den 2012 geschlossenen Vertrag gesehen und die Rechnungen auf rechnerische Richtigkeit überprüfen lassen. Er räumte ein, dass es möglicherweise günstigere Anbieter für den Holzverkauf gebe. Bei 15 000 Belegen pro Jahr sei es aber nicht möglich, in jedem Bereich nach dem günstigsten Anbieter zu suchen.
Der Prozess endete schließlich mit einem Vergleich: Der Angeklagte sagte zu, der Stadt 16 500 Euro zur Wiedergutmachung möglicher Schäden zu bezahlen. Im Gegenzug stellte der Richter das Verfahren ein. Dennoch wurde das Disziplinarverfahren wieder aufgenommen und erst dann gab es die Disziplinarstrafe, also auch die Entfernung aus dem Beamtenstatus.
Nächste Instanz: Verwaltungsgericht
Gegen den Entzug des Beamtenstatus ist der ehemalige Revierförster im Herbst 2023 vor das Verwaltungsgericht Stuttgart gezogen. Hier kam dann auch zur Sprache, dass der Forstingenieur aus Merklingen einen Handel mit Jagd- und Sportzubehör betrieben und Dienstleistungen im Bereich Naturschutz getätigt habe. Für diese ungenehmigte Nebentätigkeit habe er die Infrastruktur seines Arbeitsplatzes genutzt.
Im Prozess widersprach das Landratsamt der Behauptung des ehemaligen Revierförsters, auch andere staatliche Revierleiter bekämen Aufwandsentschädigung oder ein Entgelt, wenn sie den Kommunen beim Holzverkauf zur Seite stehen. Vor diesem Hintergrund befanden die Stuttgarter Richter die Klage gegen das Ende des Beamtenstatus als unbegründet. Das Dienstvergehen sei vorsätzlich begangen worden und so schwer, dass nicht nur das Vertrauen des Dienstherren sondern auch das der Allgemeinheit in eine pflichtmäßige Amtsführung endgültig verloren gegangen sei.
Finale: Verwaltungsgericht Mannheim
Auch der Gang vor den Verwaltungsgerichtshof in Mannheim brachte für den bestraften Beamten nichts. Der 16. Senat bestätigte das Urteil der Stuttgarter Richter, dass der Verlust des Beamtenstatus und damit einhergehend der Pensionsansprüche rechtens sei.
In der Verhandlung wurde sichtbar, dass die Sache mit dem etwas anderen Holzverkauf ohne Unterstützung aus der Weil der Städter Verwaltung so nicht hätte laufen können. Der frühere Böblinger Forstamtsleite Reinhold Kratzer sagte unter anderem aus, dass der Revierleiter und die Vertreter der Stadt auf Nachfrage immer versichert hätten, der Holzverkauf liege in den Händen der Stadt und das solle auch so bleiben.
Mit den Leistungen des ehemaligen Revierleiters in dem komplex strukturierten Kommunalwald sei man stets zufrieden gewesen, erklärte der frühere Kämmerer Reinhard Gaiser. Man habe sich gegenseitig vertraut.
Die Verteidigung, die einräumte, dass es zwar ein schweres Dienstvergehen sei, argumentierte, dass der Kläger sich wohl zu wenig Gedanken darüber gemacht habe, ob sein Tun zulässig sei. Der Holzverkauf sei kein Geheimnis gewesen. Direkte Vorgesetzte und viele Kollegen hätten davon gewusst.
Fazit der Verteidigung: die schärfste Strafe, also die Entfernung aus dem Dienst, sei nicht angemessen. Doch das ließen die Mannheimer Richter nicht gelten. Sie haben das Urteil der Stuttgarter Richter bestätigt und die Berufung des Forstbeamten zurückgewiesen. Der verliert nun seinen Beamtenstatus, mit all den weiteren Konsequenzen.